Greifen, Fühlen, Verstehen: So wird Basteln mit den Kleinsten wirklich wertvoll
In meiner Werkstatt riecht es nach Holz, nach Leim und manchmal nach dem heißen Zischen von Metall. Ich habe über Jahrzehnte gelernt, Materialien mit den Händen zu „lesen“. Ich spüre, ob ein Holzstück trocken genug ist, und ich höre am Klang, ob eine Verbindung hält. Das lernt man nicht aus Büchern, das lernt man durchs Tun. Durch Fehler. Und durch einen alten Meister, der mehr auf meine Hände als auf meine Zeugnisse geschaut hat.
Inhaltsverzeichnis
Heute schaue ich meinen Enkeln zu und sehe genau dasselbe Prinzip. Sie entdecken die Welt nicht nur mit Augen und Ohren, sondern vor allem mit ihren Händen. Ein glatter Kieselstein, ein raues Blatt, ein matschiger Klumpen Erde – das sind ihre ersten Werkstoffe. Und genau hier, in diesem einfachen Greifen, liegt der Anfang von allem, was wir später Verstand und Kreativität nennen. Deshalb schreibe ich das hier. Nicht als Pädagoge, sondern als Handwerker. Ich möchte Ihnen zeigen, wie Sie eine kleine „Werkstatt“ einrichten, die mehr fördert als nur bunte Bilder für den Kühlschrank.

Warum Basteln mehr ist als nur Beschäftigung
Klar, Basteln fördert die Feinmotorik. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Das ist, als würde man sagen, ein Haus besteht aus Ziegeln. Stimmt schon, aber was hält die Ziegel zusammen? Was macht daraus ein stabiles Gebäude? Beim Basteln geht es um die Verbindung zwischen Hand, Auge und Gehirn. Am Anfang ist diese Verbindung ein kleiner, unbefestigter Feldweg. Jedes Mal, wenn ein Kind etwas aufhebt, zerreißt oder formt, wird dieser Weg ein Stückchen breiter und fester.
Die Welt mit den Händen lesen lernen
Ein Kleinkind lernt vor allem über den Tastsinn. Ein Bildschirm ist immer nur glatt und kalt. Aber die echte Welt? Knete ist weich, ein Ast ist hart, Fingerfarbe ist nass und schmierig. Jede dieser Empfindungen schickt unzählige Informationen ans Gehirn. Das Kind lernt Physik, ohne das Wort zu kennen: „Wenn ich hier drücke, wird es dort dünner.“ Oder: „Dieses Papier reißt leicht, Pappe aber nicht.“ Das ist die absolute Grundlage für jedes technische Verständnis.

Übrigens, wussten Sie schon? Das scheinbar simple Knüllen von Papier trainiert ganz gezielt die kleinen Muskeln in der Hand, die ein Kind später für eine entspannte und saubere Stifthaltung braucht. Eine fantastische Vorbereitung für die Schule, ganz ohne Druck.
Vom Chaos zur Absicht: Problemlösung im Kleinen
Zuerst ist Basteln pures Erleben. Ein Kind schmiert Farbe, weil es sich gut anfühlt. Irgendwann kommt die Absicht dazu. Der rote Fleck soll ein Apfel werden. Plötzlich steht es vor einem Problem: Wie kommt der grüne Stiel da dran? Es versucht, ihn zu malen. Vielleicht nimmt es ein Stück grünes Papier. Es klebt es an. Hält es? Wenn nicht, warum? Mehr Kleber? Das ist ein kompletter Arbeitsablauf, wie ich ihn jeden Tag habe: Problem erkennen, Lösung entwerfen, ausprobieren, anpassen. Das Selbstvertrauen, das ein Kind aus so einem gelösten „Kleber-Problem“ zieht, ist ehrlich gesagt unbezahlbar.
Das richtige Material: Sicher, echt und am besten umsonst
In meiner Werkstatt gilt: Gutes Werkzeug und gutes Material sind die halbe Miete. Bei den Kleinsten ist das nicht anders. Nur bedeutet „gut“ hier nicht „teuer“, sondern: sicher, verständlich und echt.

Der beste Bastelladen ist die Natur
Gehen Sie einfach mal nach draußen. Alles, was Sie brauchen, liegt oft schon vor der Tür.
- Blätter & Gräser: Im Herbst sind die Farben unschlagbar. Pressen Sie die Blätter ein paar Tage in einem dicken Buch, dann bleiben sie flach und brechen nicht sofort.
- Steine: Gründlich gewaschene Kieselsteine sind ein Schatz. Man kann sie bemalen, stapeln oder einfach nur das wunderbare Gefühl eines glatten, warmen Steins in der Hand genießen.
- Äste & Zweige: Suchen Sie trockenes Holz ohne viele Splitter. Birken- oder Haselnusszweige sind oft gut. Man kann sie in Stücke brechen und Figuren legen.
- Kastanien & Eicheln: Ein echter Klassiker. Aber Achtung: Das Bohren der Löcher ist absolute Erwachsenensache! Benutzen Sie dafür bitte einen kleinen Handbohrer, oft auch Drillbohrer genannt. Den gibt’s für ein paar Euro im Baumarkt und er ist viel sicherer als jedes Küchenmesser.
Kleiner Hinweis: Auch wenn Naturmaterialien ungiftig sind, sind sie natürlich nicht zum Essen gedacht. Ein wachsames Auge ist hier immer gut, denn die Kleinen erkunden ja gern alles mit dem Mund.

Selbstgemachtes aus der Küche: Sicher ist sicher
Für Kinder unter drei Jahren stelle ich fast alles selbst her. Der Grund ist simpel: Alles landet irgendwann im Mund. Was man essen kann, ist unbedenklich. Hier sind meine bewährten Werkstatt-Rezepte.
Rezept für Meister-Salzteig (der hält und nicht reißt)
Dieser Teig ist viel fester als Spielknete und lässt sich super trocknen und bemalen.
- Zutaten: 300g Mehl (Typ 405), 150g Salz, 1 EL Pflanzenöl, ca. 150ml Wasser.
- Anleitung: Mehl und Salz trocken gut vermischen. Dann das Öl dazu, das macht den Teig geschmeidig. Jetzt langsam das Wasser zugeben und alles mindestens 5 Minuten kräftig kneten, bis ein glatter Teig entsteht, der nicht mehr klebt.
- Trocknen: An der Luft dauert es 2-3 Tage. Schneller geht’s im Backofen bei ca. 120 Grad für 1-2 Stunden. Lassen Sie die Ofentür einen Spalt offen, damit die Feuchtigkeit raus kann.
- Aufbewahrung: Restlicher Teig hält sich, in Frischhaltefolie gewickelt, im Kühlschrank locker eine Woche.
- ACHTUNG, WICHTIG: Salzteig ist für Kinder harmlos, für Haustiere (besonders Hunde) aber lebensgefährlich. Die hohe Salzmenge kann eine tödliche Salzvergiftung auslösen. Bitte niemals unbeaufsichtigt lassen, wenn Tiere im Haus sind!

Rezept für essbare Fingerfarben
Vergessen Sie teure Farben für die Allerkleinsten. Diese hier können bedenkenlos abgeschleckt werden.
- Zutaten: 100g Mehl, 200ml kaltes Wasser, Lebensmittelfarbe (oder natürliche Säfte wie Rote-Bete-Saft).
- Anleitung: Mehl und Wasser klumpenfrei verrühren, dann unter Rühren erhitzen, bis es wie Pudding andickt. Abkühlen lassen, auf kleine Gläschen verteilen und einfärben. Fertig.
- Aufbewahrung: Diese frischen Farben sollten Sie am besten innerhalb von 2-3 Tagen verbrauchen. Im Kühlschrank halten sie sich in einem Schraubglas. Wenn sie komisch riechen, weg damit.
Rezept für einfachen Papierkleber
Hält Papier und Pappe, ist ungiftig und in zwei Minuten gemacht.
- Zutaten: 2 EL Speisestärke, 100ml kaltes Wasser.
- Anleitung: Beides glatt rühren, langsam erhitzen, bis die Flüssigkeit klar wird und andickt. Abkühlen lassen.
- Aufbewahrung: Im Kühlschrank hält sich dieser Kleber in einem Schraubglas etwa 3-4 Tage.
- Sparfuchs-Variante: Keine Zeit zum Kochen? Ein dicker Brei aus Mehl und Wasser tut’s für eine schnelle Klebe-Aktion auch. Hält nicht ewig, aber für den Moment reicht’s völlig.

Das Werkzeug und der Arbeitsplatz: Respekt und Routine
Jeder Lehrling lernt bei mir als Erstes den richtigen Umgang mit Werkzeug. Das können auch die Kleinsten schon verstehen. Es geht um Respekt und klare Regeln.
Bei der ersten Schere sollten Sie auf abgerundete Spitzen achten. Ein guter Tipp für den Anfang sind spezielle Federscheren (oft „Loop Scissors“ genannt), die sich von selbst wieder öffnen. Das erleichtert die erste Schneidebewegung enorm. Fangen Sie mit dünnen Papierstreifen an – es geht nicht um Perfektion, sondern darum, das Werkzeug zu beherrschen.
Richten Sie einen festen Bastelplatz ein. Eine alte, abwaschbare Tischdecke oder ein großer Karton schützen den Tisch. Das begrenzt aber auch den Arbeitsbereich und schafft eine klare Struktur: Hier wird gearbeitet, hier darf es schmutzig werden. Außerhalb nicht. Und nach der Arbeit wird gemeinsam aufgeräumt. Auch das gehört zum Handwerk. Ein Lappen, eine Schüssel mit Seifenwasser – und in fünf Minuten ist alles wieder sauber. Das ist eine Lektion fürs Leben.

Grundtechniken: Die Grammatik des Schaffens
Anstatt Ihnen jetzt 43 fertige Bastelideen zu geben, zeige ich Ihnen lieber die Grundtechniken. Wenn ein Kind die beherrscht, kann es unendlich viele eigene Ideen entwickeln. Das ist wie Buchstaben lernen statt Sätze auswendig zu lernen.
Ihr 10-Minuten-Start: Fühlen Sie sich überfordert? Machen Sie es ganz einfach. Geben Sie Ihrem Kind für das allererste Mal nur ein großes Blatt Papier und einen Klecks selbstgemachte Fingerfarbe in die Mitte. Kein Ziel, kein Druck. Einfach nur fühlen, schmieren, erleben. Das reicht vollkommen.
- Reißen & Knüllen: Geben Sie dem Kind Zeitungspapier. Das Geräusch, der Widerstand – pures sensorisches Erleben. Geknüllte Bälle trainieren die Handkraft.
- Drucken & Stempeln: Eine halbierte Kartoffel, in die Sie ein Muster ritzen, ist ein toller Stempel. Auch Korken oder Schwämme funktionieren super. Das lehrt das Prinzip von Ursache und Wirkung.
- Formen & Kneten: Mit Salzteig. Zeigen Sie, wie man eine Kugel und eine Schlange rollt. Aus diesen zwei Grundformen lässt sich fast alles bauen: ein Schneemann, eine Schnecke, ein Gesicht.
- Fädeln & Stecken: Große Penne-Nudeln auf einen Schnürsenkel fädeln. Kleiner Werkstatt-Trick: Wickeln Sie etwas Klebeband fest um das Ende des Schnürsenkels, dann wird es steif und gleitet viel leichter durch die Nudel.

Die Haltung des Meisters: Anleiten, nicht vormachen
Zum Schluss das Wichtigste. Ihre Rolle ist nicht die eines Animateurs. Sie sind ein Mentor. Ein geduldiger Meister, der den Raum hält.
Der Prozess ist das Ziel, nicht das Ergebnis
Es ist völlig egal, ob das Geklebte am Ende aussieht wie ein Frosch. Wichtig ist, dass das Kind vertieft war. Loben Sie die Anstrengung, nicht das Ergebnis. Sagen Sie nicht: „Das ist aber ein schöner Frosch.“ Sagen Sie: „Ich habe gesehen, wie konzentriert du die Augen aufgeklebt hast. Das war klasse.“ Das stärkt das Selbstbewusstsein für den Prozess, nicht die Abhängigkeit von Lob.
Werkstatt-Weisheiten für häufige „Probleme“
Manchmal läuft es nicht wie geplant. Aber in der Werkstatt nennen wir unerwartete Ergebnisse nicht Fehler, sondern Prototypen. Sie liefern wertvolle Informationen.
Problem: „Mein Kind verliert nach 2 Minuten die Lust.“
Lösung: Völlig normal. Die Aufmerksamkeitsspanne ist winzig. Das ist wie ein kurzer Hobelspan. Packen Sie alles ruhig weg und probieren Sie es am nächsten Tag wieder. Der Weg ist das Ziel, nicht die Dauer des Bastelns.

Problem: „Es klappt einfach nicht und mein Kind wird wütend.“
Lösung: Das ist die größte Kunst. Die Regel lautet: Helfen Sie so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Wenn der Faden nicht durch die Nudel will, fädeln Sie ihn nicht für das Kind auf. Vereinfachen Sie das Problem. Bieten Sie eine Nudel mit größerem Loch an oder versteifen Sie die Schnürsenkelspitze. Geben Sie dem Kind das Werkzeug, es selbst zu schaffen. Einem Lehrling nehme ich auch nicht den Hobel aus der Hand. Ich zeige ihm, wie er die Klinge schärfen kann.
Basteln mit Kleinkindern ist kein Programm, das man abspult. Es ist eine Haltung. Es ist die Bereitschaft, sich auf das Tempo des Kindes einzulassen, die Welt noch einmal durch seine Hände zu entdecken und ihm das Wichtigste mitzugeben, was ein Mensch lernen kann: Ich kann etwas mit meinen eigenen Händen erschaffen. Und dieses Gefühl ist das stabilste Fundament für ein ganzes Leben.

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Manchmal ist der Weg das eigentliche Kunstwerk. Statt auf ein perfektes Ergebnis zu pochen, feiern Sie den Prozess. Das Mischen der Farben, das Zerreissen des Papiers, das Klatschen der Hände in den Leim – hier findet das eigentliche Lernen statt. Ein „misslungenes“ Projekt, bei dem ein Kind eine Stunde lang konzentriert war, ist wertvoller als ein perfektes Bild, bei dem ein Erwachsener die meiste Arbeit gemacht hat.


- Fingermalfarben: Setzen Sie auf Qualität, die auch mal im Mund landen darf. Die Farben von ÖkoNorm oder Mucki sind dafür bekannt, unbedenklich und leicht auswaschbar zu sein.
- Papier: Großformatiges Tonpapier (A3) gibt kleinen Armen Bewegungsfreiheit. Auch die Rückseiten alter Kalenderblätter oder Packpapier sind fantastische Untergründe.
- Schutzkleidung: Ein altes Hemd von Papa oder ein spezieller Malerkittel schützt nicht nur die Kleidung, sondern signalisiert auch: „Jetzt darfst du kreativ sein und auch mal kleckern!“


„Die Hände sind die Werkzeuge des Gehirns.“ – Maria Montessori
Dieser simple Satz fasst alles zusammen. Wenn ein Kind einen nassen Schwamm drückt, ein trockenes Blatt zerbröselt oder klebrigen Teig knetet, baut sein Gehirn aktiv Bahnen, die logisches Denken und Problemlösung für das ganze Leben prägen. Es ist Physik, Biologie und Kunst in einer einzigen, einfachen Handlung.


Die Schatzkiste der Natur: Bevor Sie Bastelmaterial kaufen, gehen Sie nach draussen. Ein Spaziergang im Park oder Wald wird zur Schatzsuche. Sammeln Sie alles, was interessant aussieht und sich gut anfühlt. So verbinden Sie Naturerlebnis direkt mit Kreativität und schulen den Blick für die kleinen Wunder am Wegesrand.
- Kleine Äste und Zweige
- Unterschiedlich geformte Blätter und Kiefernnadeln
- Kastanien, Eicheln und Bucheckern
- Flache, glatte Steine
- Moosstücke und Rinden


Mein Kind will nur matschen und alles vermischen, bis am Ende nur noch eine braune Masse übrig ist. Ist das nicht sinnlos?
Ganz im Gegenteil! Dieses experimentelle Mischen ist pure Wissenschaft. Ihr Kind lernt hier Grundprinzipien der Farblehre und der Materialbeschaffenheit. Es erforscht Ursache und Wirkung („Was passiert, wenn ich Blau und Gelb mische?“) und erlebt eine enorme sensorische Stimulation. Der braune „Matsch“ ist das Ergebnis eines erfolgreichen Experiments, nicht das Scheitern eines Kunstprojekts.

Wichtiger Punkt: Achten Sie auf das „CE“-Zeichen und bei Farben zusätzlich auf die Norm EN 71-3. Sie garantiert, dass keine schädlichen Schwermetalle in die Produkte übergehen, selbst wenn sie abgeleckt werden. Sicherheit gibt hier die Freiheit, unbeschwert zu experimentieren.


Gekaufte Knete (z.B. Play-Doh): Bietet leuchtende Farben und eine gleichbleibend weiche Konsistenz, trocknet aber an der Luft aus und der Geruch ist sehr künstlich.
Selbstgemachter Salzteig: Besteht aus Mehl, Salz, Wasser und Öl – also rein natürlichen Zutaten. Er fördert das gemeinsame Erlebnis der Herstellung und kann im Ofen gehärtet und bemalt werden. Ein unschlagbar günstiges und persönliches Material.


Es geht nicht nur um Feinmotorik in den Fingern. Wenn Kinder auf einem grossen Blatt Papier malen, das am Boden liegt oder an der Wand hängt, benutzen sie ihren ganzen Körper. Sie gehen in die Hocke, strecken sich, verlagern ihr Gewicht. Diese grossen Bewegungen aus Schulter und Arm sind die Basis, aus der sich später die feine, kontrollierte Bewegung des Handgelenks beim Schreiben entwickelt.


- Fördert die Konzentration.
- Trainiert die Hand-Auge-Koordination intensiver.
- Stärkt gezielt die Muskulatur für die Stifthaltung.
Das Geheimnis? Papier zerreissen! Statt immer nur die Schere zu benutzen, lassen Sie Ihr Kind Papier in Streifen reissen. Das erfordert Kraft, Geschick und die Zusammenarbeit beider Hände. Aus den Schnipseln entstehen wunderbare Mosaike und Collagen.


In den Fingerspitzen eines Menschen befinden sich etwa 3.000 Tastrezeptoren.
Das macht die Hände zu unseren wichtigsten Sinnesorganen für das „Begreifen“ der Welt. Jede Berührung von rau, glatt, kalt, warm, weich oder hart sendet eine Flut von Informationen, die das Gehirn verarbeitet und abspeichert. Basteln ist also im wahrsten Sinne des Wortes Gehirntraining.

Ein einfacher Karton ist vielleicht das beste Spielzeug der Welt. Er ist eine Höhle, ein Auto, ein Haus. Aber er ist auch eine fantastische Bastel-Leinwand. Kinder können ihn bemalen, bekleben, Löcher hineinschneiden (mit Hilfe) oder ihn einfach nur mit Stickern verzieren. Erlauben Sie diese einfache Form der Kreativität – sie kostet nichts und fördert die Fantasie enorm.


Welcher Kleber eignet sich für die Allerkleinsten?
Für den Anfang ist ein einfacher, lösungsmittelfreier Klebestift wie der „UHU stic“ ideal. Er klebt nicht zu stark an den Fingern und lässt sich gut führen. Für dreidimensionale Basteleien mit Naturmaterialien ist flüssiger Bastelleim (z.B. von „Pritt“) besser geeignet. Tragen Sie ihn auf einen alten Teller auf, damit Ihr Kind ihn mit einem Pinsel oder den Fingern verteilen kann – das ist eine tolle Sinneserfahrung.


Statt fertiger Bastelsets, probieren Sie es mal mit „Loose Parts Play“ – dem Spiel mit losen Teilen. Füllen Sie eine Kiste mit Dingen ohne festen Verwendungszweck.
- Grosse Knöpfe und leere Garnrollen
- Korken und Flaschendeckel
- Stoff- und Filzreste
- Kurze Nudel- und Pastaformen
- Kleine Holzklötze und glatte Steine
Diese Sammlung regt zu immer neuen Kombinationen an und fördert das freie, kreative Denken viel mehr als jede Anleitung.


Wachsblöcke (z.B. von Stockmar): Sie sind robust, brechen nicht so leicht und liegen perfekt in der kleinen Faust. Kinder können mit der Kante feine Linien oder mit der Fläche grosse Farbflächen malen. Sie fördern einen kraftvollen und doch variablen Farbauftrag.
Dünne Buntstifte: Erfordern bereits einen entwickelten Spitzgriff (Pinzettengriff), der bei Kleinkindern oft noch nicht ausgereift ist. Das Malen kann dadurch schnell verkrampft und frustrierend werden.


Nutzen Sie die Bastelzeit, um den Wortschatz zu erweitern. Benennen Sie alles, was Sie tun und fühlen. „Schau mal, das Papier ist ganz glatt.“ „Der Leim fühlt sich klebrig und nass an.“ „Der Pinsel ist weich.“ So verknüpft das kindliche Gehirn neue Wörter direkt mit einer echten, körperlichen Erfahrung und lernt sie viel nachhaltiger.

Aus leeren Klopapier- und Küchenrollen lassen sich die tollsten Dinge bauen. Sie sind das perfekte Ausgangsmaterial für Tiere, Fantasiefiguren, Ferngläser oder als Stempel für runde Formen. Werfen Sie sie also nicht weg, sondern legen Sie eine Sammelkiste an. Nachhaltiger und günstiger kann man kaum basteln.


- Einzigartige, marmorierte Muster.
- Ein spannendes taktiles Erlebnis.
- Leuchtende, zufällige Farbverläufe.
Die Technik? Malen mit Rasierschaum! Sprühen Sie eine Schicht Rasierschaum auf ein Tablett, tropfen Sie Lebensmittelfarbe darauf und lassen Sie Ihr Kind mit einem Stäbchen Muster ziehen. Drücken Sie dann ein Blatt Papier darauf, ziehen es ab und streifen den Schaum glatt. Zurück bleibt ein faszinierender Druck.


Wichtiger Gedanke: Der Kühlschrank muss nicht aussehen wie eine Kunstgalerie. Es ist okay, nicht jedes einzelne Werk aufzuhängen. Viel wichtiger ist es, dem Kind im Moment des Schaffens Ihre volle, ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken und seine Anstrengung wertzuschätzen. Sagen Sie statt „Das ist aber ein schönes Haus!“ lieber „Ich sehe, du hast dir viel Mühe gegeben, diese Linie ganz gerade zu malen.“


Füllen Sie eine flache Kiste oder ein Backblech mit Sand, Grieß oder Salzteig. Das ist die perfekte Oberfläche für die ersten „Schreibversuche“. Kinder können mit den Fingern Linien, Kreise und Kringel ziehen, alles wieder glattstreichen und von vorn beginnen. Eine spielerische und druckfreie Vorbereitung auf Buchstaben und Zahlen, die den Tastsinn maximal stimuliert.

Schneiden ist eine komplexe Fähigkeit. Beginnen Sie nicht mit Papier. Der erste Schritt ist das Schneiden von weicher Knete mit einer speziellen Kinderschere (z.B. von Faber-Castell, mit abgerundeter Spitze und Federung). Das gibt ein sofortiges Erfolgserlebnis und trainiert die Öffnen-und-Schliessen-Bewegung, ohne dass das Material (wie bei Papier) knickt und Frust erzeugt.


Laut einer Studie der University of Michigan kann das bloße Betrachten von Naturbildern die Konzentration verbessern.
Stellen Sie sich vor, was das Hantieren mit echten Naturmaterialien bewirkt! Das Fühlen von rauer Rinde oder das Sortieren von glatten Kieseln hat eine unglaublich beruhigende und erdende Wirkung. Es ist ein wunderbares Gegenmittel zur schnellen, digitalen Reizüberflutung.


Entdecken Sie die dritte Dimension! Statt immer nur auf dem Papier zu bleiben, bauen Sie in die Höhe. Mit leeren Eierkartons, Joghurtbechern und etwas Klebeband entstehen Türme, Fantasietiere oder Garagen für Spielzeugautos. Das schult das räumliche Vorstellungsvermögen und das Verständnis für Statik und Gleichgewicht auf eine ganz spielerische Weise.


Stempeln ist magisch, denn es erzeugt wiederholbare Muster. Aber dafür brauchen Sie keine teuren Stempelsets.
- Halbierte Kartoffeln mit eingeritzten Mustern
- Legosteine in Farbe getaucht
- Die Enden von Selleriestangen (ergeben Rosen!)
- Zerknüllte Alufolie oder Luftpolsterfolie
Experimentieren Sie mit allem, was eine interessante Oberfläche hat. Das ist Entdeckergeist pur.


Mein Kind verliert schnell die Lust und will schon nach fünf Minuten etwas anderes machen. Was mache ich falsch?
Nichts! Die Aufmerksamkeitsspanne von Kleinkindern ist von Natur aus kurz. Erwarten Sie keine stundenlangen Bastelsessions. Fünf bis zehn Minuten konzentriertes Arbeiten sind ein riesiger Erfolg. Bereiten Sie alles vor, damit es direkt losgehen kann, und räumen Sie es auch wieder weg, wenn das Interesse nachlässt. Weniger ist hier oft mehr.
Die größte Kunst ist, aus wenig viel zu machen.
Diese alte Handwerker-Weisheit gilt perfekt fürs Basteln mit Kindern. Ein Blatt Papier, eine Kartoffel und etwas Farbe. Mehr braucht es oft nicht für ein kleines Abenteuer. Die wahre Kreativität liegt nicht in der Menge des Materials, sondern in der Freiheit der Fantasie.




