Herbstgrillen mal anders: Warum Gemüse jetzt der wahre Star auf deinem Rost ist
Ganz ehrlich? Viele packen den Grill weg, sobald die Blätter fallen. Für mich fängt da der Spaß aber erst richtig an. Ich erinnere mich noch gut an ein Event vor ein paar Jahren. Ein Kunde wollte ein großes Fest im Oktober ausrichten und war, sagen wir mal, skeptisch. Grillen sei für Koteletts und Würste, nicht für „Kaninchenfutter“, wie er es nannte. Ich hab ihm damals einfach ein dickes Kürbissteak serviert, mariniert in Rosmarin, Knoblauch und gutem Olivenöl. Außen knusprig mit perfekten Röstaromen, innen weich wie Butter. Nach dem Essen kam er zu mir, nickte nur kurz und meinte: „In Ordnung. Das kannst du wieder machen.“
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Das war so ein Moment, der meine Sicht auf die Dinge bestätigt hat. Der Herbst ist keine Nebensaison, er ist die Hauptsaison für echte Aromen. Die leichten Sommergemüse sind durch. Jetzt kommen die Schwergewichte: Kürbis, Pastinaken, Pilze und fette Maiskolben. Die haben Charakter, die können Hitze und Rauch ab. Hier geht’s nicht mehr nur ums schnelle Angrillen, sondern um Geduld und das clevere Spiel mit der Hitze. Das ist ein Handwerk, das jeder lernen kann. Und ich zeig dir, wie’s geht.

Die Basics: Ein bisschen Physik muss sein
Wenn du Gemüse grillst, willst du ja nicht einfach nur Matsch produzieren. Du willst diese köstlichen Röstaromen und diese leichte, natürliche Süße. Dafür sorgen zwei Prozesse: die Maillard-Reaktion und die Karamellisierung. Und um die zu bekommen, brauchst du die richtige Temperatur am richtigen Ort. Das A und O dafür sind zwei verschiedene Hitzezonen.
Direkte vs. Indirekte Hitze: Das wichtigste Prinzip überhaupt
Egal ob du mit Kohle oder Gas grillst, dieses Prinzip musst du draufhaben. Es ist wirklich keine Raketenwissenschaft.
- Direkte Hitze: Das ist die „Vollgas“-Zone. Hier glüht die Kohle direkt unterm Rost oder der Gasbrenner läuft auf Hochtouren. Perfekt, um schnell Farbe und Röstaromen zu erzeugen. Dünne Gemüsescheiben oder Pilze fühlen sich hier wohl. Aber Achtung: Hier verbrennt auch Ruckzuck was!
- Indirekte Hitze: Das ist deine Sicherheitszone, wie ein Backofen mit Umluft. Hier liegt keine Kohle drunter oder der Brenner ist aus. Alles, was durchgaren muss, ohne zu verkohlen, kommt hierher – also dicke Kürbisspalten, ganze Kartoffeln oder Wurzelgemüse.
Kleiner Tipp für die Praxis: Beim Kugelgrill schiebe ich die glühende Kohle einfach auf eine Seite. Beim Gasgrill lasse ich einen oder zwei Brenner aus und drehe die anderen auf. So hast du immer eine heiße und eine milde Zone und die volle Kontrolle.

Das richtige Werkzeug: Weniger ist mehr
Du brauchst keinen ganzen Baumarkt im Garten, aber ein paar solide Basics machen dir das Leben deutlich einfacher.
- Eine lange Grillzange: Deine verlängerte Hand. Gib hier bitte ein paar Euro mehr aus. Für 15-25 € bekommst du ein stabiles Edelstahlmodell, das dir nicht nach dem dritten Mal benutzen auseinanderfällt.
- Ein Grillkorb oder eine Grillplatte: Gold wert für alles, was klein ist und durch den Rost fallen würde. Ich liebe gelochte Edelstahlplatten. Da kommt genug Rauch dran, aber nichts geht verloren. Gibt’s in jedem Baumarkt für ca. 20 €.
- Eine Gusseisenpfanne: Mein absoluter Geheimtipp. Direkt auf den Rost gestellt, wird die Dinger höllisch heiß. Ideal, um Pilze in Knoblauchbutter zu schwenken oder eine schnelle Salsa zu rösten. Gusseisen speichert Hitze einfach unschlagbar gut.
- Eine robuste Drahtbürste: Ein sauberer Rost ist die halbe Miete. Nach dem Grillen, wenn der Rost noch heiß ist, einmal kräftig abbürsten. Dauert eine Minute und erspart dir beim nächsten Mal viel Ärger.

Ein ernstes Wort zur Sicherheit
Im Herbst ist es oft windig, überall liegt trockenes Laub rum. Das ist kein Witz, ich hab da schon brenzlige Situationen miterlebt. Stell den Grill immer auf einen festen, ebenen Untergrund, mindestens drei Meter weg von allem Brennbaren – also weg von der Gartenlaube, dem Holzzaun oder dem Laubhaufen. Und ganz wichtig: Grille NIEMALS in der Garage, unter einem Carport oder auf einem überdachten Balkon! Die Gefahr einer Kohlenmonoxidvergiftung ist real. Ein Eimer Wasser oder ein Feuerlöscher in der Nähe ist keine Paranoia, sondern einfach nur schlau.
Die Stars im Herbst: So geht’s richtig
Jedes Gemüse ist anders. Eine Pauschalanleitung funktioniert nicht. Hier sind meine praxiserprobten Tipps für die wichtigsten Herbstsorten.
Der Kürbis: Das Steak für Vegetarier
- Sortenwahl: Der Hokkaido ist der unkomplizierte Kumpel – seine Schale wird weich und kann mitgegessen werden. Der Butternut ist etwas feiner und nussiger, hier muss die Schale aber runter.
- Der Trick: Schneide den Kürbis in etwa 1,5 bis 2 cm dicke Spalten. Das Wichtigste ist, ihn zuerst indirekt zu garen. So wird er innen weich, ohne außen zu verbrennen.
- Auf dem Rost: Gut einölen, kräftig würzen und dann für ca. 15-20 Minuten in die indirekte Zone bei geschlossenem Deckel. Erst für die letzten 5 Minuten über die direkte Hitze legen, um ihm die schicken Grillstreifen und Röstaromen zu verpassen.

Pilze: Die Aromaschwämme
- Sortenwahl:Portobellos sind super zum Füllen. Mein heimlicher Favorit sind aber Kräuterseitlinge. Ihr fester Stiel lässt sich in dicke Scheiben schneiden und hat eine tolle, fast fleischige Textur.
- Der Trick: Pilze niemals lange waschen, sie saugen sich mit Wasser voll! Besser ist es, sie mit einer Bürste oder einem Tuch zu putzen. Und mariniere sie maximal 20 Minuten, sonst werden sie matschig.
- Auf dem Rost: Große Pilze können direkt auf den Rost. Kleinere gehören in den Grillkorb oder die Gusseisenpfanne. Sie brauchen nur wenige Minuten bei hoher, direkter Hitze.
Wurzelgemüse: Die Süße aus der Erde
- Die Auswahl: Pastinaken, Karotten oder Süßkartoffeln sind der Hammer vom Grill.
- Der Trick: Der Profi-Tipp, der dir viel Zeit und Nerven spart, ist das Vorkochen. Die in Spalten geschnittenen Wurzeln einfach für 5-7 Minuten in Salzwasser blanchieren. Dann sind sie schon fast gar.
- Auf dem Rost: Ohne Vorkochen brauchen sie ewig (20-30 Min. indirekt). Mit dem Trick brauchen sie nur noch ein paar Minuten über direkter Hitze für die Farbe und den Geschmack. Genial, oder?

Maiskolben: Der Klassiker, aber richtig
- Die große Frage: Mit Blättern dran dämpft der Mais in der eigenen Hülle und wird super saftig (indirekte Hitze). Ohne Blätter, direkt über der Glut gegrillt und ständig gedreht, bekommt er die typischen Röstaromen. Beides geil.
- Der Trick: Koche die Kolben 10 Minuten in Wasser mit etwas Zucker und einem Stück Butter vor. Wichtig: KEIN Salz ins Kochwasser, das macht den Mais zäh! So vorgegart braucht er auf dem Grill nur noch den letzten Schliff.
- Auf dem Rost: Vorgegart reichen 5-10 Minuten direktes Grillen, bis er goldbraun ist. Mit gesalzener Butter bestreichen – ein Traum!
Marinaden: Die geheime Zutat
Eine gute Marinade macht mehr als nur würzen. Sie schützt das Gemüse vorm Austrocknen und sorgt dafür, dass nichts am Rost festklebt. Meine Basis ist immer simpel: gutes Öl, ein Spritzer Säure (Zitrone, Essig) und die Würze deiner Wahl.
Achtung, Anfängerfehler: Marinaden mit Zucker, Honig oder Ahornsirup verbrennen extrem schnell! Trage sie erst in den letzten Minuten des Grillens auf, sonst wird alles schwarz und bitter.

Hier sind zwei meiner Favoriten, die immer gehen:
- Kräuter-Knoblauch-Marinade (für alles): 100 ml Rapsöl, 2 gepresste Knoblauchzehen, je 1 EL gehackter Rosmarin und Thymian, 1 TL Salz, ½ TL schwarzer Pfeffer.
- Rauchig-Süße Marinade (für Kürbis & Süßkartoffel): 100 ml Sonnenblumenöl, 2 EL Ahornsirup, 1 EL Sojasauce, 1 TL geräuchertes Paprikapulver, eine Prise Chili. (Denk dran: erst zum Schluss draufpinseln!)
Pro-Tipp für mehr Geschmack: Wer es rauchiger mag, legt eine Handvoll gewässerte Holzchips (z.B. Apfel oder Buche, gibt’s für ein paar Euro online oder im Fachhandel) direkt auf die Glut. Das gibt dem Gemüse eine unglaubliche Note!
Rezepte aus meinem Notizbuch
Genug Theorie, jetzt wird’s konkret. Hier sind ein paar einfache, aber extrem leckere Sachen.
Gefüllte Portobello-Pilze
Das ist weit mehr als eine Beilage, das ist eine vollwertige, vegetarische Mahlzeit. Plan mal mit ca. 20 Minuten Vorbereitung und 15 Minuten auf dem Grill.
- Zutaten (für 2 Personen): 4 große Portobello-Pilze, 100 g Schafskäse, 1 Tomate, 1 kleine Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, Olivenöl, Salz, Pfeffer.
- Anleitung: Die Stiele aus den Pilzen brechen und fein hacken. Die dunklen Lamellen mit einem Löffel rauskratzen (wichtig, sonst wird’s wässrig!). Zwiebel, Knoblauch und Tomate fein würfeln, Schafskäse zerbröseln. Alles mit den gehackten Stielen mischen, kräftig würzen und in die Pilzkappen füllen. Dann für 10-12 Minuten in die indirekte Hitze, bis der Käse geschmolzen ist.
- Was passt dazu? Perfekt mit einem frischen Baguette und einem grünen Salat. Oder als geniale Beilage zu einem Steak.

Hasselback-Kartoffeln vom Grill
Diese Dinger sehen nicht nur spektakulär aus, sie schmecken auch so. Außen super knusprig, innen weich. Nimm unbedingt festkochende Kartoffeln. Zeitaufwand: 10 Minuten Vorbereitung, aber satte 45-60 Minuten auf dem Grill.
- Zutaten (für 4 Portionen): 4 große, festkochende Kartoffeln, 50 g Butter, 2 Knoblauchzehen, 2 Zweige Rosmarin, grobes Meersalz.
- Anleitung: Kartoffeln waschen. Leg links und rechts einen Kochlöffelstiel daneben, dann kannst du sie fächerartig einschneiden, ohne sie ganz zu durchtrennen. Butter mit gehacktem Rosmarin und Knoblauch schmelzen und die Kartoffeln damit einpinseln, auch zwischen den Spalten. Ab in eine Grillschale und für 45-60 Minuten in die indirekte Zone, bis sie goldbraun und knusprig sind.
- Was passt dazu? Die ultimative Beilage zu allem, was vom Grill kommt. Aber auch als Hauptgericht mit einem großen Klecks Kräuterquark ein Festessen.
Typische Fehler, die du locker vermeiden kannst
Über die Jahre habe ich immer wieder die gleichen kleinen Patzer gesehen. Wenn du sie kennst, machst du sie gar nicht erst.

- Zu ungeduldig sein. Der Rost muss richtig heiß sein, bevor das Gemüse draufkommt. Sonst klebt alles an. Faustregel: Wenn du deine Hand nur 2-3 Sekunden über der direkten Hitze halten kannst, ist es perfekt.
- Alles gleich groß schneiden. Eine Karotte braucht viel länger als ein Pilz. Wenn du beides auf einen Spieß packst, ist das eine schwarz und das andere roh. Also: Gemüse mit ähnlicher Garzeit zusammenbringen.
- Angst vor Salz. Gemüse liebt Salz! Es zieht Wasser und intensiviert den Eigengeschmack. Sei also nicht zu zaghaft.
- Ständiges Wenden. Lass das Gemüse in Ruhe! Es braucht Kontakt zum heißen Rost, um Röstaromen zu bilden. Einmal wenden reicht meistens.
Ein letzter Gedanke…
Gemüsegrillen im Herbst ist kein Kompromiss oder eine Notlösung. Es ist eine eigene, fantastische Disziplin. Es geht um den Respekt vor guten Produkten und das Verstehen von ein paar einfachen Prinzipien. Sei neugierig, probier was aus. Schnapp dir das Gemüse, das dich auf dem Wochenmarkt anlacht, und leg es auf den Rost. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du ein neues Lieblingsessen entdeckst. Viel Spaß am Feuer!

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Was macht Herbstgemüse vom Grill wirklich spektakulär?
Es ist die Kunst, die erdige Tiefe von Kürbis, Pastinake oder Roter Bete nicht zu überdecken, sondern zu unterstreichen. Vergessen Sie für einen Moment die klassische Kräuter-Knoblauch-Marinade. Der Herbst verlangt nach mehr Komplexität. Das Geheimnis liegt in der Balance von Süße, Säure und Umami. Probieren Sie eine Glasur aus Ahornsirup, Sojasauce und einem Hauch geräuchertem Paprikapulver für Kürbisspalten. Oder massieren Sie eine Paste aus Miso, Olivenöl und frischem Thymian in dicke Pastinakenscheiben, bevor sie auf den Grill kommen. Diese Aromen karamellisieren in der Hitze und schaffen eine unwiderstehliche Kruste, die den süßlichen Kern des Gemüses perfekt ergänzt.
Wussten Sie, dass der Rauch von Harthölzern wie Hickory oder Apfel über 100 verschiedene Aromaverbindungen enthält?
Diese Komplexität ist der Grund, warum Grillen mehr ist als nur Garen. Während ein Gasgrill für konstante Hitze sorgt, verleiht ein Holzkohlegrill dem Gemüse eine zusätzliche Dimension. Für Herbstgemüse sind Fruchthölzer (Apfel, Kirsche) ideal, da sie eine milde, leicht süßliche Rauchnote abgeben, die perfekt mit der natürlichen Süße von Karotten oder Süßkartoffeln harmoniert. Ein paar eingeweichte Holzchips von Marken wie Axtschlag oder Smokey Olive Wood, direkt auf die Glut gegeben, genügen bereits.