Dein Bad, dein Stil: So wird die alte Kommode zum coolsten Waschtisch der Welt
Mal ganz ehrlich: Die meisten Badezimmer sind doch irgendwie gleich, oder? Weiße Fliesen, weiße Keramik, Chrom-Armaturen – funktional, sauber, aber oft auch ein bisschen seelenlos. Ich hab in meiner Laufbahn unzählige Bäder gesehen und der Wunsch, den ich immer öfter höre, ist total verständlich: Das Bad soll endlich Charakter bekommen! Es soll ein Raum sein, in dem man sich wohlfühlt, nicht nur ein Ort zum Zähneputzen.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Warum dein Bad ein unsichtbares Problem hat: Die Macht der Feuchtigkeit
- 0.2 Material-Check: Was überlebt im Bad und was nicht?
- 0.3 Das Projekt: Aus Alt mach Neu – Die Kommode wird zum Star
- 0.4 Die Montage: Wo der Profi den Unterschied macht
- 0.5 Die Top 3 Fehler, die du unbedingt vermeiden solltest
- 0.6 Eine ernste Warnung: Strom und Wasser
- 0.7 Was kostet der Spaß am Ende wirklich?
- 0.8 Fazit: Ein Projekt mit Herz und Verstand
- 1 Inspirationen und Ideen
Ich denke da an eine Kundin, die mit einem Foto einer wunderschönen, alten Eichenkommode zu mir kam. Die Begeisterung in ihren Augen war ansteckend, aber ich sah auch die Herausforderung. Einfach ein Loch für den Abfluss reinsägen und ein Waschbecken draufstellen? Wenn es nur so einfach wäre… Das Badezimmer ist für ein normales Möbelstück aus dem Wohnzimmer die reinste Feindeszone. Hier treffen Design-Wünsche und knallharte Physik aufeinander.
Dieser Guide ist für alle, die genau von so einem individuellen Bad träumen. Ich zeige dir, was technisch geht, wo die fiesen Tücken lauern und worauf du WIRKLICH achten musst. Das ist kein oberflächliches DIY-Video, sondern ein ehrlicher Blick hinter die Kulissen, vollgepackt mit Praxis-Tipps.

Warum dein Bad ein unsichtbares Problem hat: Die Macht der Feuchtigkeit
Bevor wir auch nur an Werkzeug denken, müssen wir den Gegner kennen. Und im Bad heißt der Gegner: Wasser. Und zwar nicht nur das, was aus dem Hahn kommt.
Die größte Gefahr ist unsichtbar: die Luftfeuchtigkeit. Wenn du heiß duschst, verwandelt sich Wasser in Dampf. Die warme Luft saugt sich damit voll. Trifft diese warme, feuchte Luft dann auf eine kalte Oberfläche – einen Spiegel, eine Fliese oder eben deine neue Kommode – kühlt sie schlagartig ab. Kalte Luft kann aber viel weniger Wasser halten. Der Überschuss kondensiert und bildet winzige Wassertropfen. Das ist derselbe Effekt wie bei einer eiskalten Colaflasche im Sommer.
Dieses Kondenswasser ist hinterhältig. Es kriecht in die kleinsten Ritzen und unversiegelten Kanten. Für ein Möbel, das dafür nicht gemacht ist, ist das der Anfang vom Ende. Das Material quillt auf, Furniere lösen sich ab und im schlimmsten Fall entsteht Schimmel. Deshalb ist Lüften keine Option, sondern absolute Pflicht.

Gut zu wissen: Entweder du lüftest nach dem Duschen für 5-10 Minuten mit komplett geöffnetem Fenster (Stoßlüften!), oder du brauchst einen elektrischen Lüfter. In Bädern ohne Fenster ist der sogar Vorschrift. Ein guter Lüfter hat einen Nachlauf, läuft also noch ein paar Minuten weiter, nachdem du das Licht ausmachst. Die cleverste Lösung sind feuchtegesteuerte Geräte, die automatisch anspringen. Ohne eine funktionierende Lüftung ist das ganze Projekt zum Scheitern verurteilt.
Material-Check: Was überlebt im Bad und was nicht?
Ein Möbel ist nur so gut wie sein Material und sein Schutzschild. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
Massivholz: Wunderbar, aber anspruchsvoll. Hölzer wie Eiche oder Lärche sind von Natur aus recht robust gegen Feuchtigkeit. Weichere Hölzer wie Fichte oder Kiefer sind da deutlich anfälliger. Egal welches Holz, es braucht eine absolut lückenlose Versiegelung, besonders an den Schnittkanten und Stirnseiten, wo es Wasser zieht wie ein Schwamm.
MDF-Platten: Klingt erstmal billiger, aber hochwertig lackierte MDF-Platten sind für das Bad oft besser geeignet als günstiges Massivholz. Warum? Sie haben eine glatte, homogene Struktur ohne Fugen oder Äste. Die Qualität hängt aber zu 100 % von der Lackierung ab. Ein tiefer Kratzer, und die Platte saugt sich voll und ist nicht mehr zu retten.

Spanplatten: Und hier kommt die wichtigste Warnung. Lass die Finger von einfachen, folienbeschichteten Spanplatten. Glaub mir, ich hab mal eine Spanplatten-Kommode gesehen, die ein Kunde selbst eingebaut hat. Nach drei Monaten rief er mich an, weil die Schubladen klemmten. Das Ding war aufgequollen wie ein Hefekloß – ein teurer Totalschaden! Ein kleiner Kratzer in der Folie reicht schon aus.
Der Schutzschild: Auf den Lack kommt es an
Die Oberfläche ist die Rüstung deines Möbels. Hier darfst du auf keinen Fall sparen. Die beste Wahl ist ein 2-Komponenten-Polyurethanlack (2K-PU-Lack) oder ein guter Bootslack, den du zum Beispiel von Marken wie Clou bekommst. So eine 750ml-Dose kostet um die 30 Euro, aber die sind es wert. Wichtig ist, mehrere dünne Schichten aufzutragen, nicht eine dicke. Jede Schicht muss komplett durchtrocknen und leicht zwischengeschliffen werden.
Geölte Oberflächen sehen zwar super natürlich aus, machen das Holz aber nur wasserabweisend, nicht wasserdicht. Stehende Pfützen dringen irgendwann ein. Für einen Waschtisch, der täglich nass wird, rate ich davon ab, es sei denn, du hast Lust, ihn regelmäßig nachzuölen.

Das Projekt: Aus Alt mach Neu – Die Kommode wird zum Star
Stellen wir uns vor, du hast das perfekte Stück gefunden. Wo findet man sowas? Schau auf dem Flohmarkt, bei eBay Kleinanzeigen oder in Entrümpelungs-Läden nach „massive Kommode“ oder „alte Anrichte“. Aber ganz wichtig: Hingehen, anfassen, dran rütteln! Kauf sowas nie blind online.
Schritt 1: Die Vorbereitung (der anstrengende Teil) Der alte Lack muss komplett runter. Das machst du mit einem Exzenterschleifer und schleifst dich von grob (80er Körnung) zu fein (180er Körnung) vor. Plane allein für das Schleifen und Lackieren locker 3-4 Tage ein, denn die Trocknungszeiten zwischen den Schichten sind das A und O und dauern jeweils mindestens 24 Stunden.
Schritt 2: Die Ausschnitte (jetzt wird’s heikel) Waschbecken draufstellen, Position für den Abfluss und die Armatur anzeichnen. Den Ausschnitt machst du am besten mit einer Lochsäge. Und jetzt kommt der wichtigste Profi-Tipp, der oft vergessen wird: Die Schnittkanten müssen extrem gut versiegelt werden! Das sind die offenen Wunden des Holzes. Normaler Lack reicht hier nicht. Besorg dir ein kleines Set Epoxidharz (kostet ca. 15-20 €) und tränke die Schnittkanten damit. Das Harz macht das Holz an dieser Stelle absolut wasserdicht.

Achtung, Schubladen-Falle! Oft ist die oberste Schublade im Weg, wenn der Siphon (der Geruchsverschluss) montiert wird. Aber keine Sorge, dafür gibt es eine geniale Lösung: einen sogenannten „Raumsparsiphon“ oder „Möbelsiphon“. Der läuft flach an der Wand entlang statt in einem großen Bogen nach unten. Kostet ein paar Euro mehr, aber rettet dir wertvollen Stauraum. Gold wert!
Die Montage: Wo der Profi den Unterschied macht
Ein perfekt vorbereitetes Möbel kann durch eine falsche Montage ruiniert werden. Der Waschtisch muss immer fest mit der Wand verbunden werden – schon allein aus Sicherheitsgründen. Stabile Montagewinkel aus Edelstahl sind hier die richtige Wahl. Vor dem Bohren aber unbedingt mit einem Leitungssucher die Wand prüfen!
Und dann die Fuge zwischen Waschtischplatte und Wandfliesen. Das ist eine kritische Zone. Hier brauchst du hochwertiges Sanitär-Silikon (z.B. Ottoseal S100 für ca. 10 €), das Schimmel hemmt. Kleiner Test für dich: Geh mal in dein jetziges Bad und fahr mit dem Finger über die Silikonfuge am Waschbecken. Ist die nach innen gewölbt (konkav)? Super! Wenn nicht, weißt du jetzt, warum sich da immer Wasser sammelt. Eine konkave Fuge sorgt dafür, dass das Wasser immer abläuft.
Die Top 3 Fehler, die du unbedingt vermeiden solltest
Wenn ich die häufigsten Pannen zusammenfassen müsste, wären es diese drei:
- Das falsche Möbelstück gekauft: Aus reiner Begeisterung eine billige Spanplatten-Kommode erwischt, die nach wenigen Monaten aufquillt. Prüfe immer, ob es wirklich Massivholz oder hochwertiges MDF ist.
- Schnittkanten nicht versiegelt: Das Loch für den Abfluss gesägt und gedacht, „ach, der Lack reicht schon“. Falsch! Nur Epoxidharz macht die Schnittkante wirklich dicht.
- Bei der Abdichtung geschlampt: Billig-Silikon verwendet oder die Fuge falsch gezogen, sodass sich ständig Wasser darin sammelt. Das ist eine Einladung für Schimmel.
Eine ernste Warnung: Strom und Wasser
Wenn du jetzt noch eine coole Lampe neben deinem neuen Waschtisch anbringen willst, hört der Spaß für Heimwerker auf. Wasser und Strom sind eine tödliche Kombination. Die Regeln dafür sind extrem streng. Im direkten Bereich um Wanne, Dusche und Waschbecken dürfen nur spezielle, spritzwassergeschützte Leuchten (mindestens Schutzart IP44) von einer Elektrofachkraft installiert werden. Das ist keine Empfehlung, das ist Gesetz. Hier geht es um deine Sicherheit!
Was kostet der Spaß am Ende wirklich?
Lass uns mal grob durchrechnen. Für eine schöne, alte Massivholzkommode vom Flohmarkt legst du vielleicht zwischen 50 und 300 Euro hin. Dazu kommt der Lack, sagen wir 30 Euro für eine gute Dose Bootslack. Das kleine Set Epoxidharz für die Schnittkanten kostet nochmal 15 bis 20 Euro. Hochwertiges Silikon und ein paar Kleinteile schlagen mit etwa 20 Euro zu Buche. Und wenn du den Wasseranschluss vom Profi machen lässt – was ich dringend empfehle – plane mal zwischen 150 und 300 Euro für den Installateur ein. So hast du eine realistische Hausnummer.
Fazit: Ein Projekt mit Herz und Verstand
Ist das also ein Projekt zum Selbermachen? Es kommt auf dein Können an. Das Schleifen und Lackieren kriegst du mit Geduld sicher hin. Bei den Ausschnitten, der Montage und vor allem bei den Anschlüssen für Wasser und Strom rate ich dir aber dringend zur Zusammenarbeit mit Profis. Ein Schreiner für die Holzarbeiten und ein Installateur fürs Wasser sind die sicherste Bank.
Sei ehrlich zu dir selbst. Der Ärger über aufquellendes Holz ist am Ende größer als die Freude über das gesparte Geld. Aber wenn du es richtig anpackst, mit guten Materialien und professioneller Hilfe an den entscheidenden Stellen, dann verwandelst du dein Bad von einer Nasszelle in einen echten Wohlfühlort. Und dieses Gefühl ist unbezahlbar.
Inspirationen und Ideen
Der kritischste Moment: Das Versiegeln der Ausschnitte. Jede Schnittkante für den Siphon oder die Armatur ist eine offene Wunde im Holz. Hier dringt Feuchtigkeit am schnellsten ein. Tränken Sie diese Stellen mehrmals satt mit einem hochwertigen Bootslack (z.B. von Clou) oder Epoxidharz, bevor Sie die Installation fortsetzen.
Und was ist mit der obersten Schublade?
Sie ist das häufigste Opfer des Siphons. Aber sie muss nicht komplett unbrauchbar werden! Eine clevere Lösung ist der Einbau eines U-förmigen Einsatzes aus Holz, der genau um die Abflussrohre herumführt. So schaffen Sie zwei kleine, seitliche Staufächer für Kleinigkeiten wie Zahnseide oder Kosmetikproben. Der Platz ist nicht verloren, nur neu organisiert.
- Massivholz statt Furnier: Massivholz verzeiht kleine Kratzer und lässt sich bei Bedarf abschleifen. Aufquellendes Furnier ist kaum zu retten.
- Die richtige Höhe: Die Oberkante des Waschbeckens sollte bei etwa 85-95 cm liegen. Messen Sie Ihre Kommode und rechnen Sie die Höhe des Aufsatzbeckens dazu!
- Stabilität prüfen: Wackelt die Kommode? Ein schweres Keramikbecken voller Wasser braucht einen soliden Unterbau.
Die Armatur ist der Schmuck Ihres neuen Waschtisches. Ihre Wahl entscheidet über den finalen Look:
- Hohe Standarmatur: Ideal für Aufsatzbecken. Sie wird direkt auf der Kommode montiert. Achten Sie auf die Höhe – der Auslauf muss bequem über den Beckenrand ragen. Modelle von Grohe oder Hansgrohe bieten hier viel Auswahl.
- Wandarmatur: Eine sehr elegante, aber aufwändigere Lösung. Die Anschlüsse müssen in der Wand verlegt werden. Vorteil: Die Holzoberfläche bleibt komplett frei und ist leicht zu reinigen.
Aufsatzwaschbecken: Die beliebteste Wahl. Sie sind einfacher zu montieren, da nur ein kleines Loch für den Abfluss nötig ist. Der Charme der Kommoden-Oberfläche bleibt fast vollständig erhalten. Marken wie Villeroy & Boch oder Duravit bieten unzählige Formen an.
Einbauwaschbecken: Hier wird ein großer Teil der Platte ausgeschnitten und das Becken eingelassen. Das schützt die Holzoberfläche besser vor Spritzwasser, opfert aber viel vom ursprünglichen Look der Kommode.
Laut dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik kann die relative Luftfeuchtigkeit in einem Bad nach einer 10-minütigen Dusche kurzzeitig auf 100 % ansteigen.
Das bedeutet, die Luft ist vollständig mit Wasser gesättigt. Ein einfaches Kippfenster reicht da nicht aus, um diese Feuchtigkeitslast schnell abzutransportieren. Stoßlüften für 5-10 Minuten oder eine mechanische Lüftung sind der beste Schutz für Ihr Holzmöbel und das gesamte Raumklima.
Jenseits der Technik liegt der wahre Zauber im Unperfekten. Eine kleine Kerbe an der Kante, die über Jahrzehnte patinierte Oberfläche der Griffe, die einzigartige Maserung des Holzes – all das erzählt eine Geschichte. Ihr neuer Waschtisch ist kein steriles Industrieprodukt, sondern ein Möbelstück mit Seele. Diese Authentizität verwandelt die tägliche Routine im Bad in einen Moment der Freude.
- Die Holzmaserung wird wunderschön betont und fühlt sich natürlich an.
- Die Oberfläche bleibt atmungsaktiv und kann mit wenig Aufwand ausgebessert werden.
- Es ist einfach aufzufrischen – kein komplettes Abschleifen nötig.
Das Geheimnis? Ein hochwertiges Hartwachs-Öl, wie das Osmo Polyx-Öl. Anders als Lack bildet es keinen Film auf dem Holz, sondern zieht tief ein und schützt von innen.
Denken Sie auch an die Rückwand! Die Kommode wird wahrscheinlich nicht perfekt bündig mit der Wand abschließen, besonders bei Altbauten mit Sockelleisten. Um zu verhindern, dass Wasser hinter die Kommode läuft, ist eine kleine Leiste aus demselben Holz oder eine unsichtbare Silikonnaht (transparent oder in Fugenfarbe) unerlässlich. Dieser kleine, oft vergessene Schritt sichert Ihr Projekt langfristig ab.
