Dicke Luft in der Werkstatt? Warum Schweigen oft teurer ist als ein klares Wort

von Romilda Müller
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Ganz ehrlich? Nach über 30 Jahren in der Werkstatt und auf Baustellen habe ich eines gelernt: Die kniffligsten Probleme haben selten mit dem Material zu tun. Es sind die Menschen. Klar, es gibt Zoff zwischen Lehrlingen ums beste Werkzeug oder Diskussionen mit Gesellen über die „richtige“ Vorgehensweise. Das ist normal. Aber das ist nicht das, was einen Betrieb wirklich kaputt macht.

Früher dachte ich, ein ruhiger Laden ist ein guter Laden. Kein Streit, keine lauten Worte. Heute weiß ich, dass das Quatsch ist. Ein Betrieb, in dem nie offen geredet wird, ist oft ein Betrieb voller stillem Groll. Und dieser Groll, dieses unausgesprochene Zeug, ist wie Rost. Du siehst ihn anfangs nicht, aber er frisst sich langsam und unaufhaltsam durch die Moral, die Qualität und am Ende sogar durch die Sicherheit. Ein lauter, aber fairer Streit reinigt die Luft. Stiller Groll vergiftet sie.

Ich bin kein Psychologe, nur ein Handwerksmeister. Aber ich habe gelernt, die Warnsignale zu erkennen und wie man ein klärendes Gespräch führt, ohne dass gleich die ganze Bude in Flammen steht. Und, was vielleicht noch wichtiger ist, ich musste auch auf die harte Tour lernen, wann meine Fähigkeiten enden und man sich Hilfe von außen holen muss. Genau das will ich hier mal auspacken – von Meister zu Meister, von Kollege zu Kollege.

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Die Physik des Konflikts: Warum es im Team auch mal knallen muss

Stell dir dein Team wie einen Dampfkessel vor. Jeder bringt seine eigene Energie mit rein. Der junge Azubi ist Feuer und Flamme, der erfahrene Geselle schwört auf seine bewährten Methoden. Der eine ist ein Pedant, der andere will schnell Ergebnisse sehen. All das erzeugt Reibung, und das ist auch gut so! Diese Energie treibt den Laden an.

Konflikte sind dabei wie die Ventile an diesem Kessel. Nutzt man sie richtig, lassen sie kontrolliert Dampf ab und alles bleibt stabil. Hältst du aber aus Angst vor dem Zischen krampfhaft den Deckel drauf, steigt der Druck im Inneren immer weiter an. Irgendwann kommt die Explosion – unkontrolliert, laut und mit massivem Schaden. In der Praxis sind das dann plötzliche Kündigungen, ein riesiger Streit wegen einer Nichtigkeit oder im schlimmsten Fall ein Arbeitsunfall, weil zwei Leute nicht mehr miteinander geredet haben.

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Zwei Arten von Gift: Das offene Feuer und der schleichende Rost

Man kann diesen Druck auf zwei Arten loswerden. Die eine ist wie ein offenes Feuer, die andere wie schleichender Rost.

  • Das offene Feuer (Der laute Streit): Hier knallen die Türen, es wird auch mal geschrien. Sieht von außen dramatisch aus, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Das Problem liegt offen auf dem Tisch. Jeder weiß, worum es geht. Nach so einem Gewitter kann die Luft wieder klar sein.
  • Der schleichende Rost (Der stille Groll): Das ist die passive Aggressivität. Man lächelt sich an, aber hintenrum wird gelästert. Aufgaben werden „vergessen“, Infos nicht weitergegeben und sarkastische Sprüche geklopft. Ganz ehrlich, dieses Verhalten ist viel zerstörerischer. Es zerfrisst das Vertrauen und macht jede echte Zusammenarbeit unmöglich.

Ich fürchte mich vor dem offenen Feuer, aber ich hasse den schleichenden Rost. Ein Feuer kann man löschen. Aber den Rost aus einem Team wieder rauszubekommen, das ist verdammt harte Arbeit.

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Warnsignale: Woran du den stillen Groll erkennst

Als Führungskraft ist es eine deiner wichtigsten Aufgaben, dieses Gift zu erkennen. Es sind oft kleine Dinge, die sich aber summieren. Frag dich doch mal selbst, ob dir einiges davon bekannt vorkommt:

  • Werden bei dir Anweisungen mit einem „Ja, Chef“ quittiert, aber dann passiert nichts oder die Arbeit wird absichtlich schlampig gemacht?
  • Hörst du Getuschel in der Kaffeeecke, das verstummt, sobald du den Raum betrittst?
  • Fallen ständig sarkastische Bemerkungen, die als „nur Spaß“ getarnt werden, aber eigentlich verletzend sind?
  • Gibt es Mitarbeiter, die für Fehler immer die Schuld bei anderen, dem Werkzeug oder den Umständen suchen?
  • Hast du jemanden im Team, der mit Schweigen und böser Miene bestraft, aber auf Nachfrage immer nur „Alles in Ordnung“ murmelt?

Wenn du bei mehreren dieser Fragen mit dem Kopf nickst, dann schrillen bei mir die Alarmglocken. Ich hatte mal einen Gesellen, der wochenlang mit einem Gesicht wie drei Tage Regenwetter durch die Werkstatt lief. Die Stimmung war komplett im Keller. Am Ende kam raus: Er war unzufrieden mit der Urlaubsplanung. Ein einziges Fünf-Minuten-Gespräch hätte das Problem gelöst. Stattdessen hat er vier Wochen lang das ganze Team runtergezogen.

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Dein Werkzeugkoffer: Konflikte wie ein Profi lösen

Ein guter Handwerker geht nicht mit dem Vorschlaghammer an eine filigrane Schraube. Genauso ist es bei Konflikten. Hier sind die Werkzeuge, die sich bei mir bewährt haben.

Werkzeug 1: Das 4-Augen-Gespräch (aber richtig!)

Das ist das A und O. Aber bitte nicht zwischen Tür und Angel. Nimm die Person beiseite, in eine ruhige Ecke. Block dir dafür mal mindestens 20-30 Minuten, in denen ihr absolut ungestört seid. Und dann starte das Gespräch nicht mit einem Vorwurf. Ein guter Einstieg ist zum Beispiel: „Hey, hast du kurz einen Moment? Mir ist da was aufgefallen, worüber ich gerne mal in Ruhe mit dir reden würde.“

Die größte Falle ist, mit Verallgemeinerungen um sich zu werfen. Sag niemals: „Du kommst immer zu spät!“ Das provoziert nur Widerspruch. Sei konkret. Besser ist: „Mir ist aufgefallen, dass du diese Woche dreimal nach der vereinbarten Zeit auf der Baustelle warst.“ Das ist eine beobachtbare Tatsache, kein Angriff.

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Anschließend erklärst du, was das mit dir macht und warum es ein Problem für den Betrieb ist: „Das macht mir Sorgen, weil wir unsere Termine beim Kunden einhalten müssen, um als verlässlicher Partner dazustehen.“ Und am Ende formulierst du eine klare, machbare Bitte: „Können wir vereinbaren, dass du kurz anrufst, wenn du merkst, dass es eng wird?“ Das gibt dem anderen die Chance, sein Gesicht zu wahren und eine Lösung anzubieten.

Aber was, wenn der Mitarbeiter komplett dichtmacht oder alles abstreitet? Wichtig ist: Bleib ruhig. Wiederhole deine sachliche Beobachtung, ohne emotional zu werden. Manchmal hilft es zu sagen: „Okay, ich sehe, du siehst das anders. Lass uns das Thema erstmal sacken lassen und morgen nochmal darüber sprechen.“ Das nimmt den Druck raus und gibt beiden Seiten Zeit zum Nachdenken.

Werkzeug 2: Die moderierte Werkstatt-Runde

Manchmal betrifft ein Problem das ganze Team. Dann hilft eine gemeinsame Runde. Aber Achtung: Ohne klare Regeln wird das schnell zu einer Anklagebank. Deine Rolle ist hier die des Moderators, nicht die des Richters. Meine Regeln sind simpel: Einer spricht, die anderen hören zu. Wir reden über Verhalten, nicht über Personen. Und vor allem: Wir suchen Lösungen, keine Schuldigen. Am Ende fassen wir die Ergebnisse schriftlich fest, damit es verbindlich ist.

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Jenseits der Werkbank: Regionale und Generationen-Unterschiede

Was ich auch gelernt habe: Nicht jeder tickt gleich. Ein Handwerker aus dem Norden ist oft direkter, ein „Jo“ kann da schon mal höchstes Lob sein. Ein Kollege aus dem Süden ist vielleicht emotionaler. Das sind Klischees, klar, aber es steckt ein Funke Wahrheit drin. Man muss lernen, genau hinzuhören.

Noch größer sind die Gräben zwischen den Generationen. Meine Generation hat gelernt: Zähne zusammenbeißen und durch. Die Jungen heute fordern mehr Feedback und eine bessere Balance. Das ist manchmal anstrengend, aber auch eine riesige Chance. Wenn ein junger Mitarbeiter sich traut zu sagen: „Chef, die Art, wie du das gesagt hast, war nicht okay“, dann gibt er mir die Möglichkeit, dazuzulernen. Und das ist unbezahlbar.

Wenn der eigene Werkzeugkoffer leer ist: Hilfe von außen

Ganz wichtig: Man muss seine eigenen Grenzen kennen. Ich bin Meister, kein Therapeut. Es ist ein Zeichen von Stärke, sich das einzugestehen.

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Faschings-Werkstatt für Zuhause: So bastelt ihr geniale Kostüme, die auch wirklich halten!

Es gab da mal einen Fall bei mir, den ich nie vergessen werde. Ich habe einen Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern komplett falsch eingeschätzt. Ich dachte, ein Machtwort würde reichen. Ende vom Lied: Einer der beiden hat gekündigt, ein echter Top-Mann. Das war eine teure Lektion. Ich hatte versucht, mit dem Hammer eine Uhr zu reparieren.

Heute zögere ich in harten Fällen nicht mehr, mir Profis ins Boot zu holen:

  • Bei Mobbing: Wenn jemand systematisch fertiggemacht wird, ist Schluss mit lustig. Das ist ein Fall für eine professionelle Mediation oder sogar arbeitsrechtliche Schritte.
  • Bei Suchtproblemen: Kommt jemand alkoholisiert zur Arbeit, gefährdet er alle. Das ist kein Thema für eine Standpauke, sondern für eine Suchtberatung. Ich biete Hilfe an, mache aber auch klar: An der Maschine hat niemand etwas verloren, der nicht bei klarem Verstand ist. Punkt.
  • Bei verhärteten Fronten: Manchmal können sich zwei Leute einfach nicht riechen. Wenn alle Gespräche scheitern, kann ein externer Mediator Wunder wirken. So jemand kostet zwar, rechnen Sie mal mit 150 € bis 300 € pro Stunde, je nach Region und Erfahrung. Aber das ist gut investiertes Geld. Ich hatte mal zwei exzellente Gesellen, die sich fast geprügelt hätten. Der Mediator hat es geschafft, dass sie wieder professionell miteinander arbeiten konnten. Zwei Top-Leute zu verlieren wäre am Ende viel, viel teurer gewesen.

Kleiner Tipp: Anlaufstellen für solche Fälle sind oft die Handwerkskammern, die selbst Schlichtungen anbieten, oder Berufsverbände für Mediation, die man online findet.

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Sicherheit und Kosten: Warum eine gute Streitkultur bares Geld ist

Am Ende geht es hier nicht um ein nettes Betriebsklima, sondern um knallharte Fakten. Ein unkonzentrierter Mitarbeiter, der im Kopf mit einem Konflikt beschäftigt ist, ist ein Sicherheitsrisiko an der Kreissäge. So einfach ist das. Schlechte Kommunikation führt zu Fehlern, und Fehler kosten Material, Zeit und im schlimmsten Fall den guten Ruf beim Kunden.

Eine offene, faire Streitkultur ist also kein Luxus. Sie ist eine Investition in die Sicherheit deiner Leute und in die Wirtschaftlichkeit deines Betriebs.

Fazit: Reden ist Gold, Schweigen ist Rost

Konflikte sind wie Holz: Man kann sich daran wärmen oder sich einen Splitter einziehen. Es kommt darauf an, wie man es anpackt. Ein Team, das gelernt hat, fair miteinander zu streiten, findet am Ende immer die besten Lösungen. Der Weg dahin ist Arbeit, keine Frage. Es erfordert Mut, auch mal unangenehme Dinge anzusprechen. Aber diese Arbeit lohnt sich. Denn ein Team, das zusammenhält, kann jede Herausforderung meistern. Und das ist doch das, was wir alle wollen, oder?

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Laut der KPMG-Konfliktkostenstudie wenden Führungskräfte bis zu 50% ihrer Arbeitszeit für die Bewältigung von Konflikten auf.

Rechnen Sie das mal auf Ihren Meister-Stundenlohn um. Das ist keine abstrakte Zahl, das ist bares Geld, das im Zoff verpufft. Zeit, in der Sie nicht beim Kunden sind, keine Angebote schreiben oder den Nachwuchs fördern. Jeder schwelende Streit zwischen zwei Gesellen ist eine unsichtbare Rechnung, die am Monatsende bezahlt wird – durch verpasste Aufträge, Materialverschwendung wegen schlechter Absprachen und eine miese Stimmung, die gute Leute zur Konkurrenz treibt.

Romilda Müller

Mein Beruf macht mir echt viel Spaß! Selbst indem ich jeden Tag Beiträge über Themen aus den Bereichen Gartengestaltung, Dekoration, Innendesign, Mode und Lifestyle schreibe, entdecke ich viele interessante Tatsachen. Auch für mich selbst. Zudem schöpfe ich Inspiration für meine eigene Freizeit. Mein Ziel ist es, unserer Leserschaft nützliche Information und unendliche Anregung anzubieten und damit behilflich zu sein. Es freut mich, durch meine Artikel eine große Anzahl von Lesern für unterschiedliche Themen zu begeistern und zu neuen Projekten im Haus und Garten zu ermutigen. Außerdem will ich ihnen gleichzeitig damit Optionen für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten.