Wände streichen wie die Profis: Der ehrliche Guide für ein Ergebnis ohne Frust

von Augustine Schneider
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Ganz ehrlich, eine Wand mit Farbe zu bepinseln, das kann fast jeder. Aber eine Wand so zu streichen, dass es am Ende wirklich professionell aussieht – ohne Streifen, Flecken oder abblätternde Stellen – das ist eine ganz andere Hausnummer. Ich hab in meinem Leben schon unzählige Wände gesehen, von feuchten Kellern bis zu sonnigen Dachwohnungen, und ich kann dir eines sagen: Ein guter Anstrich ist pures Handwerk. Wenn man’s richtig macht, hat man jahrelang Freude daran. Wenn man pfuscht, ärgert man sich grün und blau über verschwendete Zeit und teure Farbe.

Vergiss die schnellen Deko-Hacks. In diesem Guide zeige ich dir nicht nur, was du tun musst, sondern vor allem, warum du es tun musst. Das ist die ehrliche Anleitung für ein Ergebnis, auf das du am Ende richtig stolz sein kannst.

Mehr als nur ein Farbton: Was in deinem Farbeimer wirklich steckt

Die erste Frage ist fast immer: „Welche Farbe nehmen wir?“ Meistens geht’s dabei um den Ton – Salbeigrün oder doch lieber Greige? Aber die viel wichtigere Frage lautet: Welche Art von Farbe brauchst du überhaupt? Die Antwort entscheidet über Haltbarkeit, Raumklima und deinen Arbeitsaufwand.

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Warum die Farbe aus dem Baumarkt zu Hause anders aussieht

Bevor wir über Eimer und Rollen reden, ein kurzes Wort zum Licht. Ein Farbton lebt vom Licht, das auf ihn fällt. Genau deshalb sieht die Farbkarte aus dem Baumarkt bei dir an der Wand plötzlich völlig anders aus.

  • Natürliches Licht ist der Boss: Ein Zimmer mit Fenstern nach Norden hat kühles, fast bläuliches Licht. Ein warmer Grauton kann hier schnell trist wirken. Ein Südzimmer hingegen flutet alles mit warmem, gelblichem Licht, das kühle Töne neutralisiert und warme Farben noch mehr strahlen lässt.
  • Künstliches Licht ist ein Trickser: Eine normale „Warmweiß“-LED (um die 2.700 Kelvin) hat viel Gelbanteil. Eine „Tageslichtweiß“-Lampe (über 5.000 Kelvin) hat viel Blauanteil. Dieselbe Wandfarbe sieht unter den beiden Lampen aus wie zwei komplett verschiedene Töne.

Mein wichtigster Rat, ehrlich: Kauf niemals einen großen Eimer Farbe, ohne sie vorher getestet zu haben. Hol dir eine kleine Probedose (kosten meist nur ein paar Euro), streich eine größere Fläche (mindestens 1×1 Meter) an die betreffende Wand und schau sie dir zu verschiedenen Tageszeiten an – morgens, mittags und abends bei Lampenlicht. Nur so gibt’s keine bösen Überraschungen.

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Die inneren Werte: Was eine gute Farbe von einer billigen Plörre unterscheidet

Wandfarbe besteht grob aus Pigmenten (für den Ton), Bindemitteln (der Klebstoff), Füllstoffen (fürs Volumen) und Lösungsmitteln (meist Wasser). Das Bindemittel ist der heimliche Star, denn es bestimmt, wie robust und atmungsaktiv die Farbe ist.

Dispersionsfarbe ist der Alleskönner und die gängigste Wahl. Hier ist das Bindemittel Kunststoff. Aber Achtung, die Qualität schwankt enorm! Orientier dich an diesen zwei Werten auf dem Eimer (nach DIN EN 13300):

  • Nassabriebklasse: Das ist der Härtetest. Klasse 1 ist „scheuerbeständig“ – perfekt für Flur, Küche und Kinderzimmer, wo man auch mal mit dem Lappen ranmuss. Klasse 3 ist „waschbeständig“ und reicht für ein Schlafzimmer. Billigfarben haben oft nur Klasse 4 oder 5. Da wischst du einen Fleck weg und die Farbe gleich mit.
  • Deckvermögen: Das hier spart dir Zeit und Nerven! Klasse 1 hat die höchste Deckkraft. Damit schaffst du eine dunkle Wand oft mit einem einzigen Anstrich. Eine billige Farbe mit Klasse 3 oder 4 braucht zwei, manchmal drei Anstriche. Da sparst du am Eimerpreis, zahlst aber mit deiner wertvollen Zeit doppelt und dreifach drauf.

Aus meiner Erfahrung: Ich hatte mal einen Kunden, der stolz war, wie günstig seine Farbe war. Er hat am Ende ein ganzes Wochenende geopfert, um dreimal zu streichen. Hätte er direkt zur Qualitätsfarbe gegriffen, wäre er an einem Nachmittag fertig gewesen und hätte unterm Strich kaum mehr bezahlt.

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Für speziellere Fälle gibt es Alternativen. Silikatfarben (oder Mineralfarben) sind etwas für Kenner. Sie verbinden sich chemisch mit mineralischen Untergründen wie Kalkputz, sind extrem langlebig und super atmungsaktiv. Ideal für ältere Gebäude oder Wände, die zu Feuchtigkeit neigen. Sie sind aber anspruchsvoller in der Verarbeitung und kosten auch etwas mehr, oft zwischen 80 € und 120 € für einen 10-Liter-Eimer. Kalkfarben sind ähnlich, wirken von Natur aus desinfizierend und beugen Schimmel vor, sind aber nicht so robust. Für einen Keller eine super Sache.

Dein Schlachtplan: Einkaufsliste, Budget und Zeitplan

Bevor du losstürmst, lass uns kurz planen. Nichts ist ärgerlicher, als mitten im Projekt nochmal zum Baumarkt fahren zu müssen.

Die ultimative Einkaufsliste (zum Abhaken)

Damit du nichts vergisst, hier eine Liste der Dinge, die du wirklich brauchst:

  • Die richtige Farbe: Und wie viel? Eine gute Faustregel ist: (Raumumfang in Metern × Raumhöhe in Metern) ÷ 7 = benötigte Liter für einen Anstrich. Plane lieber etwas Puffer ein.
  • Tiefengrund: Nur wenn der Untergrund stark saugt oder kreidet (dazu gleich mehr).
  • Gutes Malerklebeband: Investier in sogenanntes „Goldband“ (meist gelb oder orange). Es kostet ein paar Euro mehr, lässt sich aber auch nach Tagen sauber abziehen.
  • Abdeckvlies: Bitte, bitte keine dünne Malerfolie! Die reißt, verrutscht und Farbspritzer bleiben flüssig drauf, sodass du sie mit den Schuhen im ganzen Raum verteilst. Vlies saugt die Farbe auf.
  • Farbwalze: Kurzflor (ca. 9-12 mm) für glatte Wände, Langflor (ca. 18-22 mm) für Raufaser oder rauen Putz.
  • Kleiner Pinsel oder Eckenroller: Für die Kanten und Ecken.
  • Abstreifgitter: Absolutes Muss für gleichmäßigen Farbauftrag.
  • Spachtelmasse und ein kleiner Spachtel: Um Löcher von Nägeln oder Dübeln zu füllen.
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Was kostet der Spaß? Eine realistische Schätzung

Für einen typischen Raum von etwa 20 Quadratmetern solltest du realistisch mit einem Budget zwischen 100 € und 250 € rechnen. Das teilt sich grob so auf:

  • Gute Wandfarbe (10L): 70 € – 120 €
  • Werkzeug & Abdeckmaterial: 30 € – 80 €
  • Eventuell Tiefengrund oder Sperrgrund: 20 € – 40 €

Klar geht es billiger, aber hier zu sparen, rächt sich fast immer.

Wie lange dauert das wirklich? (Der Zeitplan)

Sei ehrlich zu dir selbst. Das ist kein Projekt für zwei Stunden nach der Arbeit.

  • Tag 1: Vorbereitung. Möbel rücken, Boden abdecken, Löcher spachteln, Wände prüfen und abkleben. Das dauert LÄNGER, als man denkt. Plane hierfür einen soliden Nachmittag ein.
  • Tag 2: Der erste Anstrich. Nach dem Trocknen der Spachtelmasse kannst du loslegen. Streiche erst die Decke, dann die Wände.
  • Tag 3: Der zweite Anstrich (falls nötig). Lass den ersten Anstrich gut durchtrocknen (mindestens 4-6 Stunden, schau auf den Eimer). Meistens wird das Ergebnis mit einem zweiten Anstrich deutlich besser. Danach: Aufräumen.
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Die Vorbereitung: 80 % der Arbeit für 100 % Ergebnis

Die goldene Regel im Malerhandwerk lautet: 80 % der Arbeit passiert, bevor der erste Tropfen Farbe an die Wand kommt. Ein sauberer, tragfähiger Untergrund ist alles. Pfuscht du hier, hilft auch die teuerste Farbe nichts.

Teste deine Wände – in 3 einfachen Schritten

Finde heraus, mit wem du es zu tun hast:

  1. Der Hand-Test: Reibe mit der flachen Hand über die Wand. Hast du weißen Staub an der Hand? Dann „kreidet“ der Altanstrich. Hier muss Tiefengrund drauf, sonst perlt die neue Farbe einfach ab.
  2. Der Klebeband-Test: Drück einen Streifen starkes Kreppband fest an und reiß ihn ruckartig ab. Hängen Farbstücke dran? Dann ist der Altanstrich nicht mehr fest. Alles Lose muss runter – mühsam, aber alternativlos.
  3. Der Wasser-Test: Spritz etwas Wasser an die Wand. Perlt es ab? Schwach saugend. Verfärbt sich die Stelle sofort dunkel? Stark saugend (z. B. bei Gipskarton). Stark saugende Wände schreien nach Tiefengrund, sonst „verbrennt“ die Farbe – die Wand saugt das Wasser zu schnell auf und du bekommst Streifen und Flecken.
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Ein Wort zu Tiefengrund

Wenn deine Wand einen Tiefengrund braucht, nimm den richtigen. Den durchsichtigen, flüssigen Tiefengrund nimmst du für normal saugende oder kreidende Wände. Es gibt auch weißen, pigmentierten Tiefengrund. Der ist ein kleiner Geheimtipp, wenn du von einer sehr dunklen auf eine helle Farbe wechseln willst. Er wirkt wie eine Grundierung und du sparst dir später eventuell einen kompletten Anstrich.

Abkleben wie ein Champion

Nichts schreit so sehr „Amateur“ wie Farbspritzer auf Steckdosen und Fensterrahmen. Drück die Kanten des Klebebands mit dem Fingernagel oder einem Spachtel fest an. Und hier der Profi-Tipp: Zieh das Klebeband ab, solange die Farbe noch leicht feucht ist! Wartest du, bis alles steinhart getrocknet ist, reißt du dir eventuell die frische Farbkante mit ab. Sollte das Malheur doch passieren (ist uns allen schon passiert): Lass alles trocknen und schneide die Kante ganz vorsichtig mit einem Cuttermesser ein, bevor du das Band abziehst.

Endlich geht’s los: So streichst du ohne Streifen

Jetzt kommt der spaßige Teil. Mit der richtigen Technik wird’s gleichmäßig und sauber.

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Der Schlüssel zu allem ist die „Nass-in-Nass“-Technik. Das bedeutet, du rollst frische Farbe immer in den bereits gestrichenen, noch feuchten Bereich hinein. So verschmelzen die Übergänge unsichtbar. Machst du eine Pause und setzt dann an einer getrockneten Stelle neu an, siehst du den Ansatz garantiert.

Die richtige Reihenfolge ist die halbe Miete:

  1. Immer die Decke zuerst. Spritzer landen so auf den noch ungestrichenen Wänden – clever, oder?
  2. Dann die Ecken und Kanten. Streiche mit dem Pinsel einen ca. 5-10 cm breiten Streifen um alle Fenster, Türen, Ecken und Leisten. Aber nur für den Bereich, den du als Nächstes mit der Walze bearbeitest, damit es nicht antrocknet.
  3. Jetzt die großen Flächen. Fang am Fenster an und arbeite dich vom Licht weg. Tauche die Rolle satt in die Farbe, rolle sie gut am Gitter ab und trage die Farbe erst grob in einem „W“ oder „N“ auf die Wand auf. Dann verteilst du sie mit senkrechten Bahnen, die sich immer um eine halbe Rollenbreite überlappen. Zum Schluss rollst du die ganze Bahn nochmal ganz leicht und ohne Druck von oben nach unten ab. Das gibt das beste Finish.

Arbeite zügig und streiche immer eine komplette Wand am Stück fertig. Keine Kaffeepause mitten auf der Fläche! Wenn du doch mal unterbrechen musst, wickle Pinsel und Rolle fest in eine Plastiktüte. So bleiben sie stundenlang frisch und trocknen nicht ein.

Ach ja, und das Aufräumen danach: Wirf deine teure Walze nicht weg! Streif die Restfarbe am Eimerrand ab und wasch die Walze dann mit lauwarmem Wasser und etwas Spüli aus, bis das Wasser klar bleibt. Gut trocknen lassen, und sie ist bereit fürs nächste Abenteuer.

Spezialfälle und Problemlöser aus der Praxis

Manchmal hält eine Wand fiese Überraschungen bereit. Hier ein paar Lösungen für die häufigsten Probleme.

Wasserflecken, Nikotin oder Ruß?

Versuch niemals, diese fiesen Flecken einfach mit normaler Wandfarbe zu übertünchen. Sie werden wieder durchbluten, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Hier brauchst du eine Waffe: einen speziellen Sperrgrund oder eine Isolierfarbe. Such im Baumarkt nach Produkten, die „Nikotinsperre“ oder „Fleckenblocker“ heißen. Das Zeug ist nicht billig (ca. 20-40 € die Dose), aber es bildet eine undurchdringliche Barriere. Erst danach kommt die normale Wandfarbe drüber.

Der Charme von alten Häusern

In Altbauten oder Fachwerkhäusern sind die Wände oft noch mit traditionellen Kalk- oder Lehmputzen versehen. Diese Wände „atmen“ – sie regulieren die Luftfeuchtigkeit. Wenn du so eine Wand mit einer modernen Dispersionsfarbe zukleisterst, sperrst du die Feuchtigkeit ein. Das kann zu Schimmel führen. Hier sind die bereits erwähnten Mineral- oder Kalkfarben die fachlich richtige und respektvolle Wahl.

Die Macht der Farbe: Mythen und Wahrheiten

Die alte Regel „Hell macht groß, dunkel macht klein“ ist nur die halbe Wahrheit. Ein kleiner, dunkler Raum wird nicht wohnlicher, wenn man ihn zwanghaft weiß streicht; oft wirkt er dann nur grau und seelenlos. Manchmal ist es mutiger und schöner, die Dunkelheit zu umarmen und den Raum mit einem satten, tiefen Farbton bewusst gemütlich und höhlenartig zu gestalten.

Kleiner Trick für die Raumwirkung: Um einen langen, schmalen Flur optisch zu verkürzen, streich die Stirnwand in einem dunkleren oder wärmeren Ton. Das holt die Wand gefühlt näher ran. Eine Decke, die einen Tick heller ist als die Wände, wirkt höher.

Sicherheit geht vor: Wann du lieber den Profi rufst

Sei ehrlich zu dir selbst. Ein Zimmer streichen ist ein tolles DIY-Projekt. Aber es gibt Grenzen.

Sorge immer für gute Lüftung und trage bei Schleifarbeiten eine FFP2-Maske. Sei vorsichtig auf der Leiter – die meisten Unfälle passieren durch Stürze. Stell die Leiter gerade und fest auf und lehn dich nicht zu weit zur Seite. Lieber einmal mehr verschieben.

Und wann ist der Profi die bessere Wahl? Wenn du auf komplexe Untergründe, hartnäckige Feuchtigkeit oder Schimmel stößt. Auch bei sehr hohen Decken oder in Treppenhäusern ist ein Fachbetrieb oft die sicherere und am Ende sogar günstigere Lösung. Die haben die Erfahrung und das richtige Gerät, um das Problem an der Wurzel zu packen. Manchmal ist die klügste Entscheidung, das Werkzeug aus der Hand und den Hörer in die Hand zu nehmen.

Aber für die meisten normalen Räume gilt: Mit diesem Wissen, der richtigen Vorbereitung und etwas Geduld schaffst du ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Viel Erfolg dabei!

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.