Glas im Haus: Der ehrliche Guide vom Profi – Worauf es wirklich ankommt
Früher, ja früher war Glas einfach nur das Zeug im Fenster. Heute? Heute ist Glas ein echter Alleskönner im Innenausbau. Ehrlich gesagt, in den letzten Jahrzehnten hat sich da eine richtige Revolution abgespielt. Wir bauen damit lichtdurchflutete Wände, elegante Türen, Dusch-Oasen und sogar komplette Treppen. Die Möglichkeiten sind schier endlos, aber – und das ist der Haken – mit den Möglichkeiten wächst auch die Verantwortung.
Inhaltsverzeichnis
Denn Glas ist ein fantastischer Werkstoff, aber er verzeiht absolut keine Fehler. Falsches Material oder eine unsaubere Montage können nicht nur teuer, sondern auch brandgefährlich werden. Ich möchte euch hier mal einen ehrlichen Einblick geben, ganz ohne Fachchinesisch. Wissen aus der Werkstatt und von unzähligen Baustellen, damit ihr versteht, was wirklich zählt.
Das Material verstehen: Mehr als nur ’ne durchsichtige Scheibe
Wenn die meisten Leute von „Glas“ sprechen, meinen sie das ganz normale Fensterglas. Wir Profis nennen das Floatglas. Für den Innenausbau ist das aber oft die komplett falsche Wahl. Hier geht es um Sicherheit, und dafür gibt es zwei Hauptdarsteller auf der Bühne. Die zu kennen, ist Lektion eins.

Der harte Kerl: Einscheibensicherheitsglas (ESG)
Stell dir vor, eine Glasscheibe wird erst ordentlich erhitzt und dann schlagartig wieder abgekühlt. Dieser Prozess, das „Vorspannen“, erzeugt eine immense innere Spannung. Die Oberfläche wird dadurch knallhart und etwa vier- bis fünfmal stoßfester als normales Glas. Der Clou liegt aber im Bruchverhalten: Wenn ESG bricht, zerfällt es in tausende winzige, stumpfkantige Krümel. Die Verletzungsgefahr ist minimal.
Achtung! Sobald eine Scheibe zu ESG verarbeitet wurde, ist sie fertig. Man kann sie nicht mehr schneiden oder bohren. Jeder Ausschnitt für einen Griff oder ein Scharnier muss vorher geplant werden. Ich hab schon Azubis gesehen, die das auf die harte Tour lernen mussten. Das Ergebnis ist immer ein lauter Knall und ein teurer Haufen Scherben.
- Typische Einsatzorte: Glastüren, Duschkabinen, Seitenwände, Glasregale und auch Küchenrückwände, da es hitzebeständig ist.
Der Bodyguard: Verbundsicherheitsglas (VSG)
VSG ist im Grunde ein Sandwich: Mindestens zwei Glasscheiben, die mit einer extrem reißfesten Folie in der Mitte verklebt sind. Wenn dieses Glas bricht, bleiben die Splitter einfach an der Folie haften. Es entsteht ein Spinnennetzmuster, aber die Scheibe bleibt als Ganzes an Ort und Stelle. Sie fällt nicht herunter.

Genau deshalb ist VSG die absolut erste Wahl für Überkopfverglasungen oder Absturzsicherungen wie Glasgeländer. Je nach Anforderung werden dickere Scheiben oder Folien verwendet. Übrigens: Die Folie im VSG ist ein genialer Nebeneffekt für den Schallschutz. Eine simple Trennwand aus VSG kann den Lärm zwischen zwei Räumen schon spürbar dämpfen.
- Typische Einsatzorte: Glasgeländer, begehbare Böden und Treppen, Vordächer und schallisolierende Wände.
Ganz grob zur Orientierung: ESG ist meist die preisgünstigere Variante der beiden Sicherheitsgläser. Für VSG muss man aufgrund des aufwendigeren Aufbaus oft mit dem Doppelten oder sogar mehr pro Quadratmeter rechnen. Sicherheit hat eben ihren Preis.
Die Montage: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen
Das beste Glas nützt nichts, wenn der Einbau schlampig ist. Hier entscheidet sich, ob du jahrelang Freude an deiner Lösung hast oder dich nur ärgerst. Jedes Projekt hat dabei seine eigenen Tücken.
Glaswände und Raumteiler: Millimeterarbeit ist alles
Eine raumhohe Glaswand kann einen Raum komplett verwandeln, keine Frage. Aber der Einbau muss sitzen. Kleiner Tipp, falls du es selbst versuchen willst – so misst du wie ein Profi:

- Nimm ein stabiles Maßband, keinen schlabberigen Zollstock.
- Miss die lichte Breite der Öffnung an drei Stellen: ganz unten, in der Mitte und ganz oben.
- Notiere dir das kleinste der drei Maße! Wände und Böden sind nie 100% gerade.
- Von diesem kleinsten Maß ziehst du rund 8-10 mm „Luft“ ab. Das ist dein Bestellmaß für das Glas. Diese Fuge brauchst du, um Spannungen zu vermeiden. Sie wird am Ende sauber mit Silikon versiegelt.
Vorsicht, teure Fehler! Ich habe mal gesehen, wie jemand eine schwere Glaswand direkt auf den Estrich gestellt hat. Ein winziges Steinchen darunter reichte aus, um nach ein paar Wochen eine Spannung zu erzeugen, die die 800-Euro-Scheibe hat springen lassen. Das Glas muss immer auf kleinen, unsichtbaren Kunststoffklötzchen im Befestigungsprofil stehen, damit es keinen direkten Kontakt zum harten Untergrund hat.
Gut zu wissen: Eine maßgefertigte ESG-Scheibe hat oft eine Lieferzeit von zwei bis vier Wochen. Das solltest du bei deiner Zeitplanung unbedingt berücksichtigen!

Glastüren: Das A und O sind die Beschläge
Eine Glastür lebt und stirbt mit ihren Beschlägen. Hier zu sparen ist wirklich die schlechteste Idee. Günstige Beschläge aus dem Internet nutzen sich oft schnell ab, die Tür hängt schief oder schließt nicht mehr richtig. Ein hochwertiges Beschlagset von einem etablierten Markenhersteller kostet vielleicht 250 €, während ein No-Name-Produkt schon für 80 € zu haben ist. Aber glaub mir, diese Mehrinvestition bewahrt dich vor jahrelangem Ärger.
Bei Schiebetüren muss die Laufschiene exakt waagerecht montiert sein, sonst macht sich die Tür selbstständig. Moderne Systeme mit „Soft-Close“, also einem sanften Selbsteinzug wie bei Küchenschubladen, sind jeden Cent wert. Das schont die Nerven und das Material.
Glas im Bad: Sicher gegen Wasser und Stürze
Im Bad ist ESG mit mindestens 8 mm Dicke der absolute Standard für Duschen. Alles darunter ist zu wackelig und einfach nicht sicher genug. Die Beschläge müssen aus rostfreiem Edelstahl oder speziell beschichtetem Messing sein, sonst hast du nach einem halben Jahr die erste Rostparty.

Die größte Herausforderung ist und bleibt die Abdichtung. Alle Anschlüsse werden mit hochwertigem Sanitärsilikon versiegelt. Der Untergrund muss dafür aber picobello sauber, trocken und fettfrei sein. Mein Rat: Zieh die Silikonfugen nach dem Duschen kurz mit einem Abzieher ab. Das beugt Schimmelbildung super effektiv vor.
Eine sinnvolle Zusatzinvestition ist eine spezielle Oberflächenbeschichtung. Dadurch perlt das Wasser einfach ab und nimmt Kalk und Schmutz mit. Das macht die Reinigung zum Kinderspiel. Rechnet für eine komplette, rahmenlose Duschkabine vom Fachmann schnell mit 1.500 € aufwärts. Eine solide, teilgerahmte Lösung kann da schon bei 800 € eine tolle und langlebige Alternative sein.
Von minimalistisch bis rustikal: Glas kann jeden Stil
Spannend ist, wie unterschiedlich Glas eingesetzt wird. In urbanen Gegenden ist der Trend klar minimalistisch: große, klare Flächen, oft aus sogenanntem „Weißglas“. Dieses Spezialglas hat kaum den typischen Grünstich, den man sonst an den Kanten sieht. Das ist ein Muss, wenn die Glasfläche lackiert werden soll, zum Beispiel als Küchenrückwand. Eine weiße Rückwand aus normalem Glas wirkt immer leicht minzgrün – mit Weißglas als Basis bekommst du ein strahlendes, reines Weiß. Ein Detail, das den Unterschied macht.

So eine schicke, farbig lackierte Küchenrückwand aus ESG-Weißglas kostet dich, je nach Größe und Aufwand für Steckdosen-Ausschnitte, etwa 250 bis 450 € pro Quadratmeter. Das ist inklusive Aufmaß und Montage – ein fairer Preis für eine fugenlose, super pflegeleichte und stylishe Lösung.
So findest du die richtige Lösung für dein Budget
Qualität hat ihren Preis, aber es gibt fast immer Spielraum. Statt der teuren, komplett rahmenlosen Glasdusche tut es vielleicht auch eine schicke teilgerahmte Variante. Statt der lackierten Küchenrückwand kann es, wenn kein Kochfeld in der Nähe ist, auch eine günstigere Variante mit aufgeklebter Folie sein.
Wann brauchst du aber UNBEDINGT einen Fachmann? Meine Faustregel: Sobald Glas eine tragende oder absturzsichernde Funktion hat, gehört es in Profihände. Das betrifft alle Geländer, Brüstungen, Vordächer und begehbaren Gläser. Hier sind oft komplexe Berechnungen und spezielle Zulassungen nötig, die in den technischen Baubestimmungen (die Profis nennen das DIN 18008, quasi der TÜV für Glas am Bau) geregelt sind. Ein Fehler kann hier katastrophale Folgen haben.

Für Standardmaße, wie ein einfaches Glasregal, wirst du im gut sortierten Baumarkt fündig. Für alles, was auf Maß gefertigt wird, sicherheitsrelevant ist oder einfach perfekt passen soll, ist der Glaser-Fachbetrieb um die Ecke dein bester Ansprechpartner. Googelt einfach „Glaser“ und euren Ort.
Bevor du jemanden beauftragst, frag doch mal nach:
- Arbeiten Sie nach den aktuellen technischen Regeln für Glasbauten?
- Ist im Angebot wirklich alles enthalten (Aufmaß, Lieferung, Montage, Abdichtung)?
- Welche Garantie geben Sie auf Beschläge und die Montage?
Wartung: Damit die Freude ewig währt
Die Pflege ist zum Glück kinderleicht. Nimm keine Scheuermittel oder kratzigen Schwämme! Ein weiches Tuch, warmes Wasser und ein Schuss Spiritus reichen. Mein persönlicher Trick für streifenfreie Fenster und Spiegel: Immer mit zwei Tüchern arbeiten. Eines zum feuchten Reinigen, ein trockenes Mikrofasertuch zum Nachpolieren. Probier das gleich mal am Badezimmerspiegel aus – wetten, der war noch nie so sauber?
Und noch was: Kontrolliere einmal im Jahr die Schrauben an den Beschlägen deiner Glastüren und Duschwände. Ein Tropfen harzfreies Öl auf die beweglichen Teile wirkt Wunder und verlängert die Lebensdauer erheblich.

Am Ende ist Glas im Innenausbau so viel mehr als nur ein Trend. Es ist ein ehrlicher, langlebiger und wunderschöner Werkstoff. Wenn man ihn mit Respekt behandelt und sorgfältig damit umgeht, schafft man Räume, die hell, offen und einfach zum Wohlfühlen sind. Und genau darum geht es doch, oder?
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84 % aller Fingerabdrücke bestehen aus Wasser, der Rest ist eine Mischung aus Salzen, Fetten und Aminosäuren.
Genau diese Mischung macht die Reinigung von Glasflächen so tückisch. Ein einfacher Glasreiniger löst oft nur einen Teil des Problems. Für hartnäckige Schlieren auf Glastischen oder Duschwänden schwören Profis auf eine eigene Mischung: Ein paar Tropfen Spülmittel in Wasser lösen die Fette, ein Schuss Essig oder Zitronensäure den Kalk. Mit einem hochwertigen Mikrofasertuch aufgetragen, ergibt das ein makelloses Finish.

Welche Glasdicke für einen Esstisch?
Das ist eine der häufigsten Fragen und die Antwort hängt von der Konstruktion ab. Liegt die Glasplatte vollflächig auf einem Untergestell auf, reichen oft schon 8-10 mm. Bei einem Tisch, bei dem die Platte nur an den Beinen aufliegt und das meiste frei schwebt, ist Stabilität alles. Hier sollte man unbedingt auf 12 mm, besser noch 15 mm starkes Einscheibensicherheitsglas (ESG) setzen. Das sorgt nicht nur für die nötige Tragfähigkeit, sondern auch für ein Gefühl von Wertigkeit und Sicherheit im Alltag.
Klarglas: Die Wahl für maximale Helligkeit und ein offenes Raumgefühl. Es lässt das Licht ungehindert fluten und vergrößert Räume optisch. Perfekt für Glastüren oder Trennwände in kleineren Wohnungen.
Parsolglas: Hierbei handelt es sich um durchgefärbtes Glas, meist in Grau-, Bronze- oder Grüntönen. Es reduziert die Sonneneinstrahlung, bietet einen leichten Sichtschutz und verleiht dem Interieur einen edlen, oft retro-inspirierten Look, der an die 70er-Jahre erinnert.



