Aufguss, Abkochung, Kaltauszug: So holst du WIRKLICH alles aus deinen Heilkräutern raus

von Romilda Müller
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Eine Tasse Tee ist mehr als nur heißes Wasser. Das hab ich in den unzähligen Jahren in der Apotheke immer wieder gepredigt. Leute kamen rein, schnieften, klagten über Bauchgrummeln oder schlaflose Nächte und die erste Frage war fast immer: „Welchen Tee können Sie mir empfehlen?“ Eine gute Frage, keine Frage. Aber die wirklich entscheidende Frage, die kam fast nie: „Wie bereite ich den denn richtig zu?“

Ganz ehrlich? Ein Heilkräutertee ist kein Softdrink. Er ist ein feines Werkzeug. Richtig zubereitet, kann er eine wunderbare Unterstützung sein. Falsch gemacht, ist er im besten Fall nur heißes Wasser mit Geschmack. Im schlimmsten Fall kann er sogar kontraproduktiv sein. Die Zubereitung ist eben kein Hokuspokus, sondern basiert auf ganz einfachen Prinzipien, die jeder lernen kann. Es ist das kleine Einmaleins, um die ganze Kraft aus der Pflanze in deine Tasse zu bekommen.

Vergiss mal kurz die bunten Pappschachteln aus dem Supermarkt. Wir reden hier über echte Arzneitees in geprüfter Qualität. Und um deren volle Wirkung zu entfesseln, gibt es drei grundlegende Methoden. Die sind quasi das Fundament: der Aufguss, die Abkochung und der Kaltauszug.

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Das 1×1 der Kräuterküche: Welche Methode für welches Kraut?

Jede Pflanze ist anders. Zarte Blüten geben ihre duftenden Öle ganz leicht her, während harte Wurzeln erst überzeugt werden müssen, ihre Schätze preiszugeben. Und manche Wirkstoffe, wie die wertvollen Schleimstoffe, sind absolute Hitzemuffel. Deshalb müssen wir unsere Taktik anpassen.

1. Der Aufguss (Infus): Für die Feingeister unter den Kräutern

Das ist die Methode, die wir alle kennen: heißes Wasser drüber, ziehen lassen, fertig. Perfekt für die empfindlichen Pflanzenteile wie Blüten (Kamille), Blätter (Pfefferminze) und zarte Kräuter (Lindenblüten). Warum? Weil ihre wichtigsten Inhaltsstoffe oft flüchtige ätherische Öle sind. Würdest du sie kochen, würden diese Öle einfach mit dem Dampf abhauen. Dein Tee würde zwar himmlisch riechen, aber die Wirkung wäre buchstäblich verflogen.

So geht der Aufguss richtig:

  • Die Menge: Als Faustregel gilt: ein gehäufter Teelöffel (ca. 2 Gramm) getrocknete Kräuter pro Tasse (etwa 250 ml). Wenn du frische Kräuter aus dem Garten nimmst, brauchst du deutlich mehr, so die drei- bis fünffache Menge. Ein kleiner Tipp für frische Pfefferminze: Nimm eine gute Handvoll Blätter und drück sie zwischen den Fingern kurz an, bevor du sie mit Wasser übergießt. Das bricht die Zellwände auf und setzt die Öle frei!
  • Das Wasser: Koche das Wasser auf und warte dann einen kleinen Moment, bis es nicht mehr sprudelt. Die perfekte Temperatur liegt so bei 90–95 °C. Kochend heißes Wasser kann die feinsten Aromen und Wirkstoffe zerstören.
  • Der wichtigste Schritt überhaupt: Übergieß die Kräuter und DECKEL DRAUF! Sofort! Ein kleiner Teller auf der Tasse reicht schon. Das ist kein alter Aberglaube, sondern reine Physik. Die wertvollen ätherischen Öle steigen mit dem Dampf auf, kondensieren am kühleren Deckel und tropfen zurück in den Tee. Ohne Deckel gehen sie direkt in die Raumluft.

Wenn du mir nur eine einzige Sache aus diesem ganzen Text glaubst, dann diese: IMMER ABDECKEN!

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  • Die Ziehzeit: Das kommt aufs Kraut an. Kamille braucht 5–10 Minuten. Pfefferminze ist mit 5–7 Minuten glücklich. Bei Kräutern mit vielen Gerbstoffen (z. B. Brombeerblätter) solltest du nicht länger als 5 Minuten warten, sonst wird der Tee schnell bitter.
  • Das Abseihen: Nach dem Ziehen gießt du den Tee durch ein feines Sieb. Bitte drück die Kräuter nicht aus! Das quetscht nur unnötig viele Bitter- und Gerbstoffe raus.

2. Die Abkochung (Dekokt): Für die harten Jungs

Für harte, holzige Pflanzenteile wie Wurzeln (Baldrian), Rinden (Eichenrinde) oder feste Samen brauchen wir schwereres Geschütz. Ihre Zellwände sind so dick, da würde ein einfacher Aufguss nur an der Oberfläche kratzen. Wir brauchen mehr Zeit und Energie, um an die wertvollen Inhaltsstoffe zu kommen.

So kochst du richtig ab:

  • Die Vorbereitung: Gib die Kräuter (wieder ca. 1 TL pro Tasse) zusammen mit KALTEN Wasser in einen Topf aus Edelstahl oder Emaille.
  • Das Erhitzen: Bring alles langsam zum Kochen. Sobald es kocht, dreh die Hitze runter, sodass es nur noch sanft vor sich hin köchelt.
  • Die Kochzeit: Mit Deckel drauf lässt du das Ganze für 10–20 Minuten simmern. Bei extrem harten Wurzeln auch mal 30 Minuten. Ein Teil des Wassers verdampft, was den Sud konzentrierter und wirksamer macht.
  • Das Finish: Nimm den Topf vom Herd, lass alles noch mal 10 Minuten nachziehen und gieß es dann heiß durch ein Sieb. Fertig!

Würdest du eine Baldrianwurzel nur aufgießen, würdest du kaum was von der beruhigenden Wirkung abbekommen. Die muss man quasi rauskitzeln – oder eben rauskochen.

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3. Der Kaltauszug (Mazerat): Die sanfte Tour für Sensibelchen

Diese Methode kennen die wenigsten, aber sie ist für manche Pflanzen überlebenswichtig. Man nimmt sie für Kräuter, deren Wirkstoffe durch Hitze kaputtgehen würden. Das Paradebeispiel sind Pflanzen mit Schleimstoffen, wie Eibischwurzel, Malvenblüten oder Leinsamen.

Diese Schleimstoffe bilden mit Wasser ein Gel, das sich wie ein Schutzfilm auf gereizte Schleimhäute im Hals oder Magen legt. Übergießt du sie mit heißem Wasser, verklumpen sie zu einer Art ungenießbarem Kleister, und die heilsame Wirkung ist dahin. Ein Lehrling von mir hat das mal versucht… die Lektion hat er nie wieder vergessen.

So geht der Kaltauszug:

  • Das Ansetzen: Gib die Kräuter in eine Tasse oder ein Glas und gieß sie mit kaltem, stillem Wasser auf.
  • Die Wartezeit: Jetzt brauchst du Geduld. Lass den Ansatz bei Raumtemperatur für mindestens 2–4 Stunden ziehen, bei Eibischwurzel gerne auch 8 Stunden oder über Nacht. Ab und zu mal umrühren hilft.
  • Das Trinken: Einfach abseihen und genießen. Wenn du ihn nicht eiskalt magst, kannst du den Auszug ganz vorsichtig auf Trinktemperatur erwärmen. Aber Achtung: Niemals kochen lassen!
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Kamille – Der Klassiker für den Bauch

Wir nutzen hier die getrockneten Blütenköpfe. Perfekt bei Magen-Darm-Grummeln und zur Beruhigung.
Zubereitung: Ein gehäufter Teelöffel auf eine Tasse. Mit heißem (nicht kochendem!) Wasser übergießen und abgedeckt 5 bis 10 Minuten ziehen lassen. Länger nicht, sonst wird’s bitter.
Anwendung: Bei akuten Beschwerden kannst du ruhig 3-4 Tassen über den Tag verteilt trinken.

Pfefferminze – Der Frischekick für die Verdauung

Ideal bei Blähungen und Übelkeit.
Zubereitung: Ein Teelöffel Blätter, mit heißem Wasser übergießen, abgedeckt 5–7 Minuten ziehen lassen. Das Menthol ist extrem flüchtig!
Anwendung: Eine Tasse nach dem Essen wirkt oft Wunder. Aber Vorsicht bei Sodbrennen, da kann Pfefferminze es manchmal schlimmer machen.
Kleine Challenge für dich: Mach mal zwei Tassen Pfefferminztee. Eine mit Deckel, eine ohne. Rieche und schmecke den Unterschied. Du wirst erstaunt sein! Schreib doch mal in die Kommentare, was du bemerkt hast.

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Eibischwurzel – Der Schleimhaut-Schmeichler

Der Retter bei trockenem Reizhusten und gereiztem Magen.
Zubereitung: Unbedingt als Kaltauszug! Ein Teelöffel Wurzel mit kaltem Wasser ansetzen und mindestens 2 Stunden (besser über Nacht) stehen lassen.
Anwendung: Schluckweise und leicht erwärmt trinken. Da die Schleimstoffe die Aufnahme anderer Arzneien blockieren können, immer eine Stunde Abstand zu anderen Medikamenten halten.

Brennnesselblätter – Die große Spülung

Super für eine Durchspülungstherapie bei Blasenentzündungen.
Zubereitung: Zwei Teelöffel Blätter als Aufguss zubereiten, abgedeckt 10 Minuten ziehen lassen.
Anwendung: Hier kommt’s drauf an! Das Ziel ist, viel Flüssigkeit durch die Nieren zu jagen. Trink also über den Tag verteilt 3-4 Tassen Brennnesseltee und zusätzlich noch mindestens 1,5 bis 2 Liter Wasser oder andere ungesüßte Getränke. Sonst funktioniert das Ganze nicht.

Hilfe, mein Tee schmeckt komisch! – Kurze Fehlersuche

Passiert den Besten. Aber meistens sind es Kleinigkeiten, die man schnell beheben kann.

  • „Mein Tee schmeckt furchtbar bitter!“ – Du hast ihn wahrscheinlich zu lange ziehen lassen oder die Kräuter im Sieb ausgedrückt. Nächstes Mal einfach ein, zwei Minuten früher abseihen.
  • „Mein Kaltauszug ist nur wässrig…“ – Gib ihm mehr Zeit! Eibisch und Co. brauchen wirklich ihre Stunden, um die Schleimstoffe abzugeben. Geduld ist hier der Schlüssel.
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Noch ein paar praktische Tipps aus der Praxis

Qualität ist alles: Die beste Zubereitung nützt nichts, wenn die Kräuter nichts taugen. Achte auf Arzneibuchqualität, die bekommst du in der Apotheke, im guten Reformhaus oder bei spezialisierten Online-Händlern. Auf der Packung steht dann oft ein Vermerk wie „DAB“ (Deutsches Arzneibuch) oder „Ph. Eur.“ (Europäisches Arzneibuch). So kannst du sicher sein, dass Wirkstoffgehalt und Reinheit stimmen. Rechne für eine solide Grundausstattung mit Kamille, Pfefferminze und Eibischwurzel mit etwa 15 bis 25 Euro.

Lagerung: Licht, Luft, Wärme und Feuchtigkeit sind die Erzfeinde deiner Kräuter. Bewahre sie immer in dunklen, fest verschlossenen Dosen oder Gläsern an einem kühlen, trockenen Ort auf. Und kauf lieber öfter frische, kleine Mengen. Nach einem Jahr ist bei den meisten Kräutern die Puste raus.

Tee auf Vorrat kochen? Das ist so eine Sache. Ein Aufguss mit ätherischen Ölen (wie Pfefferminze) ist immer frisch am besten. Nach ein paar Stunden hat er schon viel von seiner Kraft verloren. Eine Abkochung aus Wurzeln kannst du aber gut morgens zubereiten, in eine Thermoskanne füllen und über den Tag verteilt trinken. Einen Kaltauszug setzt du am besten am Vorabend an und bewahrst ihn nach dem Abseihen im Kühlschrank auf – dort hält er sich gut einen Tag.

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Ein ehrliches Wort zum Schluss

Kräuter sind fantastische Helfer, aber sie sind keine Wundermittel und schon gar keine harmlosen Limonaden. „Natürlich“ heißt nicht automatisch „ungefährlich“.

Sei also vernünftig: Bei leichten Alltagswehwehchen ist ein Tee eine super Sache. Wenn Beschwerden aber länger als drei Tage anhalten, sehr stark sind oder du dir unsicher bist, dann ist der Gang zum Arzt unumgänglich. Das gilt besonders in der Schwangerschaft, Stillzeit oder bei Kindern – hier bitte niemals auf eigene Faust experimentieren! Und wenn du regelmäßig Medikamente nimmst, frag in deiner Apotheke nach, ob es Wechselwirkungen geben könnte.

Nimm dir diese paar Minuten Zeit für die richtige Zubereitung. Es ist ein kleines, achtsames Ritual, das darüber entscheidet, ob du nur heißes Wasser trinkst oder die geballte Kraft der Natur in deiner Tasse hast.

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Macht die Wasserqualität wirklich einen Unterschied?

Absolut! Hartes, kalkhaltiges Wasser kann die feinen Aromen und Wirkstoffe von Heilkräutern binden und neutralisieren. Besonders die zarten Flavonoide und ätherischen Öle können sich nicht voll entfalten. Für ein optimales Ergebnis empfiehlt sich gefiltertes Wasser oder ein stilles Mineralwasser mit niedrigem Mineraliengehalt (unter 50 mg/l), wie es beispielsweise Lauretana oder Plose bieten. Der Unterschied ist nicht nur schmeckbar, sondern maximiert auch die Bioverfügbarkeit der wertvollen Inhaltsstoffe.

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Weniger als 30 % der in Kräutertees enthaltenen Polyphenole werden bei einer typischen 5-minütigen Ziehzeit tatsächlich in die Tasse extrahiert.

Diese Erkenntnis aus der Teeforschung unterstreicht, warum die im Artikel beschriebenen Methoden so entscheidend sind. Eine verlängerte Ziehzeit oder eine Abkochung für robustere Pflanzenteile ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um das volle gesundheitliche Potenzial – insbesondere die antioxidative Wirkung – auszuschöpfen. Der Deckel auf der Tasse während des Ziehens verhindert zudem, dass wertvolle ätherische Öle mit dem Dampf entweichen.

Die richtige Aufbewahrung ist das A und O, damit Ihre Kräuter ihre Kraft nicht schon vor dem Aufguss verlieren. Drei Feinde müssen Sie meiden:

  • Licht: Es zersetzt lichtempfindliche Wirkstoffe. Violettglas, wie das von Miron, bietet den besten Schutz, aber auch braune Apothekergläser oder schlichte Keramikdosen sind ideal.
  • Sauerstoff: Er führt zur Oxidation, besonders bei ätherischen Ölen. Achten Sie auf einen gut schließenden, luftdichten Deckel.
  • Wärme & Feuchtigkeit: Lagern Sie Ihre Schätze niemals über dem Herd oder neben dem Wasserkocher. Ein kühler, trockener Vorratsschrank ist der perfekte Ort.
Romilda Müller

Mein Beruf macht mir echt viel Spaß! Selbst indem ich jeden Tag Beiträge über Themen aus den Bereichen Gartengestaltung, Dekoration, Innendesign, Mode und Lifestyle schreibe, entdecke ich viele interessante Tatsachen. Auch für mich selbst. Zudem schöpfe ich Inspiration für meine eigene Freizeit. Mein Ziel ist es, unserer Leserschaft nützliche Information und unendliche Anregung anzubieten und damit behilflich zu sein. Es freut mich, durch meine Artikel eine große Anzahl von Lesern für unterschiedliche Themen zu begeistern und zu neuen Projekten im Haus und Garten zu ermutigen. Außerdem will ich ihnen gleichzeitig damit Optionen für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten.