Wegwerf-Sneaker oder treuer Begleiter? Was einen Schuh wirklich nachhaltig macht

von Mareike Brenner
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Jeden Tag sehe ich in meiner Werkstatt, was die Zeit aus Schuhen macht. Da kommen Leute mit den alten, geliebten Lederschuhen ihres Vaters, und oft kann ich sie retten. Ein neuer Absatz, eine frische Sohle, ein bisschen gutes Fett fürs Leder – und die Dinger laufen locker noch zehn Jahre. Und dann kommen die anderen. Die mit den Sportschuhen, die kaum ein Jahr alt sind. Die Sohle löst sich ab, das Plastikgewebe ist gerissen. Ehrlich gesagt muss ich da meistens abwinken: „Tut mir leid, da ist Hopfen und Malz verloren.“ Wegwerfware.

Für mich ist das genau das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Seit Jahrzehnten baue und repariere ich Schuhe. Ich habe gelernt, was einen Schuh wirklich langlebig macht, und das hat selten etwas mit dem neuesten Trend zu tun, sondern viel mehr mit ehrlichem Handwerk. Heute redet jeder von „nachhaltigen“ Sportschuhen, was ich super finde! Aber das Wort wird oft nur als Marketing-Gag missbraucht. Ich will dir heute mal ohne Werbe-Blabla zeigen, worauf es wirklich ankommt. Es geht um Material, die Machart und die oft vergessene Frage: Kann man das Ding überhaupt reparieren?

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Ach ja, ganz wichtig vorab: Wenn ich hier von „Sportschuh“ rede, meine ich vor allem den Sneaker für den Alltag. Deinen hochtechnischen Laufschuh für den Marathon klammern wir mal aus – da gelten andere Gesetze, bei denen Dämpfung und Performance oft Vorrang vor Langlebigkeit haben müssen.

Das Innenleben: Warum geklebt nicht genäht ist

Bevor wir über schicke Öko-Materialien sprechen, müssen wir kurz ans Eingemachte. Ein Sneaker besteht grob aus dem Oberschuh (alles, was du siehst), dem Futter, der Brandsohle (dem Fundament im Inneren) und der Laufsohle unten drunter. Entscheidend ist, wie das alles zusammenhält.

Bei 99 % der Sneaker da draußen ist die Sohle einfach nur drunter geklebt. Das nennt man die „zementierte Machart“. Geht schnell in der Fabrik, ist billig und der Grund, warum sich deine Sohle irgendwann an der Spitze löst wie ein müdes Krokodilmaul. Das Problem? Eine dauerhafte Reparatur ist fast unmöglich. Der Spezialkleber aus der Fabrik lässt sich in einer Werkstatt kaum ersetzen. Der Schuh ist damit quasi ein Einwegprodukt.

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Aber es gibt eine bessere, haltbarere Methode: die „Strobel-Machart“. Hier wird der Oberschuh direkt mit der Brandsohle vernäht. Kleiner Tipp: Nimm mal die Einlegesohle aus einem deiner Schuhe. Siehst du am Rand eine saubere, umlaufende Naht? Bingo! Das ist ein super Zeichen für eine flexiblere und haltbarere Verbindung. Wenn so ein Schuh dann noch eine „Cup-Sohle“ hat (eine Sohle mit hochgezogenem Rand), die zusätzlich seitlich am Oberschuh festgenäht ist, wird’s richtig gut. Ein guter Schuster kann diese Naht öffnen und die Sohle ersetzen. Nicht einfach, aber machbar. Das ist der erste, riesige Unterschied zwischen einem Wegwerf-Schuh und einem potenziellen Langzeit-Begleiter.

Die Material-Frage: Ehrlich hingeschaut statt grün gewaschen

Nachhaltigkeit fängt beim Material an, klar. Aber hier lauern auch die größten Greenwashing-Fallen. Lass uns mal Tacheles reden.

Leder: Der unkaputtbare Klassiker?

Leder ist atmungsaktiv, passt sich dem Fuß perfekt an und ist bei guter Pflege extrem langlebig. Aber es kommt auf die Gerbung an. Das meiste Leder wird schnell und billig mit Chromsalzen gegerbt, was für Umwelt und Arbeiter in den Gerbereien ein echtes Problem sein kann. Die bessere, wenn auch teurere Wahl, ist pflanzlich gegerbtes Leder. Das ist ein langsamer, traditioneller Prozess, der das Leder fester und hautfreundlicher macht. Ein Sneaker aus solchem Leder kann dich bei guter Pflege ewig begleiten. Rechnen musst du hier aber eher mit 150 € aufwärts statt mit 70 € für die Chrom-Variante.

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Pflanzenfasern wie Baumwolle & Hanf

Canvas-Schuhe sind super für den Sommer. Wenn du hier auf Nachhaltigkeit achten willst, ist Bio-Baumwolle das absolute Minimum, denn der konventionelle Anbau ist eine ökologische Katastrophe. Noch besser ist Hanf! Die Pflanze ist ein echtes Wunderkind: braucht kaum Wasser, keine Pestizide und ist super reißfest. Fühlt sich anfangs etwas steifer an, wird aber mit jedem Tragen geschmeidiger.

Recyceltes Plastik: Die Ozean-Lüge?

Marken lieben es, damit zu werben: „Hergestellt aus PET-Flaschen, die aus dem Meer gefischt wurden!“ Klingt heldenhaft, ist aber oft nur die halbe Wahrheit. Erstens: Bei jedem Schritt und jeder Wäsche reiben sich winzige Mikroplastik-Partikel ab, die wieder im Wasserkreislauf landen. Zweitens: Ein Schuh aus recyceltem PET kann am Ende nicht wieder zu einem Schuh werden. Es ist also kein Kreislauf, sondern nur eine einmalige Verschiebung des Müllproblems. Besser als neues Plastik, aber weit entfernt von einer echten Lösung.

Achtung, Falle: „Veganes Leder“

Das ist mein Lieblingsthema. „Vegan“ klingt gut, heißt aber oft nur „Plastik“. Hier musst du ganz genau hinschauen:

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  • Der Blender: Meistens ist es billiges PU oder PVC. Das Zeug ist nicht atmungsaktiv (Schweißfüße ahoi!), wird mit der Zeit brüchig und blättert ab. Mir hat neulich eine Kundin ihre teuren „Öko-Sneaker“ gezeigt – nach sechs Monaten löste sich die Beschichtung in Fetzen. Das ist Müll, nicht nachhaltig. Reparatur? Vergiss es.
  • Die Hoffnungsträger: Es gibt aber auch richtig spannende Innovationen. Materialien aus Ananasblättern, Apfelresten oder Kaktusfasern. Die sind oft atmungsaktiver und umweltfreundlicher. Aber auch hier gilt: Oft sind sie mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen, um sie haltbar zu machen. Ihre Langlebigkeit im Alltagstest muss sich oft erst noch beweisen.

Mein Rat: Wenn eine Marke mit „veganem Leder“ wirbt, frag nach, was genau dahintersteckt. Eine ehrliche Firma wird dir das Material genau erklären.

Die Sohle: Dein Kontakt zur Welt

Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Die meisten günstigen Sneaker haben eine Sohle aus EVA, einem leichten, erdölbasierten Schaumstoff. Der dämpft gut, aber nur für eine begrenzte Zeit. Irgendwann ist er „plattgelaufen“. Viel besser ist Naturkautschuk, gewonnen aus dem Saft des Gummibaums. Er ist extrem abriebfest und flexibel. Achte hier auf Hinweise für eine verantwortungsvolle Herkunft, die den Regenwald schützt und lokale Gemeinschaften unterstützt. Auch Sohlen aus recycelten Autoreifen oder Kork sind eine super Sache.

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Made in…? Warum der Produktionsort zählt

Die besten Materialien nützen nichts, wenn Menschen bei der Herstellung ausgebeutet werden. Das ist als Kunde schwer zu überprüfen, aber es gibt Anhaltspunkte. Schuhe, die in Europa gefertigt werden, zum Beispiel in Portugal oder Italien, unterliegen strengeren Arbeits- und Umweltgesetzen. Das hat natürlich seinen Preis. Viele gute Marken produzieren aber auch fair in Asien – der Unterschied ist, dass sie transparent sind. Sie erzählen dir, wo ihre Fabriken stehen und lassen sich von unabhängigen Organisationen kontrollieren, die auf faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen achten.

Misstrauen ist angesagt, wenn eine Marke ein großes Geheimnis aus ihrer Produktion macht.

Dein erster Schritt zur Nachhaltigkeit? Dauert 5 Minuten!

Der nachhaltigste Schuh ist der, den du schon im Schrank hast. Bevor du also losrennst und was Neues kaufst, gib deinen jetzigen Schuhen etwas Liebe. Das ist der einfachste und billigste Weg, um nachhaltiger zu sein.

  • Sauber machen: Bürste den groben Dreck ab. Nimm ein feuchtes Tuch für Flecken. Dauert zwei Minuten und wirkt Wunder.
  • Schützen: Ein gutes Imprägnierspray schützt vor Nässe und Schmutz. Kleiner Tipp: Es gibt mittlerweile tolle umweltfreundliche Sprays auf Wasserbasis, zum Beispiel bei vielen Outdoor-Läden oder online. Kostenpunkt: ca. 10-15 €.
  • In Form halten: Hol dir Schuhspanner aus Holz, vor allem für Lederschuhe. Die Dinger kosten vielleicht 20 € pro Paar, glätten Gehfalten und saugen Feuchtigkeit auf. Eine der besten Investitionen für ein langes Schuhleben!
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Meine Checkliste für deinen nächsten Schuhkauf

Okay, du brauchst also wirklich neue Schuhe. Dann geh es an wie eine Mission. Nimm dir Zeit im Laden oder online und werde zum Detektiv. Das hier ist deine To-do-Liste:

  1. Frag nach der Machart: Ist die Sohle nur geklebt oder siehst du eine Naht an der Seite? Trau dich, den Verkäufer zu fragen oder in der Produktbeschreibung danach zu suchen.
  2. Check das Material-Etikett: Was genau steckt drin? Steht da nur „Synthetik“ oder wird das Material genauer erklärt? Sei skeptisch bei unklaren Begriffen wie „veganes Obermaterial“.
  3. Hinterfrage die Herkunft: Verrät die Marke, wo der Schuh herkommt? Transparenz ist ein gutes Zeichen!
  4. Denk an die Reparatur: Sieht der Schuh so aus, als könnte ein Schuster daran arbeiten? Robuste Materialien und eine vernähte Sohle sind die besten Voraussetzungen.

Ganz ehrlich: Den einen, perfekten, 100% nachhaltigen Schuh gibt es wahrscheinlich nicht. Es ist immer ein Kompromiss. Aber meine Erfahrung aus der Werkstatt sagt mir: Kauf bewusster. Kauf weniger, aber dafür besser. Gib lieber 30 oder 50 Euro mehr für einen fair produzierten Schuh aus guten Materialien aus. Wenn du ihn dann noch gut pflegst, hält er doppelt oder dreifach so lange. Und das ist dann nicht nur gut für deinen Geldbeutel, sondern auch ehrliche, gelebte Nachhaltigkeit.

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Weltweit werden jährlich über 20 Milliarden Paar Schuhe produziert, von denen Schätzungen zufolge mehr als 90 % auf Mülldeponien landen.

Diese schwindelerregende Zahl verdeutlicht, warum die Machart, die der Artikel beschreibt, so entscheidend ist. Ein geklebter Schuh ist Teil des Problems, da er für die Deponie konzipiert ist. Marken wie Veja oder Po-Zu setzen hingegen auf genähte Sohlen und nachwachsende Rohstoffe wie Naturkautschuk. Jeder Schuh, der repariert statt ersetzt wird, ist ein kleiner Sieg gegen den Müllberg.

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Meine Sneaker sehen nach einem Regenschauer mitgenommen aus. Wie pflege ich sie richtig?

Nasse Schuhe sind anfällig, aber der Griff zum Föhn ist der größte Fehler – die Hitze trocknet Leder aus und kann Klebstoffe lösen. Stopfen Sie die Schuhe stattdessen fest mit Zeitungspapier aus; es saugt die Feuchtigkeit schonend auf. Bei Stoff-Sneakern kann man die Schnürsenkel entfernen und separat waschen, das frischt den Look sofort auf. Und für alle Materialien gilt: Eine gute Imprägnierung vor dem ersten Tragen wirkt Wunder und schützt vor dem schlimmsten Schmutz.

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Faschingsdeko, die was aushält: Profi-Tipps aus der Werkstatt für deine Party

  • Verlängert die Lebensdauer um Jahre.
  • Passt sich perfekt der Fußform an.
  • Verhindert, dass die Sohle sich an den Kanten löst.

Das Geheimnis? Eine durchgenähte Sohle. Anders als bei der günstigen, geklebten Variante wird hier die Laufsohle fest mit dem Oberschuh vernäht. Man erkennt sie oft an der sichtbaren Naht am Sohlenrand – ein echtes Qualitätsmerkmal, das nicht nur Stabilität, sondern auch Charakter verleiht.

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Pflanzliches Leder: Materialien wie Piñatex (aus Ananasblättern) oder Vegea (aus Traubenresten) sind innovative, tierfreie Alternativen. Sie sind atmungsaktiv und entwickeln eine einzigartige Patina, können aber in der Abriebfestigkeit variieren.

Recyceltes PET: Aus alten Plastikflaschen wird ein robustes, oft wasserabweisendes Garn gesponnen, das Marken wie Adidas in ihrer Parley-Kollektion verwenden. Der Vorteil ist die Wiederverwertung von Abfall, allerdings kann beim Waschen Mikroplastik freigesetzt werden.

Die Wahl hängt von der Priorität ab: Kreislaufwirtschaft oder rein natürliche Rohstoffe.

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Fasching mit Kids: Eure Bastel-Anleitung gegen Langeweile (und für wenig Geld)

Auch wenn ein Schuhmacher bei einem geklebten Schuh oft abwinkt, ist ein kleiner lokaler Schuster manchmal Gold wert. Fragen Sie gezielt, ob eine kleine Klebestelle mit einem flexiblen Kontaktkleber, wie dem in Werkstätten beliebten Kövulfix, ausgebessert werden kann. Bei einer sich nur leicht lösenden Spitze kann das eine Notreparatur sein, die dem Schuh noch eine weitere Saison schenkt. Eine vollständige, haltbare Neubesohlung bleibt aber das Privileg der genähten Machart.

Der wichtigste Nachhaltigkeits-Tipp: Nutzen Sie, was Sie bereits besitzen. Bevor Sie ein neues, nachhaltiges Paar kaufen, werfen Sie einen Blick auf Ihre aktuellen Schuhe. Ein gutes Paar Schuhspanner aus Zedernholz hält die Form, absorbiert Feuchtigkeit und beugt Gehfalten vor. Oft kann eine professionelle Reinigung und eine neue Innensohle das Tragegefühl komplett verändern und die Liebe zum alten Paar neu entfachen.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.