Infrarotkabine oder Sauna? Was wirklich zu dir passt (und was es kostet)
Ganz ehrlich? Eine der häufigsten Fragen, die mir in der Werkstatt gestellt wird, ist: „Kann ich meine alte Sauna einfach rausreißen und eine Infrarotkabine hinstellen?“ Meine Antwort ist immer dieselbe: Das ist die falsche Frage. Es ist, als würdest du fragen, ob ein Hammer einen Schraubendreher ersetzen kann. Beides sind super Werkzeuge, aber eben für komplett unterschiedliche Jobs.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Kurz und knapp: Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick
- 2 Die Physik dahinter: Heiße Luft gegen wärmende Strahlen
- 3 Das Herzstück: Welcher Strahler-Typ ist der richtige für dich?
- 4 Material und Aufbau: Worauf du wirklich achten solltest
- 5 Die 3 häufigsten (und teuersten) Fehler, die ich immer wieder sehe
- 6 Was kostet der Spaß? Eine ehrliche Einordnung
- 7 Deine kleine Checkliste vor dem Kauf
- 8 Fazit: Das richtige Werkzeug für den richtigen Job
Ich baue und installiere diese Dinger schon eine gefühlte Ewigkeit. Ich habe Saunen nach alter Tradition gezimmert und in den letzten Jahren unzählige Infrarotkabinen bei Leuten zu Hause angeschlossen. Ich habe gesehen, was hält, was nach zwei Jahren den Geist aufgibt und wo man besser ein paar Euro mehr in die Hand nimmt.
Dieses typische Gerede von der „schonenden Alternative“ ist mir viel zu simpel. Klar, es stimmt irgendwie, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Eine Infrarotkabine ist kein Sauna-Light-Produkt. Sie ist etwas Eigenständiges mit einer völlig anderen Wirkungsweise. Vergiss die Prospekt-Sprüche – hier geht’s um die Technik, die Physik und die ehrlichen Fakten, damit du eine gute Entscheidung für deine Gesundheit und dein Zuhause triffst. Wir reden über Strahler-Typen, Holzarten und vor allem über die Elektrik, denn da lauern die größten Gefahren. Am Ende wirst du verstehen, warum die Frage nicht „entweder/oder“ lautet, sondern „welches Werkzeug für welchen Zweck“.

Kurz und knapp: Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick
Bevor wir tief in die Details eintauchen, hier mal die harten Fakten, damit du sofort eine Orientierung hast:
- Die klassische Sauna:
- Temperatur: Heiß! Meist 80–100 °C.
- Wärmeart: Konvektionswärme. Die heiße Luft heizt deinen Körper von außen auf.
- Aufheizzeit: Braucht Geduld, rechne mit 30–60 Minuten.
- Stromverbrauch: Ein typischer Ofen hat 6–9 kW. Eine Sitzung kann schnell mal 2-3 Euro kosten.
- Wirkung: Intensives Herz-Kreislauf-Training, starkes Schwitzen, super zur Abhärtung.
- Platzbedarf: Braucht oft einen Starkstromanschluss und eine gute Belüftung.
- Die Infrarotkabine:
- Temperatur: Angenehm mild, meist nur 40–60 °C.
- Wärmeart: Strahlungswärme. Die Infrarotstrahlen wärmen deinen Körper direkt von innen.
- Aufheizzeit: Ruckzuck! In 10–20 Minuten ist sie startklar.
- Stromverbrauch: Deutlich sparsamer. Eine Kabine hat oft um die 2 kW. Eine 30-minütige Sitzung kostet dich meist unter 40 Cent.
- Wirkung: Sanfte Tiefenwärme, ideal bei Verspannungen, weniger Kreislaufbelastung.
- Platzbedarf: Passt fast überall hin, eine normale Steckdose genügt meistens.

Die Physik dahinter: Heiße Luft gegen wärmende Strahlen
Okay, ein ganz kleiner Ausflug in die Physik, aber keine Sorge, das ist super einfach zu verstehen. Man muss die Energie verstehen, mit der man arbeitet, sonst kauft man am Ende Schrott.
Die finnische Sauna: Einmal Kochen von außen, bitte!
In einer Sauna heizt ein Ofen Steine auf, die dann die Luft in der Kabine erhitzen. Diese heiße Luft umgibt dich und wärmt deinen Körper von außen. Das nennt man Konvektion. Dein Körper schwitzt wie verrückt, weil er versucht, sich gegen diese enorme Hitze von außen zu kühlen. Der Aufguss knallt dann nochmal extra rein, indem er die gefühlte Temperatur durch die hohe Luftfeuchtigkeit kurzzeitig in die Höhe treibt. Ein super intensiver Prozess, der den Kreislauf ordentlich fordert.
Die Infrarotkabine: Wie Sonnenstrahlen an einem kühlen Tag
Hier passiert etwas völlig anderes. Nicht die Luft wird primär erhitzt, sondern direkt dein Körper. Stell dir vor, du stehst an einem kühlen, aber sonnigen Wintertag draußen. Die Luft ist kalt, aber die Sonnenstrahlen auf deiner Haut fühlen sich wunderbar warm an. Genau das ist Infrarotstrahlung.

In der Kabine erzeugen spezielle Strahler diese Wärme, die direkt in deinen Körper eindringt. Die Lufttemperatur bleibt dabei relativ niedrig, oft nur so bei 50 Grad. Man nennt das Tiefenwärme, weil sie dich von innen nach außen wärmt. Das Schwitzen fühlt sich anders an, es setzt oft etwas später ein, ist aber gefühlt intensiver, weil der Körper die innere Wärme loswerden will. Der große Vorteil: Dein Kreislauf wird viel weniger belastet.
Übrigens: Infrarotstrahlung wird in drei Typen unterteilt (A, B und C), die unterschiedlich tief in die Haut eindringen. Die meisten Kabinen für zu Hause nutzen eine sichere Mischung aus IR-B und vor allem IR-C (Langwelle), was eine sanfte, wohlige Wärme erzeugt. Sogenannte Vollspektrumstrahler, die auch IR-A (Kurzwelle) enthalten, sind eher für therapeutische Zwecke gedacht und teurer. Für die normale Entspannung ist das aber meist gar nicht nötig.
Das Herzstück: Welcher Strahler-Typ ist der richtige für dich?
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Die Qualität der Strahler entscheidet über Wohlfühlen oder Ärgern. Kauf nicht die Katze im Sack, sondern versteh die Technik dahinter.

Flächenstrahler (meist aus Carbon)
Das sind diese großen, schwarzen Platten, die du an den Wänden siehst. Sie erzeugen eine sehr milde, gleichmäßige Wärme (fast nur IR-C). Man kann sich relativ nah anlehnen, weil die Oberfläche nicht extrem heiß wird.
- Ideal für: Entspannungssuchende, Familien und alle, die eine sanfte, umhüllende Wärme lieben. Für 90% der Heimanwender ist das ehrlich gesagt die beste und sicherste Wahl.
- Nachteil: Die Aufheizzeit ist etwas länger und die Tiefenwirkung ist nicht ganz so intensiv wie bei Stabstrahlern.
Stabstrahler (aus Keramik oder Quarz)
Das sind Röhren, die oft leicht rötlich glühen. Sie erzeugen eine viel intensivere, punktuellere Wärme (IR-B und IR-C). Die Wärme dringt tiefer ein.
- Ideal für: Sportler oder Menschen mit chronischen Rücken- und Gelenkschmerzen, die eine gezielte, intensive Behandlung wollen.
- Achtung! Die Dinger werden extrem heiß! Ein stabiles Schutzgitter ist absolute Pflicht, und du musst immer einen gewissen Abstand halten.
Kleiner Tipp aus der Praxis: Wenn du dir eine Kabine im Laden ansiehst, frag den Verkäufer, ob du sie mal für 10 Minuten anmachen darfst. Setz dich rein und fühle die Wärmeverteilung. Gibt es kalte Flecken im Rücken- oder Wadenbereich? Eine gute Kabine hat die Strahler so platziert, dass du von allen wichtigen Seiten gleichmäßig gewärmt wirst.
Material und Aufbau: Worauf du wirklich achten solltest
Eine Kabine ist auch ein Möbelstück. Das Holz und die Verarbeitung entscheiden darüber, ob du 15 Jahre Freude daran hast oder dich nach drei Jahren über verzogene Türen ärgerst.
Die Wahl des Holzes – mehr als nur Optik
- Kanadische Hemlock-Tanne: Das ist der solide Golf unter den Hölzern. Formstabil, fast astfrei, geruchsneutral. Ein robustes Arbeitstier, mit dem man nichts falsch macht.
- Rote Zeder (Red Cedar): Das ist die S-Klasse. Sie enthält von Natur aus ätherische Öle und verströmt beim Erwärmen einen fantastischen, beruhigenden Duft. Absolut edel, aber rechne hier mit einem Aufpreis von 30-50% gegenüber Hemlock.
- Fichte oder Kiefer: Findet man oft bei Billigmodellen. Ich bin da vorsichtig. Diese Hölzer können bei Wärme anfangen zu harzen, und das ist eine klebrige Angelegenheit.
Achte auf eine solide Wandstärke. Dünne Wändchen fühlen sich nicht nur billig an, sie isolieren auch schlecht, was deinen Stromverbrauch unnötig in die Höhe treibt.
Verarbeitung und die Sache mit der Elektrik
Schau dir die Details an: Schließt die Tür sauber? Ist das Glas mindestens 8 mm dickes Einscheibensicherheitsglas (ESG)? Das ist ein echtes Sicherheitsmerkmal!
Und jetzt zum wichtigsten Punkt: die Elektrik. Hier gibt es keine Kompromisse. Die meisten Kabinen bis 2.200 Watt laufen an einer normalen Steckdose, aber bitte NIEMALS mit der Waschmaschine an einer Mehrfachsteckdose! Das ist brandgefährlich. Die Kabine sollte idealerweise an einem eigenen, über einen FI-Schutzschalter abgesicherten Stromkreis hängen. Lass das vor dem Kauf von einem Elektriker prüfen. Die 80 bis 150 Euro für diesen Check sind die beste Investition in deine Sicherheit und verhindern, dass du eine 3.000-Euro-Kabine kaufst, die du gar nicht sicher betreiben kannst.
Die 3 häufigsten (und teuersten) Fehler, die ich immer wieder sehe
Im Laufe der Jahre habe ich schon einiges an „Rettungsaktionen“ durchführen müssen. Hier sind die Top 3 Fehler, die du unbedingt vermeiden solltest:
- An der Elektrik sparen: Ich kann es nicht oft genug sagen. Ein fehlender FI-Schalter oder ein überlasteter Stromkreis ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein enormes Risiko.
- Die Kabine in eine enge Nische quetschen: Eine Infrarotkabine braucht Luft zum Atmen! Lass mindestens 5-10 cm Abstand zu den Wänden und zur Decke. Die Elektronik auf dem Dach erzeugt Abwärme, die entweichen muss. Ein Hitzestau kann die Technik beschädigen.
- Nur auf die Optik statt auf die Strahler achten: Eine schicke Glasfront ist toll, aber wenn dahinter billige Strahler mit schlechter Wärmeverteilung stecken, hast du nichts gewonnen. Die Technik ist wichtiger als das Design!
Was kostet der Spaß? Eine ehrliche Einordnung
Reden wir mal über Geld. Die Preisspanne ist riesig, aber hier ist eine grobe Orientierung, damit du weißt, womit du rechnen musst:
- Einsteigerklasse (ca. 1.200 € – 2.000 €): Hier findest du oft Modelle aus Hemlock mit soliden Carbon-Flächenstrahlern. Für den Anfang absolut in Ordnung, aber achte genau auf die Verarbeitung und die Prüfsiegel (TÜV/GS).
- Mittelklasse (ca. 2.500 € – 4.500 €): In diesem Bereich bekommst du oft besseres Holz (z.B. Zeder), hochwertigere Strahler (manchmal auch eine Kombination) und eine bessere Verarbeitung. Das ist der Sweet Spot für die meisten Anwender.
- Premiumklasse (ab 5.000 € aufwärts): Hier sind keine Grenzen gesetzt. Maßanfertigungen, Vollspektrumstrahler, edelste Hölzer und integrierte Soundsysteme. Schön, wenn man es sich leisten kann.
Deine kleine Checkliste vor dem Kauf
Damit du nichts vergisst, hier ein paar simple Punkte zum Abhaken:
- [ ] Platz zu Hause exakt ausgemessen (inkl. Abstand für Belüftung)?
- [ ] Stromanschluss von einem Fachmann für gut befunden?
- [ ] Holz im Laden angefasst und daran gerochen (besonders bei Zeder)?
- [ ] Strahler-Typ verstanden und den für dich passenden gewählt?
- [ ] Türdichtungen und Glas auf Qualität geprüft?
- [ ] Anerkannte Prüfzeichen (VDE, TÜV/GS) vorhanden?
Fazit: Das richtige Werkzeug für den richtigen Job
Also, um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Nein, eine Infrarotkabine ersetzt keine Sauna. Sie muss es auch gar nicht.
Die Sauna ist wie ein intensives Workout. Sie ist heiß, fordernd und ein soziales Ritual. Perfekt, um den Kreislauf auf Hochtouren zu bringen und das Immunsystem abzuhärten.
Die Infrarotkabine ist wie eine sanfte Physiotherapie. Sie arbeitet mit gezielter Tiefenwärme bei milden Temperaturen. Ideal, um nach einem langen Tag Muskelverspannungen zu lösen oder wenn dir die Hitze einer Sauna einfach zu viel ist.
Ich persönlich schätze beides. Nach einem harten Tag auf der Baustelle, wenn der Rücken zwickt, ist die Tiefenwärme der Infrarotkabine ein Segen. Am Wochenende, um richtig abzuschalten und den Körper zu fordern, geht nichts über eine traditionelle Sauna.
Deine Entscheidung hängt also ganz von deinem Ziel ab. Suchst du entspannende, therapeutische Wärme? Dann ist eine gute Infrarotkabine eine fantastische Investition. Liebst du die traditionelle Hitzekultur? Dann bleib bei der Sauna. Aber bitte vergleich nicht Äpfel mit Birnen. Investier in Qualität, achte auf die Sicherheit und hör auf deinen Körper. Dann wirst du verdammt lange Freude an deinem persönlichen Rückzugsort haben.