Kunstblut selber machen: Das Profi-Rezept, das nicht nach Ketchup aussieht
In meiner Werkstatt riecht es oft nach einer wilden Mischung aus Latex, Puder und… Pfefferminz. Ja, wirklich! Das ist ein kleiner Trick, um essbares Kunstblut für Schauspieler erträglicher zu machen, wenn sie es mal wieder im Mund haben müssen. Ich bin seit Ewigkeiten im Maskenbildner-Geschäft für Theater und Film unterwegs und hab eins gelernt: Nichts ist überzeugender als ein Detail, das einfach stimmt. Und Blut gehört da verdammt oft dazu.
Inhaltsverzeichnis
Immer wieder fragen mich junge Kreative oder Hobby-Bastler für Halloween, wie man wirklich gutes Kunstblut hinbekommt. Die meisten Anleitungen im Netz sind zwar schnell, aber das Ergebnis sieht oft furchtbar künstlich aus – eher wie rote Wasserfarbe oder Ketchup. Ganz ehrlich? Das geht so viel besser.
Gutes Kunstblut braucht keine geheimen Zutaten. Es braucht nur ein bisschen Verständnis für die Materie und die richtige Technik. Es geht um die perfekte Farbe, die richtige Zähflüssigkeit und wie das Ganze am Ende trocknet. In diesem Guide teile ich mein Wissen aus der Praxis. Du lernst nicht nur Rezepte, sondern auch, warum sie funktionieren. Von der frischen Wunde bis zur alten, fiesen Kruste. Mit etwas Geduld und den richtigen Zutaten zauberst du ein Ergebnis, das täuschend echt aussieht und sicher in der Anwendung ist.

Die Grundlagen: Was Kunstblut überzeugend macht
Bevor wir die Töpfe rausholen, müssen wir kurz verstehen, was wir da eigentlich nachmachen. Echtes Blut ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit. Wenn wir die wichtigsten Eigenschaften kennen, können wir sie gezielt fälschen. Das ist die Basis für jedes gute Rezept.
Die Farbe: Mehr als nur Knallrot
Hast du schon mal echtes Blut genau angesehen? Frisches, sauerstoffreiches Blut ist hellrot. Sobald es an die Luft kommt, beginnt es zu oxidieren. Das Eisen darin reagiert und die Farbe wird schnell dunkler, fast bräunlich. Altes, getrocknetes Blut ist sogar fast schwarzbraun.
Für unser Kunstblut bedeutet das: Reines Rot ist fast immer falsch. Wir müssen die Farbe brechen. Ein winziger Tropfen grüne oder blaue Lebensmittelfarbe in der roten Mischung wirkt hier absolute Wunder. Grün ist die Komplementärfarbe zu Rot – es nimmt dem Rot diese künstliche Leuchtkraft und macht es sofort erdiger und natürlicher. Ein Löffelchen ungesüßtes Kakaopulver oder löslicher Kaffee sorgt zusätzlich für die bräunliche Tiefe, die wir für älteres Blut brauchen.

Die Viskosität: Wie es fließt und tropft
Viskosität ist nur ein schickes Wort dafür, wie zähflüssig etwas ist. Wasser fließt schnell, Honig langsam. Blut ist dicker als Wasser, es bildet schwere Tropfen und spritzt nicht wie gefärbte Plörre. Die Basis für die richtige Dicke ist in den meisten Rezepten ein einfacher Zuckersirup. Glukosesirup, den du in der Backabteilung findest, ist ideal. Er ist klar, dickflüssig und gibt dem Kunstblut einen leicht feuchten Glanz, genau wie das Original.
Um die Konsistenz dann perfekt einzustellen, nehmen wir Speisestärke oder Mehl. Damit können wir steuern, ob das Blut langsam eine Wand runterlaufen oder als dicker Klumpen in einer Wunde bleiben soll.
Das Trocknungsverhalten: Glänzend oder doch lieber krustig?
Frisches Blut glänzt feucht. Beim Trocknen zieht es sich zusammen, wird dunkler und kann eine rissige Kruste bilden. Das Problem bei vielen DIY-Rezepten auf Sirupbasis: Sie trocknen nie wirklich, sondern bleiben ewig klebrig. Das kann gewollt sein, ist aber oft unpraktisch, weil es alles und jeden verschmiert.

Für Effekte, die trocken und haltbar sein sollen, gibt es Tricks. Wir Profis nutzen dafür oft spezielle Zusätze, aber für den Hausgebrauch zeige ich dir später ein Rezept für eine richtig schön krustige Paste.
Die Werkstatt: Was du brauchst (und was es kostet)
Gute Vorbereitung ist alles. Such dir alles zusammen, bevor du anfängst, das erspart dir eine Menge Stress und eine riesige Sauerei in der Küche. Du brauchst keine teure Ausrüstung, das meiste hast du wahrscheinlich schon da.
Rechne mal mit etwa 10-15 Euro für alle Basiszutaten. Der Vorteil: Damit kannst du literweise Kunstblut herstellen, das reicht also eine ganze Weile.
Wichtige Zutaten:
- Glukosesirup (oder Maissirup): Unsere Basis für den Glanz und die Zähigkeit. Findest du in jedem größeren Supermarkt bei den Backzutaten für ca. 3-4 Euro. Heller Rübensirup geht zur Not auch, bringt aber schon eine Eigenfarbe mit.
- Speisestärke (Mais oder Kartoffel): Unser Verdickungsmittel. Gibts für ein, zwei Euro.
- Wasser: Zum Verdünnen und Anrühren.
- Rote Lebensmittelfarbe: Die Grundlage. Am besten flüssig, die lässt sich leichter mischen. Gib ruhig ein paar Euro mehr für eine intensive Farbe aus, es lohnt sich.
- Blaue oder grüne Lebensmittelfarbe: Nur ein paar Tröpfchen, um das Rot zu „entschärfen“.
- Kakaopulver (ungesüßt!): Sorgt für eine bräunliche Tiefe und macht das Blut undurchsichtiger, was die festen Bestandteile im echten Blut imitiert.
- Löslicher Kaffee (Pulver): Eine super Alternative zu Kakao für einen etwas anderen Braunton.

Nützliche Werkzeuge:
- Messbecher und Löffel
- Eine Küchenwaage (ist genauer für Pulver)
- Mehrere Schüsseln (Glas oder Metall, da sie sich nicht verfärben)
- Ein Schneebesen (dein bester Freund gegen Klumpen)
- Ein kleiner Topf
- Luftdichte Behälter zur Aufbewahrung (Einmachgläser sind perfekt)
- Etiketten, um deine Mischungen zu beschriften („Spritzblut“, „Mundblut“, etc.)
Die Rezepte: Von Alleskönner bis Spezialfall
So, jetzt geht’s ans Eingemachte! Plane für die Herstellung etwa 15-20 Minuten ein. Ich zeige dir drei Grundrezepte, die wir in der Praxis ständig leicht anpassen. Sieh die Mengenangaben also als Startpunkt und spiele damit herum, bis es für deinen Zweck perfekt ist.
Bevor du dich für eins entscheidest, hier ein kurzer Überblick:
- Das Standard-Filmblut: Der Alleskönner für Kleidung, Deko und Requisiten. Sieht super aus, ist aber klebrig und färbt alles ein. Nicht essbar!
- Das essbare Mundblut: Absolut sicher für den Mund, schmeckt süßlich. Dünnflüssiger, perfekt zum Husten oder für blutende Lippen.
- Das krustige Schorfblut: Eine dicke Paste für alte, trocknende Wunden. Ideal zum Modellieren.

Rezept 1: Das Standard-Filmblut (Für Kleidung & Deko)
Dieses Rezept ist unser Arbeitstier. Tolle Farbe, super Konsistenz und günstig. Aber Achtung, ich kann es nicht oft genug sagen: Es basiert auf Zucker und Lebensmittelfarbe. Das bedeutet, es färbt Textilien und poröse Oberflächen DAUERHAFT ein!
Zutaten:
- 250 ml Glukosesirup
- 50 ml warmes Wasser
- 15 g Speisestärke
- 1 TL rote Lebensmittelfarbe (ca. 5 ml)
- 2-3 Tropfen grüne Lebensmittelfarbe
- 1 TL Kakaopulver
Anleitung:
- Rühre die Speisestärke in einer kleinen Schüssel mit dem warmen Wasser klumpenfrei an. Das ist der wichtigste Schritt, um Klumpen zu vermeiden!
- Gieß den Glukosesirup in eine größere Schüssel und gib die Stärke-Paste dazu. Gut verrühren.
- Jetzt die rote Lebensmittelfarbe rein und alles mischen. Keine Sorge, es wird erstmal extrem knallig rot aussehen.
- Nun brechen wir die Farbe: Gib das Kakaopulver hinzu und rühre geduldig, bis eine homogene, dunklere Masse entsteht.
- Zum Schluss der Magie-Moment: Gib EINEN Tropfen grüne Farbe dazu, rühre und schau dir die Farbe an. Meistens reicht das schon. Wenn nicht, gib noch einen Tropfen dazu. Das Ziel ist ein tiefes, glaubwürdiges Rot.
- Lass die Mischung kurz stehen, damit Luftbläschen entweichen können.
Kleiner Tipp: Brauchst du es dicker für eine Wunde? Nimm einfach einen Löffel mehr Stärke. Dünner für Blutspritzer? Ein Schuss mehr Wasser genügt. Dieses Blut hält sich im Kühlschrank in einem Glas etwa eine Woche.

Rezept 2: Essbares Mundblut (Sicher & lecker … naja, fast)
Wenn Blut im oder am Mund verwendet wird, hat Sicherheit oberste Priorität. Hier kommen nur Zutaten rein, die man auch essen kann. Der Pfefferminztrick macht es für Darsteller angenehmer, es länger im Mund zu behalten.
Zutaten:
- 100 ml Ahornsirup oder dunkler Rübensirup
- 2 EL Wasser
- 1/2 TL rote Lebensmittelfarbe
- 1 Tropfen blaue Lebensmittelfarbe
- Optional: 1-2 Tropfen Pfefferminzaroma
Anleitung:
- Gib den Sirup in eine Schüssel. Ahornsirup hat schon einen leichten Braunton, was uns bei der Farbe entgegenkommt.
- Mit dem Wasser verdünnen, damit es besser aus dem Mundwinkel laufen kann.
- Rote Farbe sorgfältig untermischen.
- Jetzt einen einzigen Tropfen Blau dazu. Das dunkelt die Farbe ab und gibt ihr einen Stich ins Violette, was bei Mundblut oft sehr realistisch aussieht.
- Wenn du magst, jetzt das Pfefferminzaroma rein. Umrühren, fertig.
Wichtig: Das Zeug ist quasi flüssiger Zucker und damit ein Paradies für Bakterien. Immer frisch anmischen, am selben Tag verbrauchen und Reste sofort in den Kühlschrank stellen!

Rezept 3: Krustiges Schorfblut (Für alte Wunden)
Manchmal ist flüssiges Blut gar nicht gefragt. Für eine ältere Verletzung brauchen wir eine dicke, unregelmäßige Paste.
Zutaten:
- 2 EL von deinem Standard-Filmblut (Rezept 1)
- 1 TL Kakaopulver
- 1 TL lösliches Kaffeepulver
- Optional: Ein paar zerbröselte Cornflakes oder Brotkrümel für Textur
Anleitung:
- Nimm dein fertiges Standard-Blut als Basis.
- Mische das zusätzliche Kakao- und Kaffeepulver unter. Die Mischung wird sofort dicker und viel dunkler, fast schwarzbraun.
- Rühre, bis eine zähe Paste entsteht.
- Für eine richtig fiese, krustige Textur kannst du jetzt eine Prise zerbröselter Cornflakes untermischen. Das imitiert perfekt geronnenes Blut.
Trage die Paste mit einem kleinen Spatel auf. Sie trocknet an der Oberfläche an, bleibt darunter aber weich.
Hilfe! Was tun, wenn’s schiefgeht? (Und die Sauerei danach)
Kein Meister ist vom Himmel gefallen. Hier sind Lösungen für die häufigsten Probleme und Tipps zum Aufräumen.
- Problem: Mein Blut ist pink! Keine Panik. Du hast eine zu leuchtende rote Farbe erwischt. Gib einen winzigen Tropfen Grün dazu. Wirklich nur einen Tropfen, umrühren, ansehen. Wiederholen, bis der Ton stimmt.
- Problem: Es klumpt! Du hast die Stärke direkt in die warme Masse gegeben. Merkregel: Stärke immer zuerst in einer kleinen Menge kalter Flüssigkeit glatt rühren, bevor sie zum Rest kommt.
- Und wie kriege ich das wieder ab? Von der Haut geht es meistens mit warmem Wasser, Seife und etwas Geduld. Von glatten Oberflächen wie Waschbecken am besten sofort wegwischen. Und von Kleidung? Ehrlich gesagt, betrachte Kleidung, die damit in Berührung kommt, als Requisite. Die Chancen, dass du die Flecken wieder rausbekommst, sind minimal.

Sicherheit zuerst: Mein wichtigster Rat
Bei aller Kreativität, die Sicherheit von dir und deinen „Opfern“ geht immer vor. Das ist die allerwichtigste Lektion.
- Hautverträglichkeit testen: Mach IMMER einen Patch-Test. Eine kleine Menge in die Armbeuge, Pflaster drauf, 24 Stunden warten. Bei Rötung oder Juckreiz: Finger weg von der Haut dieser Person! Allergien gegen rote Lebensmittelfarbe sind häufiger, als man denkt. Ich habe einmal aus Zeitdruck darauf verzichtet und eine Vorstellung musste unterbrochen werden, weil ein Darsteller heftig reagierte. Den Fehler machst du nur einmal.
- Niemals in die Augen: Selbstgemachtes Kunstblut hat nichts, aber auch gar nichts in oder an den Augen zu suchen. Für solche Effekte gibt es spezielle, medizinisch geprüfte Produkte von professionellen Theater-Ausstattern.
- Achtung im Sommer: Planst du einen Dreh im Freien? Der Zucker in deinem Kunstblut ist eine offene Einladung für Wespen und andere Insekten. Das ist kein Witz und kann schnell gefährlich werden.
- Hygiene: Deine Mischungen basieren auf Lebensmitteln. Lagere Reste im Kühlschrank und nicht länger als eine Woche. Wenn es komisch riecht oder gärt – sofort weg damit.

Ein letzter Gedanke…
Kunstblut herzustellen ist wie Kochen und Malen gleichzeitig. Man lernt es durch Ausprobieren. Fang mit dem Standardrezept an, spiele mit den Mengen und schau, was passiert. Leg dir eine kleine Sammlung von Referenzbildern an. Wie sieht eine Schürfwunde wirklich aus? Wie trocknet Nasenbluten?
Die besten Effekte entstehen, wenn man das Material versteht. Oft erzählt ein einziger, perfekt platzierter Tropfen Blut mehr als ein ganzer Eimer. Hab Geduld, hab Respekt vor dem Detail, und jetzt… viel Spaß beim Mischen!
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Das Blut schmeckt nach … nichts?
Für Szenen oder Kostüme, bei denen das Kunstblut in den Mund gelangen kann, ist der Geschmack entscheidend. Die meisten Rezepte auf Basis von Maissirup sind extrem süß. Ein kleiner Trick aus der Filmbranche: Fügen Sie einen Tropfen Pfefferminz- oder Bittermandel-Extrakt hinzu. Dies neutralisiert nicht nur die aufdringliche Süße, sondern macht die Erfahrung für den Schauspieler oder den Halloween-Gast deutlich angenehmer. Für eine salzige Note, die echtem Blut näherkommt, kann eine winzige Prise Salz Wunder wirken – aber Vorsicht, zu viel davon kann die Konsistenz verändern!

„Der häufigste Fehler ist die falsche Anwendung. Selbst das beste Blutrezept sieht künstlich aus, wenn es einfach nur auf die Haut aufgetragen wird.“ – David-Alexandre Chanel, SFX Makeup Artist
Statt das Blut nur aufzupinseln, arbeiten Sie mit der Schwerkraft. Lassen Sie es natürlich laufen, tropfen und sich in Hautfalten sammeln. Für Spritzer-Effekte tauchen Sie die Borsten einer alten Zahnbürste in die Mischung und schnippen Sie mit dem Daumen darüber – das erzeugt einen feinen, realistischen Nebel, den Sie mit einem Pinsel niemals hinbekommen würden.
Option A: Flüssige Lebensmittelfarbe. Sie ist günstig und überall erhältlich, hat aber einen Nachteil: Ihre wässrige Basis kann die zähflüssige Textur Ihres Blutes verdünnen und das Ergebnis durchscheinend machen. Ideal für das Färben von Getränken oder um Kleidung leicht zu „tränken“.
Option B: Gel- oder Pastenfarben. Diese Farben, oft von Marken wie Wilton oder Sugarflair im Backbedarf zu finden, sind hochkonzentriert. Ein winziger Klecks genügt, um eine tiefe, satte Farbe zu erzielen, ohne die Viskosität der Mischung zu beeinträchtigen. Das ist die Wahl der Profis für realistisches Wunden-Make-up.



