Filzherzen selber machen: Dein kompletter Guide für wunderschöne Ergebnisse
Es gibt Materialien, die fühlen sich einfach… echt an. Filz gehört für mich absolut dazu. Wenn man ein Stück echten Wollfilz in der Hand hält, spürt man sofort diese Wärme, diese Dichte. Es ist ein ehrliches, unglaublich vielseitiges Material, mit dem man so viel mehr machen kann als nur ein bisschen basteln.
Inhaltsverzeichnis
Heute will ich dir zeigen, wie du wunderschöne Filzherzen herstellen kannst. Aber Achtung: Das hier wird keine dieser 5-Minuten-Anleitungen, die am Ende nur enttäuschen. Wir nehmen uns die Zeit, das Ganze richtig zu machen, so als würdest du neben mir in der Werkstatt stehen. Wir schauen uns das Material genau an, die Werkzeuge und drei ganz unterschiedliche Techniken. Also, schnapp dir was zu trinken, mach’s dir gemütlich – wir legen los!
Erstmal zum Material: Was ist eigentlich guter Filz?
Bevor du auch nur eine Schere in die Hand nimmst, müssen wir kurz über das Material sprechen. Denn Filz ist nicht gleich Filz, und die richtige Wahl entscheidet wirklich über alles. Im Laden findest du meistens zwei grundverschiedene Arten.

Echter Wollfilz: Das Material der Profis
Das ist das gute Zeug. Echter Wollfilz besteht zu 100 % aus Tierhaar, meistens von Schafen. Die einzelnen Wollfasern haben mikroskopisch kleine Schüppchen. Durch Wärme, Feuchtigkeit und Reibung verhaken sich diese Schuppen unlösbar ineinander – das ist der eigentliche Filzprozess. Das Ergebnis ist ein robuster, schmutzabweisender und sogar schwer entflammbarer Stoff, der sich einfach wunderbar anfühlt. Für alles, was hochwertig aussehen und lange halten soll, ist das deine erste Wahl.
Gut zu wissen: Ein Bogen guter Wollfilz (ca. 20×30 cm) kostet je nach Dicke und Qualität oft zwischen 3 € und 6 €. Das ist zwar mehr als für Bastelfilz, aber der Unterschied ist riesig.
Bastelfilz: Die günstige Alternative
Der bunte Filz aus der Bastelabteilung ist meistens aus Kunstfasern wie Polyester gemacht. Diese Fasern haben keine Schuppen, sie werden einfach mit Hitze oder Klebstoff zusammengepresst. Er ist super billig (oft unter 1 € pro Bogen) und in knalligen Farben erhältlich, aber ehrlich gesagt, ist er nicht sehr langlebig. Er neigt schnell zu Knötchenbildung (Pilling) und fühlt sich einfach nicht so wertig an. Für schnelle Basteleien mit Kindern ist er okay, aber für ein Herz, das Freude machen soll, würde ich die Finger davon lassen.

Übrigens, wenn du nach Wolle zum Selberfilzen suchst, wirst du auf Begriffe wie Vlieswolle, Märchenwolle oder Kammzug stoßen. Das sind im Grunde alles Bezeichnungen für die lose, kardierte Wolle, die du für das Nadel- und Nassfilzen brauchst.
Das richtige Werkzeug: Was du wirklich brauchst
Gutes Werkzeug ist die halbe Miete, das ist einfach so. Du brauchst keine Profi-Ausstattung, die hunderte von Euro kostet, aber ein paar grundlegende Dinge machen dir das Leben so viel leichter.
Die Grundausstattung für jedes Projekt:
- Eine gute Stoffschere: Wirklich, investier hier 15-20 €. Und benutze sie NIEMALS für Papier! Papier macht die Klingen sofort stumpf. Eine scharfe Schere gleitet durch den Filz und sorgt für saubere Kanten.
- Stecknadeln: Feine, scharfe Nadeln sind ideal, sie hinterlassen keine großen Löcher.
- Maßband & Geodreieck: Für saubere Schablonen ist das unerlässlich.
- Stift zum Anzeichnen: Ein selbstlöschender Trickmarker ist genial. Ansonsten tut es auch Schneiderkreide oder ein ganz weicher Bleistift.

Zusätzliches Werkzeug je nach Technik:
Für genähte Herzen: Nähnadeln, schönes Garn (Sticktwist für ca. 1,50 € pro Dock sieht toll aus) und etwas Füllwatte (ein kleiner Beutel kostet um die 4-5 €).
Für genadelte Herzen: Spezielle Filznadeln mit Widerhaken und eine Filzunterlage (ein dickes Stück Schaumstoff oder eine spezielle Bürste). Ein Starter-Set mit ein paar Nadeln und einer Unterlage bekommst du oft schon für 15-25 €. Unbedingt notwendig, damit du dir nicht den Tisch ruinierst oder die Nadeln abbrichst.
Für nasse Herzen: Hier brauchst du lose Vlieswolle, eine Schüssel warmes Wasser, Kern- oder Olivenseife und eine Unterlage wie eine Bambusmatte oder Luftpolsterfolie.
Drei Wege zum Herz: Welche Technik passt zu dir?
Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Jede Technik hat ihren eigenen Charme. Bevor wir loslegen, hier eine kleine Entscheidungshilfe:
- Nähen: Ideal für Anfänger. Du bekommst ein weiches, klassisches Herz. Perfekt für Anhänger. Zeitaufwand: ca. 1-2 Stunden für dein erstes Herz.
- Nadelfilzen: Für Kreative mit etwas Geduld. Das Ergebnis ist ein festes, nahtloses Objekt. Sehr meditativ! Zeitaufwand: Je nach Größe und Dichte 1-3 Stunden.
- Nassfilzen: Die traditionelle Königsdisziplin. Körperlich anstrengender, aber das Ergebnis ist ein extrem dichtes, robustes Herz. Eher ein Nachmittagsprojekt. Zeitaufwand: inkl. Trocknen mindestens 24 Stunden, die reine Arbeitszeit liegt bei ca. 1-2 Stunden.
Methode 1: Das genähte Herz (Perfekt für den Einstieg)
Diese Methode ist super, um ein Gefühl für das Material zu bekommen. Das Ergebnis ist ein weiches, plastisches Herz, das man toll als Anhänger, Schlüsselanhänger oder Deko verwenden kann.
Deine Einkaufsliste für den Start: 1 Bogen Wollfilz in deiner Lieblingsfarbe (ca. 3-6 €), 1 Dock Sticktwist in passender oder Kontrastfarbe (ca. 1,50 €), 1 kleiner Beutel Füllwatte (ca. 4 €). Den Rest hast du wahrscheinlich schon zu Hause.
- Schablone basteln: Zeichne ein symmetrisches Herz auf Pappe und schneide es sauber aus. Eine Höhe von 8-10 cm ist ein super Maß für den Anfang.
- Zuschneiden: Lege die Schablone auf den Filz, zeichne die Form zweimal nach und schneide die beiden Herzen exakt aus.
- Zusammennähen: Lege die beiden Filzteile exakt aufeinander. Der schönste Stich hierfür ist der Festonstich (auch Schlingstich). Er fasst die Kanten sauber ein und sieht super dekorativ aus. Führe die Nadel von hinten nach vorne durch beide Lagen und ziehe sie dann durch die Schlaufe, die der Faden bildet, bevor du ihn festziehst. Klingt kompliziert? Such einfach mal auf einer Videoplattform nach „Festonstich Anleitung“, da siehst du es am besten.
- Füllen: Nähe fast einmal komplett herum, aber lass eine Öffnung von ca. 3 cm. Jetzt kommt die Füllwatte. Wichtig: Zupfe die Watte in ganz kleine Flöckchen, damit es keine Klumpen gibt! Stopf das Herz vorsichtig, aber schön prall aus. Mit einem Essstäbchen oder dem Ende eines Stiftes kommst du gut in die Spitzen.
- Verschließen & Aufhängen: Nähe die Öffnung zu. Wenn du einen Aufhänger möchtest, kannst du oben einfach eine Schlaufe aus deinem Garn oder einem schönen Band mit einnähen. Fertig!
Methode 2: Das genadelte Herz (Meditatives Formen)
Hier formst du das Herz direkt aus loser Wolle. Das braucht etwas Geduld, aber es ist faszinierend zu sehen, wie aus einem losen Wollberg ein festes Objekt wird.
Achtung, jetzt mal ernsthaft: Filznadeln sind brutal scharf und haben Widerhaken. Bitte arbeite immer konzentriert und stich von dir weg. Halte die Wolle flach mit den Fingern, aber immer mit sicherem Abstand zur Nadel. Wenn die Nadel auf etwas Hartes trifft, bricht sie sofort. Pass auf dich auf!
- Wolle vorbereiten: Nimm ein gutes Stück Vlieswolle. Als Faustregel: Für ein Herz von ca. 8-10 cm brauchst du etwa 10-15 Gramm Wolle. Das fertige Objekt ist immer viel kleiner und dichter als der lose Wollberg am Anfang.
- Grundform filzen: Forme die Wolle grob zu einer Kugel und lege sie auf deine Filzunterlage. Stich nun gleichmäßig mit der Filznadel hinein. Drehe das Wollknäuel dabei ständig. Du hörst richtig, wie die Wolle fester wird – das Geräusch ändert sich.
- Herz formen: Sobald du eine feste Kugel hast, beginnst du mit dem Modellieren. Drücke mit den Fingern oben die typische Kerbe hinein und bearbeite diese Stelle gezielt mit der Nadel, um sie zu vertiefen. Forme die Spitze unten genauso. Immer wieder drehen und von allen Seiten bearbeiten.
- Verdichten: Mach so lange weiter, bis das Herz richtig fest ist und keine losen Fasern mehr abstehen. Für eine extra glatte Oberfläche kannst du am Ende eine feinere Nadel nehmen.
Kleiner Trick: Für ein perfekt symmetrisches, flaches Herz kannst du eine Plätzchenausstechform als Schablone verwenden. Leg sie auf die Unterlage, fülle sie mit Wolle und filze die Wolle innerhalb der Form fest.
Methode 3: Das nass gefilzte Herz (Die traditionelle Kunst)
Das ist die älteste Technik von allen. Sie ist ein kleines Workout, aber das Ergebnis ist unschlagbar: ein extrem dichtes, langlebiges Herz, bei dem du die Verwandlung der Fasern in deinen Händen spürst.
- Arbeitsplatz einrichten: Leg ein altes Handtuch unter, darauf deine Bambusmatte oder Luftpolsterfolie (Noppen nach oben). Eine Schüssel warmes Wasser und Seife daneben.
- Wolle auslegen: Zupfe dünne Lagen Wolle ab und lege sie in Herzform auf deine Matte. Lege mehrere Schichten (mindestens 4-5) übereinander, immer im 90-Grad-Winkel versetzt. Wichtig: Plane großzügig! Die Wolle schrumpft um ca. 30-40 %, dein ausgelegtes Herz muss also viel größer sein als das geplante Ergebnis.
- Anfilzen: Befeuchte die Wolle vorsichtig mit seifigem Wasser. Dann legst du die flache Hand darauf und reibst mit ganz sanften, kreisenden Bewegungen. Du merkst, wie die Fasern sich langsam verbinden.
- Walken: Wenn sich nichts mehr verschiebt, erhöhst du den Druck. Rolle die Wolle in der Matte fest auf und rolle diese Wurst mit Druck auf dem Tisch hin und her. Ausrollen, um 90 Grad drehen, wieder einrollen und weiterwalken. Immer und immer wieder. Das ist der anstrengende Teil!
- Spülen und Formen: Wenn der Filz fest ist, spülst du ihn unter fließendem Wasser aus (abwechselnd warm und kalt, das schockt die Fasern). Drücke ihn gut aus (nicht wringen!) und bringe ihn in die endgültige Herzform.
- Trocknen: Jetzt braucht es Geduld. Lass das Herz 1-2 Tage an der Luft trocknen.
Profi-Tipp: Ein kleiner Schuss Essig im letzten Spülwasser neutralisiert die Seife und lässt die Farben leuchten.
Der letzte Schliff: So wird dein Herz einzigartig
Ein einfaches Herz ist schon schön, aber die kleinen Details machen es zu etwas Besonderem.
- Bestickungen: Ein genähtes oder genadeltes Herz kannst du wunderbar mit einfachen Stichen (Stielstich, Kettenstich) besticken. Auch ein paar aufgenähte Perlen sehen toll aus.
- Naturmaterialien: Binde dein Herz an ein Stück Treibholz oder einen schönen Ast für eine tolle Wanddeko. Die Kombination aus weichem Filz und rauhem Holz ist einfach unschlagbar.
- Formstabilisierung: Wenn ein flaches Herz (z.B. als Fensterschmuck) steif werden soll, kannst du es in eine Mischung aus Wasser und Wäschestärke tauchen und flach trocknen lassen. Das funktioniert besser und natürlicher als Klebstoff.
Häufige Fehler (und wie du sie locker vermeidest)
Ganz ehrlich, niemand startet als Meister. Ich erinnere mich noch gut, wie meine ersten nass gefilzten Herzen aussahen wie unförmige, graue Kartoffeln, weil ich einfach zu ungeduldig beim Walken war. Hier sind die häufigsten Stolpersteine:
- Das genähte Herz ist klumpig: Du hast die Füllwatte in zu großen Stücken reingestopft. Lösung: Zupf die Watte immer in winzige Flöckchen. Geduld zahlt sich aus!
- Das genadelte Herz ist fusselig: Du warst zu ungeduldig oder hast zu wenig Wolle genommen. Lösung: Einfach weitermachen! Ein festes Herz braucht Tausende von Stichen. Es ist ein Prozess.
- Beim Nassfilzen entstehen Löcher: Die Wolle war nicht gleichmäßig oder in zu wenigen Schichten ausgelegt. Lösung: Lieber eine dünne Schicht mehr als eine zu wenig.
Ein letztes, wichtiges Wort zur Sicherheit
Denk dran: Filznadeln sind spitz, bewahre sie sicher auf. Und wenn du etwas für Kinder herstellen willst, das als Spielzeug dienen soll, gelten ganz strenge gesetzliche Vorschriften zur Sicherheit von Materialien und Reißfestigkeit. Diese Anleitung hier ist für Deko-Objekte gedacht, nicht für zertifiziertes Kinderspielzeug.
So, jetzt hast du einen wirklich tiefen Einblick bekommen. Ich hoffe, du hast richtig Lust bekommen, es selbst zu probieren. Es geht nicht darum, beim ersten Versuch das perfekte Herz zu schaffen. Es geht um die Freude am Machen, am Material und am Ende ein wunderschönes, selbstgemachtes Stück in den Händen zu halten. Das ist ein unbezahlbares Gefühl.
Viel Spaß in deiner eigenen kleinen Werkstatt!