Dein ewiger Garten im Glas: Die ultimative Anleitung für Anfänger (mit Profi-Tricks!)
Ich vergesse nie meinen allerersten Flaschengarten. Der stand nicht in irgendeinem Hochglanzmagazin, sondern in der staubigen Werkstatt meines alten Lehrmeisters. Ein riesiger, bauchiger Glasballon, in dem seit Ewigkeiten ein kleiner Farn vor sich hin wuchs. Er hat das Ding so gut wie nie aufgemacht. „Der sorgt für sich selbst, Junge“, meinte er immer. „Du musst nur am Anfang alles richtig machen.“ Und ganz ehrlich, dieser eine Satz ist hängengeblieben. Er ist die goldene Regel für jeden, der so ein kleines Wunder erschaffen will.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das Geheimnis im Glas: Wie funktioniert das eigentlich?
- 2 Die Einkaufsliste: Was du wirklich brauchst (und was es kostet)
- 3 Die Pflanzen: Wer darf einziehen und wer muss draußen bleiben?
- 4 Schritt für Schritt: Dein Weg zum eigenen Biotop
- 5 Die ersten Wochen: Beobachten ist alles
- 6 Erste Hilfe: Was tun, wenn’s doch mal Probleme gibt?
- 7 Ein letztes Wort…
- 8 Bildergalerie
Heute sehe ich diese Mini-Gärten überall. Oft sehen sie fantastisch aus, aber leider nur für ein paar Wochen. Dann fängt das Drama an: gelbe Blätter, Schimmel, die Pflanzen geben auf. Das liegt fast immer an kleinen Fehlern, die ganz am Anfang gemacht wurden. Fehler, die du aber locker vermeiden kannst, wenn du das Prinzip dahinter einmal verstanden hast.
Ein Flaschengarten, den die Profis auch Hermetosphäre nennen, ist eben kein normaler Blumentopf. Es ist ein winziges, geschlossenes Ökosystem. Wenn es richtig angelegt ist, kann es jahrelang ohne dein Zutun überleben. In dieser Anleitung zeige ich dir, wie das geht – ohne kompliziertes Fachchinesisch, dafür mit dem Wissen aus der Praxis. Wir klären alles, von der Wahl des richtigen Glases bis zur Erde, damit du am Ende ein stabiles Biotop hast, an dem du ewig Freude hast.

Das Geheimnis im Glas: Wie funktioniert das eigentlich?
Bevor wir uns die Hände schmutzig machen, lass uns kurz verstehen, was da drin überhaupt passiert. Stell dir den Flaschengarten einfach wie eine Mini-Erde vor. Alles ist ein Kreislauf.
Der Wasserkreislauf: Das ist der einfachste Teil. Die Pflanzen saugen Wasser über die Wurzeln auf und „schwitzen“ es über die Blätter wieder aus. Diese Feuchtigkeit kann im geschlossenen Glas nicht weg. Sie kondensiert an der kühleren Glaswand, bildet Tropfen und regnet quasi auf die Erde zurück. Perfekt, oder? Darum ist zu viel Wasser am Anfang der Killer Nummer eins. Die Pflanzen ertrinken förmlich.
Der Gaskreislauf: Auch Pflanzen atmen. Tagsüber, mit Licht, machen sie Photosynthese: Sie verwandeln CO2 in lebenswichtigen Sauerstoff. Nachts dreht sich das Ganze um. In einem geschlossenen System muss dieses Gleichgewicht stimmen. Unsichtbare Helfer sind dabei die Mikroorganismen in der Erde, die ebenfalls atmen und den Kreislauf am Laufen halten.
Der Nährstoffkreislauf: Dünger ist im Flaschengarten ein absolutes No-Go! Er würde die Pflanzen zu einem Wachstum anspornen, das sie das Glas sprengen lässt. Die Natur hat da eine viel cleverere Lösung. Fällt ein altes Blatt ab, wird es am Boden von Bakterien und Pilzen zersetzt. Die dabei freigesetzten Nährstoffe werden dann wieder von den Pflanzenwurzeln aufgenommen. Ein geniales Recyclingsystem. Deswegen brauchen wir eine „lebendige“ Erde und kein steriles Zeug.

Die Einkaufsliste: Was du wirklich brauchst (und was es kostet)
Okay, Butter bei die Fische: Was kostet der Spaß und wo bekommst du alles her? Die Auswahl des richtigen Materials ist die halbe Miete. Hier solltest du nicht am falschen Ende sparen.
Das Glas: Klarheit siegt!
Das Wichtigste zuerst: Das Glas muss komplett durchsichtig sein. Kein grünes, braunes oder sonst wie getöntes Glas! Getöntes Glas filtert das Licht und bringt die Photosynthese durcheinander. Also immer auf Klarglas setzen.
Für den Anfang ist ein Gefäß mit einer weiten Öffnung ideal, zum Beispiel ein großes Bonbon- oder Einmachglas (findet man oft für 5-10 € auf dem Flohmarkt oder bei IKEA). Da kannst du bequem mit den Händen arbeiten. Der Verschluss muss absolut dicht sein – ein Korken, ein Glasdeckel mit Gummidichtung oder ein Bügelverschluss sind super. Vor dem Start das Glas gründlich mit Essigwasser reinigen und mit klarem Wasser nachspülen, um Kalkflecken zu vermeiden.

Der Bodenaufbau: Die Schichten zum Erfolg
Der Boden ist das Herzstück deines Ökosystems. Wir bauen ihn Schicht für Schicht von unten nach oben auf:
- Drainageschicht (2-3 cm): Diese Schicht verhindert nasse Füße. Überschüssiges Wasser sammelt sich hier. Ich nehme am liebsten Lavasplitt oder Blähton (4-8 mm Körnung), den du im Baumarkt wie Bauhaus oder Obi bekommst. Kies geht auch.
- Aktivkohleschicht (ca. 0,5 cm): Das ist der Geheimtipp! Eine dünne Schicht zerstoßene Aktivkohle (wichtig: keine Grillkohle!) filtert das System, beugt Schimmel vor und hält alles frisch. Die findest du online oder in der Aquaristik-Abteilung im Zoofachhandel.
- Trennschicht: Damit die Erde nicht in die Drainage rieselt. Ein passend geschnittenes Stück Gartenvlies ist perfekt. Alternativ geht auch Sphagnum-Moos.
- Substratschicht (5-10 cm): Bloß keine normale Blumenerde! Die ist meistens zu stark gedüngt. Misch dir lieber dein eigenes Substrat. Mein bewährtes Rezept: 3 Teile Kokoshumus, 1 Teil Perlit und 1 Teil feine Pinienrinde. Alle Zutaten gibt’s im gut sortierten Gartencenter.
Die Budget-Frage: Für einen schönen 5-Liter-Flaschengarten kannst du ungefähr so planen:

- Glas: ca. 5-15 € (Flohmarkt oder Deko-Laden)
- Substrat-Zutaten (Lava, Kohle, Erde etc.): ca. 15-20 € (reicht aber für mehrere Gärten)
- Pflanzen (2-3 Stück): ca. 15 €
- Werkzeug: Meistens hast du das schon zu Hause.
Unterm Strich landest du also bei etwa 35-50 € für dein erstes, komplettes Projekt. Gar nicht so wild, oder?
Das Werkzeug: Deine verlängerten Finger
Für enge Flaschenhälse braucht man etwas Geduld und die richtigen Helfer. Du musst aber kein teures Set kaufen. Zwei Schaschlikspieße funktionieren am Anfang super als Essstäbchen-Ersatz. Ein gerolltes Stück Pappe wird zum perfekten Trichter, und ein kleiner Pinsel, an einem Stab befestigt, hilft beim Saubermachen der Innenwände.
Die Pflanzen: Wer darf einziehen und wer muss draußen bleiben?
Die richtige Pflanzenauswahl ist entscheidend. Die goldene Regel lautet: Wähle Pflanzen, die langsam wachsen, klein bleiben und eine hohe Luftfeuchtigkeit lieben. Also quasi alles, was im Dschungel am Boden wächst.
Top-Kandidaten für dein Glas:
- Fittonia (Mosaikpflanze): Der absolute Star für Flaschengärten. Liebt es feucht, bleibt klein und gibt’s in coolen Farben.
- Kleine Farne: Sorgen für das ultimative Urwald-Feeling. Frauenhaarfarn oder kleine Schwertfarn-Sorten sind super.
- Moose: Perfekt als Bodendecker. Aber Achtung: Bitte nicht einfach im Wald sammeln, viele Arten sind geschützt! Kauf sie lieber im Fachhandel oder nimm welche aus deinem eigenen Garten, wenn sie dort an einer unpassenden Stelle wachsen.
- Kletterfeige (Ficus pumila): Eine kleinblättrige Art, die toll an kleinen Ästen oder Steinen hochranken kann.

Die Problemfälle: Finger weg davon!
- Sukkulenten und Kakteen: Der häufigste Fehler überhaupt! Diese Pflanzen kommen aus der Wüste und hassen hohe Luftfeuchtigkeit. Sie verfaulen dir im Glas garantiert. Glaub mir, ich hab am Anfang auch versucht, eine hübsche Echeveria ins Glas zu setzen. Nach zwei Wochen war’s nur noch Matsch. Lektion gelernt!
- Blühende Pflanzen: Die meisten Blüten schimmeln in der feuchten Luft schnell weg.
- Schnellwachsende Pflanzen: Eine Grünlilie oder Efeutute würde dein Glas in wenigen Monaten von innen sprengen.
Schritt für Schritt: Dein Weg zum eigenen Biotop
So, jetzt geht’s los! Nimm dir Zeit, Hektik ist hier fehl am Platz. Plan für dein erstes Projekt mal einen entspannten Nachmittag ein, so 2-3 Stunden, dann kommst du nicht in Stress.
- Alles sauber: Das Glas muss innen und außen blitzeblank sein.
- Schichten aufbauen: Fülle nacheinander die Drainage, die dünne Aktivkohleschicht, das Trennvlies und zum Schluss das Substrat ein. Gestalte ruhig eine kleine Landschaft mit Hügeln und Tälern, das sieht später viel natürlicher aus.
- Pflanzen vorbereiten: Befreie die Wurzeln vorsichtig von der alten Erde. So schleppst du keine Schädlinge oder alten Dünger ein.
- Einpflanzen – der kreative Teil: Jetzt wird’s spannend! Eine gute Faustregel vom Meister: Rechne grob mit einer kleinen Pflanze pro Liter Glasvolumen. Für ein 5-Liter-Glas sind also 2-3 Pflanzen plus etwas Moos ideal. Fang mit der größten Pflanze an und arbeite dich nach vorne. Lass genug Platz zwischen den Pflanzen.
- Dekorieren: Kleine Steine oder Rindenstücke machen dein Biotop lebendiger. Kleiner Tipp: Holzstücke vorher kurz abkochen, um Keime abzutöten.
- Angießen – mit Fingerspitzengefühl: Das ist der kritischste Moment! Nimm kalkarmes Wasser (Regenwasser oder destilliertes Wasser). Gieß extrem vorsichtig, am besten mit einer Sprühflasche. Das Substrat sollte am Ende aussehen wie dunkle, feuchte Walderde nach einem Regenschauer, aber unten in der Drainage-Schicht darf sich auf keinen Fall eine Pfütze bilden! Für ein 5-Liter-Glas reichen oft schon 100-150 ml.
- Säubern und Verschließen: Putz die Innenwände mit deinem Pinsel am Stab und mach den Deckel fest drauf. Geschafft!
Ach ja, sei vorsichtig: Große Glasgefäße können echt schwer sein. Immer schön aus den Knien heben und konzentriert arbeiten.

Keine Zeit für ein Riesenprojekt? Dein Quick-Win!
Du willst sofort loslegen? Dann starte mit einem Mini-Moosarium im Marmeladenglas! Du brauchst nur etwas Moos aus dem Garten (da, wo es eh stört!), eine Schicht Kies und etwas Erde. In 15 Minuten fertig und ein super Hingucker!
Die ersten Wochen: Beobachten ist alles
Dein Flaschengarten muss jetzt sein Gleichgewicht finden. Stell ihn an einen hellen Ort, aber niemals in die direkte Sonne. Ein Nord- oder Ostfenster ist perfekt. Direkte Sonne heizt das Glas wie einen Backofen auf und verbrennt deine Pflanzen.
Es ist normal, dass das Glas morgens und abends etwas beschlägt. Wenn es aber den ganzen Tag tropfnass ist, hast du zu viel Wasser erwischt. Dann einfach den Deckel für ein paar Stunden abnehmen und lüften. Bildet sich gar kein Kondenswasser, ist es zu trocken. Dann mit der Sprühflasche nachhelfen.
Einmal eingependelt, braucht dein Garten fast keine Pflege mehr. Gießen ist vielleicht alle paar Jahre mal nötig, Düngen nie. Nur wenn eine Pflanze zu groß wird, musst du sie mit einer sauberen Schere etwas stutzen.

Erste Hilfe: Was tun, wenn’s doch mal Probleme gibt?
Keine Panik, wenn nicht alles sofort perfekt läuft. Das passiert selbst den Profis. Hier die häufigsten Probleme und die Lösungen:
- Schimmel auf der Erde: Meist ein Zeichen für zu viel Feuchtigkeit. Entferne den Schimmel mit einem Wattestäbchen und lüfte das Glas ein paar Tage. Die beste und nachhaltigste Lösung sind Springschwänze. Das sind winzige Tierchen, die du für ein paar Euro im Online-Handel für Terraristik bekommst. Sie fressen Schimmel und sind die perfekte Gesundheitspolizei für dein Glas!
- Gelbe, matschige Blätter: Eindeutig Wurzelfäule durch zu viel Wasser. Hier hilft oft nur noch: alles raus, Lektion lernen und mit weniger Wasser neu starten.
- Kleine Fliegen (Trauermücken): Die Larven waren wahrscheinlich in der Erde. Meist erledigt sich das Problem von selbst, da die Mücken im geschlossenen Glas keinen neuen Lebensraum finden.
- Kümmerlicher Wuchs: Wahrscheinlich zu wenig Licht. Such einen helleren Standort, aber gewöhne die Pflanzen langsam daran.

Ein letztes Wort…
Einen Flaschengarten anzulegen ist weniger Kunst als Handwerk. Es braucht Sorgfalt und Geduld. Dein wichtigstes Werkzeug ist nicht die Pinzette, sondern dein Auge. Lerne, die Zeichen deines kleinen Biotops zu deuten.
Und wenn der erste Versuch schiefgeht? Egal! Jeder Fehler ist eine Lektion. Wie mein alter Meister immer sagte: „Ein Gärtner, der noch nie eine Pflanze hat eingehen lassen, ist kein Gärtner, sondern ein Aufschneider.“ In diesem Sinne: Trau dich und hab Spaß an deinem eigenen kleinen Dschungel!
Gut zu wissen: Einige der genannten Pflanzen können für Haustiere oder Kleinkinder giftig sein, wenn sie gegessen werden. Stell deinen Flaschengarten also bitte an einen sicheren Ort.
Bildergalerie


Das schwarze Gold im Glas: Eine dünne Schicht Aktivkohle über der Drainage ist kein optionaler Luxus, sondern die unsichtbare Gesundheitspolizei deines Mini-Ökosystems. Sie filtert Unreinheiten aus dem Wasser, beugt Schimmelbildung vor und verhindert unangenehme Gerüche, die in einem geschlossenen, feuchten System entstehen können. Ein kleiner Beutel reicht für mehrere Gärten.

- Verhindert Staunässe und schützt die Wurzeln vor Fäulnis.
- Sorgt für eine gute Belüftung im unteren Bereich.
- Bildet das stabile Fundament für deine kleine Landschaft.
Das Geheimnis? Eine etwa 2-3 cm hohe Drainageschicht aus Blähton (z.B. von Seramis) oder feinem Lavagranulat, bevor die Erde eingefüllt wird. Dies ist der wichtigste Schritt gegen den häufigsten Fehler: zu nasse Füße.

Der älteste bekannte Flaschengarten wurde 1960 von David Latimer angelegt und zuletzt 1972 gegossen. Er gedeiht bis heute in einer versiegelten Glasballonflasche.

Warum beschlägt mein Glas ständig und ist das normal?
Ja, absolut! Besonders in den ersten Wochen ist Kondensation ein gutes Zeichen dafür, dass der Wasserkreislauf funktioniert. Wenn das Glas jedoch den ganzen Tag über stark beschlagen ist und du die Pflanzen kaum noch siehst, ist wahrscheinlich zu viel Wasser im System. Nimm den Deckel für ein paar Stunden ab, damit die überschüssige Feuchtigkeit entweichen kann. Wiederhole dies, bis du ein Gleichgewicht findest, bei dem das Glas morgens beschlägt und im Laufe des Tages wieder klarer wird.

Beim Bepflanzen sind die richtigen Werkzeuge entscheidend, um Frust zu vermeiden. Statt mit den Fingern im Glas zu wühlen, erleichtern dir diese Helfer die Arbeit ungemein:
- Lange Pinzette: Ideal, um kleine Pflanzen präzise zu platzieren, ohne das umgebende Arrangement zu zerstören.
- Kleiner Trichter oder gerolltes Papier: Um Erde und Kieselsteine sauber an die gewünschte Stelle zu bringen.
- Ein an einem Stab befestigter Korken: Perfekt, um die Erde um die frisch gesetzten Pflanzen sanft festzudrücken.

Der Blick für die Tiefe: Damit dein Flaschengarten nicht flach wie eine Pizza aussieht, schaffe eine Landschaft. Schichte das Substrat im hinteren Bereich etwas höher auf als im vorderen. Integriere unterschiedlich große Steine oder ein kleines Stück Treibholz, um Hügel und Täler zu formen. Das erzeugt sofort eine faszinierende, dreidimensionale Wirkung, die zum Entdecken einlädt.

Fittonia vs. Moosfarn (Selaginella): Beide lieben die hohe Luftfeuchtigkeit im Glas. Die Fittonia, auch Mosaikpflanze genannt, bringt mit ihren leuchtend roten, rosa oder weißen Blattadern Farbe ins Spiel, wächst aber eher flach. Der Moosfarn hingegen bildet dichte, hellgrüne Teppiche und kann kleine, baumartige Strukturen annehmen, was ihm eine urwaldähnliche Anmutung verleiht. Die Kombination aus beiden sorgt für einen spannenden Kontrast in Farbe und Textur.

Eine Studie der University of Exeter fand heraus, dass Büropflanzen die Produktivität um 15 % steigern und das Wohlbefinden um 47 % verbessern können.
Ein Flaschengarten ist die perfekte, pflegeleichte Umsetzung dieses „Biophilic Design“-Prinzips für deinen Schreibtisch. Er bringt ein Stück autarke Natur dorthin, wo du sie am meisten brauchst, und das ganz ohne tägliches Gießen.

Wichtiger Punkt: Verwende niemals unbehandelte Erde direkt aus dem Garten. Sie kann Schädlinge, Pilzsporen oder unerwünschte Samen enthalten, die in dem geschlossenen, feuchten Klima deines Flaschengartens explodieren könnten. Greife stattdessen zu sterilisierter Terrarienerde oder einer Mischung aus Kokoshumus und etwas Sand.

- Sie fressen Schimmelsporen und abgestorbene Pflanzenteile.
- Sie halten das Substrat sauber und gesund.
- Sie sind absolut harmlos für deine lebenden Pflanzen.
Das sind die Superkräfte der Springschwänze (Collembola). Oft holt man sie sich unbemerkt mit frischem Moos ins Glas. Du kannst eine kleine Starterkultur aber auch online kaufen, um dein Ökosystem von Anfang an mit einer fleißigen „Putzkolonne“ auszustatten.

Die Wahl des Glases bestimmt den Charakter deines Gartens. Ein altes Bonbonglas vom Flohmarkt, ein ausgedientes Weckglas von Oma oder ein eleganter Glaszylinder von Marken wie `Weck` oder `Le Parfait` können eine wunderbare Hülle sein. Achte nur auf eine ausreichend große Öffnung, damit du bequem darin arbeiten kannst. Der Deckel sollte gut schließen, aber nicht hermetisch versiegeln – ein einfacher Kork- oder Glasdeckel ist ideal.

Muss ich jemals düngen?
Nein, und das ist einer der größten Vorteile! Ein Flaschengarten ist ein Nährstoffkreislauf. Abgestorbene Blätter werden von Mikroorganismen zersetzt und die Nährstoffe wieder für die Pflanzen verfügbar gemacht. Dünger von außen würde dieses empfindliche Gleichgewicht stören, zu einem unkontrollierten Algen- und Pflanzenwachstum führen und das System überlasten. Lass die Natur einfach ihre Arbeit machen.

Das erste Angießen ist eine Kunst für sich: Benutze destilliertes oder Regenwasser, um unschöne Kalkflecken am Glas zu vermeiden. Gieße nicht mit einer Gießkanne, sondern gib das Wasser sehr langsam und portionsweise mit einer Sprühflasche oder Pipette direkt auf die Erde. Ziel ist es, das Substrat leicht feucht, aber niemals nass zu machen. Für ein 5-Liter-Glas reicht oft schon die Menge eines Schnapsglases!

Bevor die erste Pflanze einzieht, muss das Glas makellos sauber sein. Rückstände von Fett oder Schmutz sind ein Nährboden für Bakterien und Schimmel.
- Reinige das Glas innen und außen gründlich mit heißem Wasser und etwas Spülmittel.
- Spüle es danach mehrmals mit klarem Wasser aus, um alle Seifenreste zu entfernen.
- Der Profi-Trick: Gib zum Schluss einen Schuss Essigessenz ins letzte Spülwasser. Das desinfiziert und sorgt für streifenfreien Glanz. Gut trocknen lassen!

Die Ward’sche Kiste, der direkte Vorfahre des modernen Terrariums, wurde um 1829 vom englischen Arzt Nathaniel Bagshaw Ward erfunden. Er wollte damit seine empfindlichen Farne vor der stark verschmutzten, kohlehaltigen Luft Londons schützen.

Kreativität kennt keine Grenzen: Dekorative Elemente verleihen deinem Garten eine persönliche Note. Ein einzelner, markanter Stein kann wie ein Fels in einer Miniaturlandschaft wirken. Kleine Zweige imitieren umgestürzte Bäume. Figuren, wie die detailgetreuen Tiere von `Schleich`, können eine kleine Geschichte erzählen. Weniger ist hier oft mehr – setze Akzente, statt das Glas zu überladen.

Offenes Glas für Sukkulenten: In einem offenen Gefäß ohne Deckel können Luft und Feuchtigkeit zirkulieren. Ideal für Pflanzen, die Trockenheit lieben, wie Sukkulenten, Kakteen und Luftpflanzen. Du musst sie gelegentlich gießen.
Geschlossenes Glas für Tropenpflanzen: Hier entsteht ein feuchtes Mikroklima, perfekt für Farne, Moose und Fittonien. Einmal richtig angelegt, versorgt es sich über Jahre selbst mit Wasser.
Mische niemals diese beiden Welten – Sukkulenten würden in einem geschlossenen Glas verfaulen.

Moos ist das grüne Samt-Fundament vieler Flaschengärten. Statt es zu kaufen, kannst du es oft selbst finden (bitte nur dort sammeln, wo es erlaubt ist!). Achte auf verschiedene Arten: Flaches, anliegendes Kissenmoos eignet sich perfekt als Bodendecker, während bauschiges Sternmoos interessante, hügelige Strukturen schafft. Vor dem Einsetzen solltest du das Moos kurz in Wasser tauchen, um unerwünschte kleine Insekten zu entfernen.

- Mini-Orchideen (Pleurothallis, Lepanthes)
- Kleine Bromelien (Tillandsia)
- Fleischfressende Pflanzen (Sonnentau)
- Zwerg-Ficus (Ficus pumila)
Für alle, denen Farne und Moose zu gewöhnlich sind: Diese Exoten stellen zwar höhere Ansprüche, verwandeln deinen Flaschengarten aber in ein echtes botanisches Juwel. Sie sind oft bei spezialisierten Online-Händlern wie `Bens-Jungle` zu finden.

Hilfe, ich sehe erste Schimmelspuren!
Keine Panik, das kann in der Anfangsphase passieren. Entferne die betroffenen Stellen vorsichtig mit einem Wattestäbchen, das du in verdünnten Kamillentee getaucht hast – ein natürliches Fungizid. Lüfte das Glas danach für einige Stunden, um die Feuchtigkeit zu reduzieren. Oft reguliert sich das Problem von selbst, sobald das biologische Gleichgewicht etabliert ist und nützliche Mikroorganismen die Oberhand gewinnen.

Die Kunst des Nichtstuns: Nachdem dein Flaschengarten eingerichtet ist und sich stabilisiert hat, ist die beste Pflege fast keine Pflege. Widerstehe dem Drang, ständig den Deckel zu öffnen, Wasser nachzufüllen oder die Pflanzen umzustellen. Beobachte einfach nur. Dein Eingreifen ist nur nötig, wenn Blätter an der Glaswand kleben und faulen (entfernen!) oder das System sichtlich aus dem Gleichgewicht gerät (z.B. wochenlange, extreme Nässe).
Der japanische Begriff „Kokedama“ bezeichnet eine Mooskugel, in der eine Pflanze wächst. Eine einzelne, kleine Kokedama in einem großen Glas platziert, kann ein minimalistisches und zugleich beeindruckendes Statement sein, das traditionelle Pflanztechniken modern interpretiert.




