Weihnachtsstrauß selber machen: Die ehrlichen Tipps vom Profi, die jeder umsetzen kann
Jedes Jahr im Dezember verwandelt sich die Werkstatt. Es ist dieser ganz besondere Geruch – eine Mischung aus dem harzigen Duft frischer Nobilistanne, erdigem Moos und einem Hauch Bienenwachs. Das ist für uns Floristen die stressigste, aber ehrlich gesagt auch die schönste Zeit im Jahr. Hier zeigt sich, wer sein Handwerk wirklich liebt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das Geheimnis eines guten Weihnachtsstraußes: Mehr als nur rote Blümchen
- 2 Die richtigen Zutaten: Auswahl und Vorbereitung wie vom Profi
- 3 Jetzt wird’s praktisch: So entsteht dein eigener Strauß
- 4 Endlich fertig! So bleibt dein Strauß lange frisch
- 5 Sicherheit geht vor: Was du unbedingt wissen musst
- 6 DIY oder doch lieber kaufen? Eine ehrliche Einschätzung
- 7 Inspirationen und Ideen
Klar, ein Weihnachtsstrauß aus dem Supermarkt ist schnell gegriffen. Aber ihm fehlt oft die Seele, die Sorgfalt und das Wissen, das in einem richtig guten Strauß steckt. Egal, ob du selbst einen binden oder beim Floristen um die Ecke den perfekten Strauß finden willst – ich zeige dir, worauf es wirklich ankommt. Das hier ist kein trockener Ratgeber, sondern pures Praxiswissen direkt vom Bindetisch.
Das Geheimnis eines guten Weihnachtsstraußes: Mehr als nur rote Blümchen
Bevor wir über einzelne Blumen reden, müssen wir das Fundament verstehen. Ein guter Strauß ist wie ein kleines Kunstwerk, das alle Sinne anspricht, nicht nur die Augen.

Farben, die eine Geschichte erzählen
Die klassischen Weihnachtsfarben sind nicht zufällig so beliebt. Rot steht für Wärme und Leben, wie rote Beeren im kalten Schnee. Grün symbolisiert die Hoffnung und Beständigkeit der immergrünen Tannen. Weiß bringt die Stille und Reinheit des Winters ins Haus, während Gold und Silber für festliches Licht sorgen. Die Kunst liegt darin, nicht nur Farben zu nutzen, sondern mit ihren Nuancen zu spielen – ein tiefes Bordeauxrot neben sattem Tannengrün, akzentuiert mit cremeweißen Blüten, die das Licht einfangen. Magisch!
Fühl mal! Das Spiel mit den Texturen
Ein Strauß wird erst durch unterschiedliche Oberflächen so richtig lebendig. Stell dir mal vor: die glatte, fast wachsartige Haut eines Amaryllis-Stiels direkt neben den rauen Nadeln einer Kiefer. Dazwischen die samtige Weichheit einer Rose und die holzige Struktur von ein paar Zimtstangen. Dieser Kontrast ist ein kleines Detail, das Profis immer beachten und das einen Strauß sofort hochwertiger wirken lässt.

Der Duft von Weihnachten
Ganz ehrlich, was wäre Weihnachten ohne seinen Duft? Gerüche sind direkt mit unseren Erinnerungen verknüpft. Der Duft von Tanne, Eukalyptus oder Kiefer versetzt uns sofort in die richtige Stimmung. Das Grün im Strauß ist also weit mehr als nur Füllmaterial – es ist der Aromaträger. Ein paar getrocknete Orangenscheiben oder Zimtstangen dazu, und die Illusion ist perfekt. Ein Strauß, der nicht duftet, ist wie ein Festessen ohne Geschmack.
Die richtigen Zutaten: Auswahl und Vorbereitung wie vom Profi
Die Qualität deines Straußes entscheidet sich schon beim Einkauf. Schau genau hin, fühl das Material. Die Natur verrät dir, was frisch und gut ist.
Der Star der Show: Die Amaryllis
Die Amaryllis ist mit ihren riesigen Blüten der unbestrittene Star in jedem Weihnachtsstrauß. Sie ist aber auch eine kleine Diva.
- Beim Kauf: Greif zu, wenn die Knospen noch geschlossen sind, aber schon etwas Farbe zeigen. So blüht sie bei dir zu Hause auf und du hast wochenlang Freude daran. Der Stiel muss sich unten fest und prall anfühlen. Ein einzelner Stiel kostet je nach Sorte und Größe meist zwischen 5 € und 8 €.
- Das Problem mit dem Stiel: Der Stiel ist hohl. Im warmen Zimmer rollt sich das Ende gerne wie eine Papierrolle auf. Dann kann die Blüte kein Wasser mehr ziehen und lässt traurig den Kopf hängen.
- Der Profi-Trick: Um das zu verhindern, wickle einfach einen Streifen Tesafilm fest um die untersten zwei Zentimeter des Stiels. Noch eleganter: Schieb einen dünnen Holzstab (ein Schaschlikspieß tut’s auch) vorsichtig in den hohlen Stiel. Das stabilisiert und verhindert das Aufrollen. Ein echter Game-Changer!

Die Klassiker: Rosen & Co.
Rote und weiße Rosen gehen immer. Achte darauf, dass der Blütenkopf fest ist. Wenn du sanft von unten dagegen drückst und er sich weich anfühlt, ist die Rose nicht mehr die frischeste. Anemonen sind auch wunderschön, besonders die weißen mit dem dunklen Auge, aber sie sind sehr durstig und halten nicht ganz so lange. Eher ein Luxus für einen besonderen Tag.
Das grüne Herzstück: Welches Grün für welchen Zweck?
Das Grün ist das Rückgrat des Straußes. Hier solltest du nicht sparen. Aber welches ist das richtige? Hier ein kleiner Überblick, ganz ohne Tabelle:
- Nobilistanne: Das ist sozusagen der Rolls-Royce unter den Tannensorten. Sie hat weiche, blaugrüne Nadeln, duftet fantastisch und nadelt kaum. Sie ist etwas teurer, aber jeden Cent wert.
- Nordmanntanne: Der Klassiker vom Weihnachtsbaum. Hält gut, ist preiswerter, hat aber weniger intensiven Duft als die Nobilis. Eine solide Wahl fürs kleinere Budget.
- Kiefer: Mit ihren langen Nadeln und dem intensiven, harzigen Geruch bringt sie eine wunderbar rustikale, waldige Note in den Strauß. Perfekt für einen natürlichen Look.
- Eukalyptus: Total im Trend und das aus gutem Grund. Die silbrigen oder runden Blätter sehen modern aus, duften frisch und trocknen sogar sehr schön ein. Du findest ihn oft im Bund für ca. 5-7 € im Blumenladen oder auf dem Wochenmarkt.

Fruchtschmuck und Beeren: Ilex & sichere Alternativen
Die roten Beeren der Stechpalme (Ilex) sind der Inbegriff von Weihnachten. Aber Achtung! Die Beeren sind giftig, besonders für Haustiere wie Katzen und Hunde. Wenn du Vierbeiner hast, die gerne mal was anknabbern, lass die Finger davon. Schöne und sichere Alternativen sind Hagebuttenzweige, kleine künstliche Beeren oder sogar winzige Weihnachtskugeln, die du an Draht befestigst.
Jetzt wird’s praktisch: So entsteht dein eigener Strauß
Einen Strauß zu binden, ist eine Kunst, aber keine Sorge, es gibt auch einfache Wege zum Ziel. Bevor du loslegst, ist die Vorbereitung das A und O – ein Schritt, der oft vergessen wird, aber über die Haltbarkeit entscheidet.
Schritt 1: Die Vorbereitung (Das A und O!)
- Entblättern: Entferne sorgfältig alle Blätter, die später im Wasser stehen würden. Blätter im Wasser faulen, bilden Bakterien und verstopfen die „Trinkhalme“ der Blumen.
- Der Anschnitt: Schneide jeden Stiel mit einem scharfen Messer (keine Schere, die quetscht!) schräg an. Ein langer, schräger Schnitt vergrößert die Oberfläche für die Wasseraufnahme.
- Wässern: Stell alle vorbereiteten Blumen und Zweige für ein paar Stunden in einen Eimer mit frischem Wasser, damit sie sich richtig vollsaugen können.

Schritt 2: Die Bindetechnik (Profi vs. Anfänger)
Profis binden Sträuße in einer Spirale. Dabei wird jeder Stiel schräg in die gleiche Richtung angelegt und der Strauß dabei gedreht. Das Ergebnis ist ein lockerer, stabiler Strauß, der von alleine stehen kann. Das braucht aber, ehrlich gesagt, richtig viel Übung.
Kein-Stress-Tipp für Anfänger: Puh, Spirale klingt kompliziert? Kein Problem! Nimm einfach eine Vase mit einer nicht zu weiten Öffnung und baue deinen Strauß direkt darin auf. Fang mit dem Grün an, um ein stabiles Gerüst zu schaffen. Dann steckst du die Hauptblumen wie die Amaryllis hinein und füllst die Lücken locker mit den kleineren Blüten und Dekoelementen. Sieht super aus und ist absolut anfängertauglich!
Kleine Einkaufsliste für deinen ersten DIY-Strauß (Budget ca. 25-40 €):
- 2-3 Stiele Amaryllis (rot oder weiß)
- 1 kleiner Bund Nobilistanne oder Kiefer
- 2-3 Zweige Eukalyptus
- Ein paar Zapfen oder Zimtstangen zum Dekorieren (die kannst du mit Draht befestigen)

Endlich fertig! So bleibt dein Strauß lange frisch
Du hast einen schönen Strauß? Super! Mit diesen Tipps hast du extralange Freude daran.
- Die richtige Vase: Nimm eine saubere Vase. Und ich meine WIRKLICH sauber. Am besten mit Spülmittel und heißem Wasser auswaschen, um alle Bakterien zu killen.
- Wasser & Nahrung: Füll die Vase mit lauwarmem Wasser und gib das Frischhaltemittel vom Floristen dazu. Kleiner Trick, falls du kein Tütchen hast: Ein Tropfen Spülmittel oder ein winziger Schuss Essig im Wasser wirken ebenfalls antibakteriell.
- Der Standort: Stell den Strauß nicht direkt neben die Heizung, in die pralle Sonne oder neben die Obstschale. Reifendes Obst strömt ein Gas aus, das Blumen schneller altern lässt.
- Auffrischen: Wechsle das Wasser alle zwei Tage und schneide bei der Gelegenheit alle Stiele frisch an. Das wirkt Wunder, wirklich!
Sicherheit geht vor: Was du unbedingt wissen musst
Als Profi hat man auch Verantwortung. Zwei Themen liegen mir besonders am Herzen: giftige Pflanzen und Brandschutz.

Viele unserer liebsten Weihnachtspflanzen sind giftig. Das ist kein Grund zur Panik, aber zur Vorsicht, besonders wenn Kinder oder Haustiere im Haus sind. Dazu gehören unter anderem Ilex (Beeren), Christrosen (alles), Amaryllis (besonders die Zwiebel) und der Weihnachtsstern (der Milchsaft reizt die Haut). Stell Sträuße mit diesen Pflanzen einfach außer Reichweite.
Und dann das Thema Feuer. Trockenes Tannengrün ist extrem brennbar. Eine echte Kerze in einem Gesteck oder zu nah am Strauß ist eine riesige Gefahr. Bitte lass Kerzen NIEMALS unbeaufsichtigt brennen. Hochwertige LED-Kerzen sind heute eine fantastische und absolut sichere Alternative.
DIY oder doch lieber kaufen? Eine ehrliche Einschätzung
Selbermachen ist toll. Wenn du Lust hast, probier es aus! Der Wert liegt im kreativen Prozess. Aber wann lohnt sich der Gang zum Fachmann? Wenn der Strauß ein wichtiges Geschenk ist oder er einfach perfekt aussehen und lange halten soll.
Übrigens, was die Kosten angeht: Ein schöner, handgebundener Weihnachtsstrauß vom Floristen startet bei etwa 35 € und kann je nach Größe und Blumenauswahl auch mal 80 € oder mehr kosten. Dafür bekommst du aber auch absolute Profi-Qualität, Erfahrung und Handwerkskunst.
Keine Zeit für gar nichts? Hol dir einfach drei schöne Kiefernzweige und zwei rote Rosen. Stell sie zusammen in eine hohe, schmale Glasvase. Dauert zwei Minuten, kostet unter 15 € und sieht sofort wunderbar weihnachtlich aus!
Inspirationen und Ideen
- Frisch ans Werk: Bevor die Stiele ins Wasser kommen, jeden einzelnen mit einem scharfen Messer schräg anschneiden. Das vergrößert die Oberfläche zur Wasseraufnahme.
- Keine Blätter unter Wasser: Entfernen Sie alle Blätter, die im Vasenwasser stehen würden. Sie faulen sonst schnell und verkürzen die Haltbarkeit des gesamten Straußes.
- Der richtige Standort: Vermeiden Sie direkte Sonneneinstrahlung, die Nähe zu Heizkörpern und Obstschalen. Das von Früchten ausströmende Ethylen-Gas beschleunigt den Welkeprozess.
Mein Strauß wirkt irgendwie „unruhig“ – woran liegt das?
Das ist ein klassischer Anfängerfehler: zu viele verschiedene Elemente auf der gleichen Höhe. Ein Profi-Strauß lebt von Tiefe und Bewegung. Arbeiten Sie gestaffelt! Lassen Sie einige Zweige, wie Eukalyptus oder Kiefer, etwas länger und lockerer aus der Mitte herausragen. Platzieren Sie die Hauptblüten, wie Rosen oder Amaryllis, etwas kompakter und tiefer. So entsteht eine dynamische, dreidimensionale Form, die das Auge leitet und viel harmonischer wirkt.
Wussten Sie, dass die leuchtend roten „Blüten“ des Weihnachtssterns gar keine Blüten sind? Es handelt sich um sogenannte Hochblätter (Brakteen), die sich zur Blütezeit verfärben, um Insekten anzulocken. Die eigentlichen Blüten sind die winzigen, gelb-grünen Kügelchen in der Mitte.
Wer dem klassischen Rot-Grün entfliehen möchte, findet in einer „Winter White“-Palette eine elegante Alternative. Stellen Sie sich einen Strauß aus cremeweißen Amaryllis, zarten Christrosen (Helleborus niger) und schneeweißen Ranunkeln vor. Für die Textur sorgen silbrig-grüne Eukalyptuszweige und Disteln (Eryngium), die wie von Frost überzogen wirken. Ein Hauch von silbernem Eukalyptus oder ein paar Zweige der weißbeerigen Mistel runden das kühle, aber unglaublich festliche Bild ab.
Nobilistanne: Der Klassiker schlechthin. Ihre Nadeln sind weich, piksen kaum und duften intensiv nach Wald und Weihnachten. Der größte Vorteil: Sie nadelt so gut wie gar nicht und bleibt wochenlang frisch.
Eukalyptus ‚Cinerea‘: Die moderne Wahl. Seine runden, silbrig-blauen Blätter bringen eine kühle Eleganz und Leichtigkeit in jedes Gesteck. Der Duft ist frisch, mentholartig und eine wunderbare Abwechslung zum Harzgeruch der Tanne.
Der letzte Schliff: Oft sind es die nicht-floralen Elemente, die einem Weihnachtsstrauß seinen einzigartigen Charakter verleihen. Sie erzählen eine persönliche Geschichte und sprechen weitere Sinne an.
- Getrocknete Orangenscheiben: Leuchten wie kleine Kirchenfenster, wenn Licht durch sie fällt.
- Zimtstangen-Bündel: Bringen einen warmen, würzigen Duft und rustikale Struktur.
- Kleine, zapfige Lärchenzweige: Wirken filigran und natürlich.
- Ilex-Beeren: Sorgen für leuchtend rote Farbtupfer, die sofort Weihnachtsstimmung verbreiten.
Der globale Markt für Schnittblumen wurde 2022 auf über 36 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ein Großteil davon wird mit hohem Wasser- und Pestizideinsatz in Ländern wie Kenia oder Kolumbien produziert.
Eine nachhaltigere Alternative für Ihren Weihnachtsstrauß sind regionale und saisonale Materialien. Viele Gärtnereien bieten heimische Koniferen, Ilex- oder Hagebuttenzweige an. Ein Spaziergang durch den eigenen Garten oder Wald (bitte nur sammeln, was erlaubt ist!) kann ebenfalls wahre Schätze wie Kiefernzapfen, Moos oder besondere Äste zutage fördern. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern macht den Strauß auch authentischer.
- Schafft einen sofortigen, dramatischen Mittelpunkt.
- Wirkt edel und minimalistisch.
- Ist oft budgetfreundlicher als ein üppig gemischter Strauß.
Das Geheimnis? Die Reduktion auf das Wesentliche. Statt vieler verschiedener Blumen setzen Sie auf die Strahlkraft einer einzigen Sorte. Ein Bund aus fünf prachtvollen, langstieligen Amaryllis in tiefem Bordeauxrot oder drei Stiele der gefleckten Christrose (Helleborus) in einer schlichten Glasvase haben oft mehr Wirkung als ein überladenes Arrangement.
Ein Hauch von Ewigkeit: Integrieren Sie Trockenblumen für einen modernen und langlebigen Akzent. Gebleichter Ruscus, fluffiges Pampasgras oder die zarten, pergamentartigen Samenstände des Silberblatts (Lunaria annua) lockern die schweren Nadelgehölze auf und fangen das Winterlicht wunderschön ein. Der Vorteil: Diese Elemente können nach dem Verwelken der frischen Blumen einfach entnommen und für andere Dekorationen weiterverwendet werden.