Sanierung planen wie ein Profi: Dein ehrlicher Fahrplan vom Traum zum Haus

von Mareike Brenner
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Ganz ehrlich? Der größte Fehler, den die meisten beim Hauskauf machen, ist, sich Hals über Kopf in eine Immobilie zu verlieben. Man sieht die sonnige Terrasse, die charmanten alten Dielen und plant im Kopf schon die erste Gartenparty. Und dann, mit rosaroter Brille, geht’s direkt zur Bank. Stopp! Genau hier platzen die meisten Träume.

Ich stehe seit Ewigkeiten auf dem Bau, habe unzählige Sanierungen von Anfang bis Ende begleitet und kann dir eines sagen: Ein Banker finanziert keine Emotionen. Er will einen knallharten, wasserdichten Plan sehen. Und diesen Plan schmiedest du nicht am Schreibtisch, sondern mit Gummistiefeln im feuchten Keller deines potenziellen Traumhauses. Dieser Ratgeber ist dein Werkzeugkasten dafür – direkt von der Baustelle, ohne Schnickschnack.

Der Realitätscheck: Was dir vor Ort wirklich ins Auge springen muss

Die Besichtigung ist der Moment der Wahrheit. Vergiss für eine Stunde den schönen Kachelofen und werde zum Detektiv. Ein Profi lernt ein Haus mit allen Sinnen kennen – und das solltest du auch tun.

Zei für die eigenen vier Wände
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Kleiner Tipp: Geh niemals mit leeren Händen zu einer Besichtigung. Pack dir eine kleine „Inspektions-Tasche“. Da gehört rein:

  • Eine starke Taschenlampe: Um auch die dunkelsten Ecken im Keller und auf dem Dachboden auszuleuchten.
  • Ein einfaches Feuchtigkeitsmessgerät: Kriegst du für 20-30 € in jedem Baumarkt. Hältst du an die Wand und siehst sofort, ob’s nur „kalt“ oder wirklich „nass“ ist. Ein echter Game-Changer!
  • Ein kleiner Schraubenzieher oder Taschenmesser: Damit kannst du unauffällig an Holzfensterrahmen oder Dachbalken drücken, um morsches Holz zu entlarven.
  • Notizblock und Stift: Logisch, oder?

Ab in den Keller: Das Fundament für Freud oder Leid

Dein erster Weg führt dich immer nach unten. Tür auf, tief einatmen. Riecht es muffig, erdig, fast wie im Wald nach einem Regenschauer? Das ist der unverkennbare Geruch von Feuchtigkeit. Das ist eine rote Flagge.

Worauf du im Keller achten solltest:

  • Dunkle Flecken an den Wänden? Das sind Wasser- oder Schimmelspuren.
  • Platzt irgendwo der Putz ab? Ein klares Zeichen, dass Feuchtigkeit von innen nach außen drückt.
  • Weißer, kristalliner Belag (Salpeter)? Das deutet auf aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Erdreich hin – ein teures Problem.
  • Fühlen sich die Wände klamm und kalt an? Dein Messgerät wird hier die Wahrheit sagen.

Eine professionelle Kellerabdichtung von außen, die sogenannte „schwarze Wanne“, ist eine der teuersten Einzelmaßnahmen überhaupt. Je nach Hausgröße bist du da schnell mit 25.000 bis 50.000 Euro dabei. Dieses Geld muss in deiner Kalkulation stehen, sonst ist das Budget weg, bevor du überhaupt an die Küche denkst.

Dach & Fassade: Die Schutzhülle deines Hauses

Jetzt der Blick nach oben. Moos auf den Ziegeln ist meist nur ein optisches Thema. Aber was ist mit Rissen oder fehlenden Ziegeln? Wirf auch einen Blick auf die Dachrinnen. Hängen sie durch oder quellen sie über vor Laub? Das schreit nach vernachlässigter Wartung.

Geh unbedingt auf den Dachboden. Leuchte mit der Taschenlampe die Holzbalken ab. Siehst du helle Flecken oder Wasserläufe auf dem Holz? Das sind Spuren alter (oder aktiver!) Wasserschäden. Tageslicht, das durch die Ziegel schimmert, ist natürlich ein absolutes No-Go.

Gut zu wissen: Eine komplette Dacheindeckung inklusive moderner Dämmung kostet locker 250 bis 350 Euro pro Quadratmeter Dachfläche. Bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus sind das schnell 40.000 Euro oder mehr. Das ist kein Posten, den man „später mal“ macht. Ein undichtes Dach ruiniert dir die gesamte Bausubstanz.

Die inneren Werte: Fenster, Elektrik und Heizung

Fass die Fenster an. Bei alten Holzfenstern drückst du mal fest mit dem Daumen ins Holz. Gibt es nach, ist es morsch. Siehst du Feuchtigkeit zwischen den Scheiben? Das bedeutet, die Verglasung ist blind und isoliert praktisch nicht mehr. Neue Fenster sind eine große Investition, aber sie zahlen sich durch Komfort und niedrigere Heizkosten aus.

Der Sicherungskasten ist der Tacho der Hauselektrik. Siehst du noch diese alten, grauen Dreh-Sicherungen? Dann kannst du fest davon ausgehen, dass die gesamte Elektrik aus einer Zeit stammt, in der ein Föhn schon als Luxus galt. Eine moderne, sichere Elektroinstallation mit dreiadrigen Leitungen und genügend Stromkreisen ist keine Option, sondern Pflicht. Rechne hier mal mit 15.000 bis 25.000 Euro für ein ganzes Haus.

Und die Heizung? Such das Typenschild und schau nach dem Baujahr. Ist die Anlage älter als 20 Jahre, läuft sie auf Gnadenbrot. Eine neue Heizung, beispielsweise eine moderne Wärmepumpe, ist eine Top-Investition, schlägt aber mit allem Drum und Dran (Installation, Anpassungen am Heizsystem) schnell mit über 30.000 Euro zu Buche. Übrigens, hier gibt es oft fette Förderungen vom Staat. Der erste Schritt dafür ist fast immer eine zertifizierte Energieberatung. Ohne die gibt’s oft kein Geld. Such am besten online nach der „Energieeffizienz-Expertenliste“ des Bundes.

Vom Zettel zum Plan: So bringst du Ordnung ins Chaos

Okay, die Bestandsaufnahme war hart, aber ehrlich. Jetzt beginnt die eigentliche Planung. Nimm dir einen Block und geh gedanklich Raum für Raum durch. Schreib alles auf, was gemacht werden MUSS und was du dir WÜNSCHST.

Die goldene Reihenfolge: Von außen nach innen, von dreckig zu sauber

Jeder Profi weiß: Die richtige Abfolge ist alles. Du verlegst ja auch nicht erst den teuren Parkettboden und fängst dann an, die Wände für neue Leitungen aufzustemmen. Die Regel ist simpel:

  1. Hülle dicht machen: Dach, Fassade, Keller, Fenster. Das Haus muss absolut trocken sein.
  2. Der große Dreck: Rohbauarbeiten (Wände rausreißen), Heizungs-, Wasser- und Elektroleitungen verlegen (Schlitze klopfen).
  3. Feuchtigkeit reinbringen: Wände verputzen, Estrich gießen. Achtung! Plane hier unbedingt die Trocknungszeiten ein. Je nach Jahreszeit und Material wartest du 4-6 Wochen, in denen im Haus fast nichts anderes passiert. Eine der häufigsten Ursachen für Bauverzögerungen!
  4. Der Innenausbau: Trockenbau (Decken abhängen), Fliesen legen, Bodenbeläge verlegen.
  5. Das Finish: Malerarbeiten, Türen einsetzen, Steckdosen und Lichtschalter montieren, Badkeramik und Heizkörper installieren.

Kosten realistisch schätzen (und was es WIRKLICH kostet)

Vergiss pauschale Quadratmeterpreise aus dem Internet. Hol dir echte Angebote von Handwerkern. Um aber eine erste Hausnummer zu haben, hier ein paar realistische Werte:

  • Leichte Auffrischung (Böden, Wände, Bad-Keramik): ca. 500 – 800 €/m²
  • Umfassende Sanierung (inkl. Fenster, Elektrik, Heizung): ca. 1.000 – 1.500 €/m²
  • Kernsanierung (alles raus bis auf die Mauern): ab 1.500 – 2.500 €/m² aufwärts

Machen wir es mal konkret: Nehmen wir ein typisches Siedlungshaus mit 140 m². Du brauchst ein neues Dach (ca. 40.000 €), neue Fenster (ca. 25.000 €), eine neue Heizung (ca. 30.000 €) und eine neue Elektrik (ca. 20.000 €). Zack, da sind wir schon bei 115.000 Euro. Und da ist noch keine Wand gestrichen, kein Bad neu gefliest und kein Boden verlegt. Das sind die Zahlen, die du im Kopf haben musst!

Und mein wichtigster Rat: Plane IMMER einen Puffer von mindestens 15-20% für Unvorhergesehenes ein. Es gibt keine Altbausanierung ohne Überraschungen. Glaub mir.

Die „Muskelhypothek“: Wo du wirklich sparst und wo du draufzahlst

Ah, die Muskelhypothek. Das Lieblingswort von Bankberatern. Klingt super, oder? Aber sei ehrlich zu dir: Hast du die Zeit, das Know-how und das richtige Werkzeug? Und ganz wichtig: Verstehe, wie die Bank rechnet. Die erkennt deine Eigenleistung oft nur als symbolischen Ersatz für Eigenkapital an. Wenn du 100 Stunden streichst, um 4.000 € Handwerkerlohn zu sparen, rechnet die Bank das vielleicht nur mit den 400 € Materialkosten an. Dein Kreditrahmen erhöht sich dadurch also kaum.

Hier kannst du als Heimwerker wirklich anpacken:

  • Abrissarbeiten: Tapeten abkratzen, alte Fliesen runterhauen, nicht tragende Wände einreißen (bitte vorher IMMER mit einem Statiker klären!).
  • Maler- und Lackierarbeiten: Mit Geduld und guter Vorbereitung kann man hier viel Geld sparen.
  • Bodenbeläge verlegen: Klick-Vinyl oder Laminat sind für geübte Heimwerker machbar.
  • Gartenarbeiten: Umgraben, Rasen säen, eine einfache Terrasse bauen.

Finger weg! Das ist absolute Profi-Sache:

  • Elektroinstallation: Niemals! Hier geht es um deine Sicherheit, dein Leben und den Versicherungsschutz. Nur ein zertifizierter Elektriker darf ran.
  • Wasser- und Gasleitungen: Ein winziges Leck kann unbemerkt die Bausubstanz ruinieren. Bei Gas besteht Lebensgefahr. Keine Diskussion.
  • Tragende Bauteile: Niemals eine Wand entfernen, ohne dass ein Statiker das abgesegnet hat.
  • Heizungsanlage: Moderne Systeme sind hochkomplexe Anlagen. Falsche Einstellungen kosten Effizienz und können teure Schäden verursachen.

Die richtigen Leute finden: Handwerker, denen du vertrauen kannst

Ein guter Handwerker ist Gold wert. Aber wie findest du den? Rumfragen im Freundeskreis ist ein guter Anfang, aber nicht immer die Lösung, besonders bei speziellen Gewerken wie der Sanierung eines traditionellen Fachwerkhauses.

  • Offizielle Stellen: Schau auf den Webseiten der regionalen Handwerkskammer oder der entsprechenden Innungen. Dort findest du Listen von zertifizierten Meisterbetrieben.
  • Online-Portale: Portale können helfen, einen ersten Überblick zu bekommen. Aber sei kritisch: Lies Bewertungen genau und schau dir Referenzprojekte an.
  • Das Bauchgefühl: Lass dir ein detailliertes Angebot machen. Erklärt der Handwerker dir geduldig, was er vorhat? Oder weicht er Fragen aus? Ein guter Profi nimmt sich Zeit für dich.

Gerade bei Häusern mit regionalen Besonderheiten – wie Klinker im Norden, Fachwerk in der Mitte oder alpenländische Bauweisen im Süden – brauchst du Experten, die sich mit den traditionellen Materialien und Techniken auskennen. Ein Allrounder aus der Großstadt kann hier mehr kaputtmachen als reparieren.

Das Bankgespräch: So kommst du vom Bittsteller zum Projektmanager

Wenn du all diese Vorarbeit geleistet hast, gehst du mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein zur Bank. Du bist kein Träumer mehr, du bist ein Projektmanager. Das ist der Unterschied zwischen einer Zusage und einer Absage.

Deine Mappe für die Bank sollte enthalten:

  1. Den Kaufvertragsentwurf.
  2. Eine detaillierte Liste aller Sanierungsmaßnahmen, am besten Raum für Raum.
  3. Mindestens zwei, besser drei, schriftliche Angebote von Fachbetrieben für die großen Posten (Dach, Heizung etc.).
  4. Eine realistische Aufstellung deiner Eigenleistungen (nur Materialkosten!).
  5. Einen groben Zeitplan, der auch Puffer und Trocknungszeiten berücksichtigt.
  6. Nachweise über dein Eigenkapital.

Mit diesem Paket zeigst du, dass du deine Hausaufgaben gemacht hast. Du verhandelst auf Augenhöhe und beweist, dass du die Risiken kennst und im Griff hast. Das ist dem Banker oft mehr wert als die letzten tausend Euro auf dem Sparkonto.

Ein letztes Wort aus der Werkstatt…

Der Weg ins eigene Haus ist eine der größten Herausforderungen im Leben. Es wird staubig, anstrengend und es wird Probleme geben, die du nicht vorhersehen konntest. Aber es ist auch eine der großartigsten Erfahrungen. Wenn du nach Monaten der Arbeit abends auf deiner eigenen Terrasse sitzt und auf das schaust, was du mit Verstand und Herzblut zu deinem Zuhause gemacht hast – dann weißt du, wofür sich das alles gelohnt hat.

Geh den Weg mit Respekt vor dem alten Gemäuer und mit einem ehrlichen Plan. Dann baust du nicht auf Sand, sondern auf einem soliden Fundament.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.