Fernbedienungs-Kissen: Coole Idee oder teurer Staubfänger? Der ehrliche Werkstatt-Check!

von Mareike Brenner
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Manchmal kommen Kunden mit Dingen in meine Werkstatt, bei denen ich einfach schmunzeln muss. Vor Kurzem war es wieder so weit. Eine langjährige Kundin kam mit einem Kissen herein, aber es sollte nicht einfach nur einen neuen Bezug bekommen. Es war ein sogenanntes Fernbedienungskissen – eine Universalfernbedienung, die fest in ein schlichtes, graues Kissen eingenäht war. Ihre Frage war so einfach wie entlarvend: „Können Sie das irgendwie retten? Es funktioniert nicht mehr richtig und waschen kann man es ja auch nicht.“

BINGO. Das war der Moment, der mich zu diesem Beitrag inspiriert hat. Als Raumausstattermeister sehe ich seit Jahrzehnten Stoffe, Polster und Möbelkonstruktionen. Mein Job ist es, Dinge zu schaffen, die schön, praktisch und langlebig sind. Dieses Kissen… nun ja, es war eine echte Herausforderung für mein Handwerksverständnis. Die Idee ist witzig, keine Frage. Aber ist sie auch gut? Hält das Ding, was es verspricht? Und ganz ehrlich: Ist es sicher?

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Also habe ich das Kissen nicht nur repariert, sondern komplett zerlegt. Ich wollte es wissen. In diesem Beitrag teile ich meine ungeschminkten Erkenntnisse – kein Werbetext, sondern der ehrliche Blick eines Handwerkers auf ein modernes Gadget.

Der erste Eindruck: Unscheinbar mit verstecktem Klick

Das Kissen, das da vor mir lag, war die Unscheinbarkeit in Person. Ein einfacher, quadratischer Bezug aus einem leicht rauen, synthetischen Stoff in diesem typischen melierten Grau, das man von günstigen Wohnaccessoires kennt. Die Nähte waren okay, maschinell gefertigt, aber ohne jede Raffinesse. Auf einer Seite waren kleine Symbole aufgedruckt: Ein/Aus, Lautstärke, Kanalwechsel. Dezent, aber erkennbar.

Drückte man darauf, spürte man einen leichten Klick unter dem Stoff. Da musste also die Technik stecken. Die Idee ist ja auch clever: Die Fernbedienung ist immer griffbereit und verschwindet nicht mehr in der Sofaritze. Für Gäste ist es sicher ein kleiner Wow-Effekt.

Ein Blick ins Innere: Der Meister öffnet das Kissen

Meine erste Hürde: das Ding aufkriegen, ohne es zu zerstören. Die meisten Dekokissen haben einen Reißverschluss. Dieses hier? Fehlanzeige. Das ist aus handwerklicher Sicht schon die erste Todsünde. Ein Kissenbezug MUSS waschbar sein. Punkt. Ich fand dann eine Naht, die von Hand geschlossen wurde – die sogenannte Matratzennaht. Mit einem feinen Nahttrenner habe ich sie vorsichtig geöffnet.

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Im Inneren: billige Polyesterwatte. Mitten drin lag ein kleines, wackeliges Plastikgehäuse mit der gesamten Elektronik. Keine zusätzliche Polsterung, kein Schutz. Das Modul selbst war eine simple Platine mit einer Infrarot-LED, einem Fach für zwei AAA-Batterien und den Kontaktpunkten. Die „Tasten“ waren einfache Mikroschalter auf einer flexiblen Folie, die direkt unter die Symbole auf der Innenseite des Bezugs geklebt war. Das erklärt den Klick.

Die Technik dahinter: Wie ein Kissen Befehle funkt

Keine Sorge, das ist keine Magie, sondern simple Infrarot-Technik, wie sie seit Ewigkeiten in Fernbedienungen steckt. Stellt euch eine Taschenlampe vor. Ihr schaltet sie an und seht Licht. Eine IR-Fernbedienung macht dasselbe, nur mit für uns unsichtbarem Infrarotlicht. Jede Taste sendet einen einzigartigen Lichtblitz-Code aus, den der Fernseher versteht.

Aber wie kommt das Licht durch den Stoff? Mein Lehrling hat mich das auch gefragt. Die Antwort ist simpel: Dünne, gewebte Stoffe, vor allem aus Kunstfasern wie Polyester, sind für IR-Licht teilweise durchlässig. Das Signal wird zwar gestreut und abgeschwächt (deshalb ist die Reichweite oft kürzer), aber es kommt genug an. Bei dickem Wollfilz oder Samt wäre sofort Schluss.

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Die Lernfunktion: So kopiert das Kissen die Original-Fernbedienung

Die meisten dieser Kissen sind universell, müssen also erst angelernt werden. Das geht meist so:

  • Lernmodus starten: Man hält eine Tastenkombination am Kissen gedrückt, bis eine kleine LED (im Inneren!) blinkt.
  • Signal senden: Man hält die Original-Fernbedienung direkt auf eine bestimmte Stelle des Kissens und drückt die gewünschte Taste (z.B. „Lauter“).
  • Speichern: Der Empfänger im Kissen fängt den Code auf. Man drückt dann die entsprechende Taste am Kissen (z.B. das „+“-Symbol), um den Code zu speichern. Fertig.

Das wiederholt man für jede Taste. Simpel, aber es funktioniert.

Stärken und Schwächen im echten Leben

Nachdem ich das Kissen wieder zusammengenäht hatte, habe ich es ein paar Tage getestet. Die Vor- und Nachteile wurden schnell sehr deutlich.

Was dafür spricht:

  • Ordnung ist das halbe Leben: Es reduziert das Fernbedienungs-Chaos auf dem Couchtisch.
  • Der Gag-Faktor: Es ist definitiv ein Gesprächsthema und ein lustiges Geschenk für Technik-Fans.
  • Schwer zu verlieren: Ein ganzes Kissen verlegt man nicht so leicht wie eine kleine Fernbedienung.

Was (ehrlich gesagt) dagegen spricht:

  • Die Hygiene-Katastrophe: Das ist der absolute Knackpunkt. Ein Kissen saugt alles auf: Staub, Hautschuppen, den verschütteten Rotwein vom Filmabend. Da der Bezug fest vernäht ist, kann man es nicht waschen. Oberflächlich abwischen? Ein Tropfen auf den heißen Stein. Aus hygienischer Sicht ein No-Go.
  • Mangelnder Komfort: Man kann die Tasten nicht blind erfühlen und muss immer hinschauen. Außerdem muss man das ganze Kissen umständlich auf den Fernseher ausrichten. Das ist einfach unpraktisch.
  • Zweifelhafte Haltbarkeit: Was passiert, wenn sich ein Kind draufwirft oder man sich nachts drauf wälzt? Die dünne Platine ist dafür nicht gemacht. Ein Bruch ist nur eine Frage der Zeit.
  • Der Batteriewechsel-Albtraum: Um die Batterien zu wechseln, muss man jedes Mal die Naht auftrennen. Ganz ehrlich, wer macht das schon? Das ist wie eine Operation am offenen Kissen, nur um zwei AAA-Batterien zu tauschen. Völlig praxisfremd.

Die Meister-Lösung: So wird ein Schuh draus!

Als Fachmann sehe ich sofort, wie man aus diesem billigen Gadget ein hochwertiges Wohnaccessoire machen könnte. Solche Kissen findet man im Handel meist für 15 bis 30 Euro. Eine professionelle Anfertigung wäre natürlich teurer, da steckt dann aber auch Qualität drin. Rechnet mal mit 80 bis 150 Euro, je nach Stoff und Aufwand – dafür hält es dann aber auch ewig und ist hygienisch.

Eine bessere Konstruktion: Der „Pimp my Billig-Kissen“ Hack

Wer schon so ein Kissen hat, muss nicht verzweifeln. Mit etwas Geschick kann man es retten. Hier ein kleiner Meister-Hack:

  1. Operation am Kissen: Trennt vorsichtig die von Hand genähte Wende-Naht mit einem Nahttrenner auf.
  2. Innereien entnehmen: Holt die Füllwatte und das Elektronik-Modul vorsichtig heraus.
  3. Reißverschluss einnähen: Näht in die offene Seite einen passenden, verdeckten Reißverschluss ein. Anleitungen dazu gibt’s zahlreich online. Das ist der wichtigste Schritt!
  4. Technik polstern: Packt das Elektronik-Modul in eine kleine, separate Stofftasche oder polstert es gut mit etwas Schaumstoff. So fliegt es nicht lose im Kissen umher.
  5. Alles wieder rein: Stopft die Technik-Tasche und die Füllwatte zurück ins Kissen und schließt den Reißverschluss.

Voilà! Jetzt habt ihr einen abnehmbaren, waschbaren Bezug.

Profi-Tipp: Erste Hilfe bei Flecken (wenn man nicht nähen will)

Wenn ihr euch das Auftrennen nicht zutraut, hier ein kleiner Trick zur Fleckenreinigung: Mischt lauwarmes, destilliertes Wasser (vermeidet Kalkränder!) mit einem Tropfen Polstershampoo. Befeuchtet ein sauberes Mikrofasertuch damit, wringt es gut aus und tupft den Fleck vorsichtig ab – nicht reiben! Testet das IMMER zuerst an einer unauffälligen Stelle. Aber Achtung: Das ist nur eine Notlösung!

Für Bastler: Das Kissen 2.0 selbst gebaut

Die Idee, Technik unsichtbar zu integrieren, fasziniert mich. Ein kompletter Eigenbau ist für erfahrene Bastler eine tolle Sache. Aber eine klare Warnung: Wer mit Elektronik und Akkus hantiert, muss wissen, was er tut. Unsachgemäße Handhabung kann zu Kurzschlüssen und Bränden führen! Dies hier ist nur für Fortgeschrittene.

Kleine Einkaufsliste für Bastler:

  • Das Herzstück: Ein programmierbares IR-Modul oder die Platine aus einer alten Universalfernbedienung. Für ein smartes Kissen wäre ein ESP32-Mikrocontroller (ca. 10 € bei Amazon oder Reichelt) ideal, der per WLAN auch Lampen oder Musik steuern kann.
  • Die Tasten: Statt der billigen Folie lötet man robuste Mikrotaster auf eine kleine Platine.
  • Der Stoff: Investiert in einen hochwertigen Möbelstoff! Mikrofaser (Alcantara-Imitat) ist robust und pflegeleicht. Aus Sicherheitsgründen würde ich immer zu einem schwer entflammbaren Stoff raten (achtet auf die Kennzeichnung „B1“). Gute Stoffe findet ihr online oder im Fachhandel.
  • Die Stromversorgung: Statt Batterien wäre ein kleiner LiPo-Akku mit einer Ladeschutzelektronik (BMS!) und einer dezent in die Naht eingenähten USB-C-Ladebuchse die moderne Lösung.

Sicherheit geht vor! Die versteckten Risiken

Bei allem Spaß, nehmt die Sicherheit ernst. Ein Kissen ist kein Vitrinenstück.

  • Brandgefahr: Gering, aber vorhanden. Ein Kurzschluss in Kombination mit brennbarer Füllung kann einen Schwelbrand auslösen. Lasst das Kissen nie unbeaufsichtigt und haltet es von Heizungen fern.
  • Batteriesicherheit: Nutzt nur hochwertige Alkaline-Batterien. Billig-Batterien können auslaufen und die Säure zerstört alles. Niemals alte und neue mischen!
  • Kindersicherheit: Für kleine Kinder ist das Kissen ein Spielzeug. Wenn sie es aufreißen, besteht Verschluckungsgefahr durch Kleinteile und hochgiftige Batterien. Für Haushalte mit Kleinkindern würde ich klar davon abraten.
  • Flüssigkeiten: Ein verschüttetes Glas Wasser ist in der Regel das Todesurteil für die Elektronik.

Fazit: Mein ehrliches Urteil als Meister

Also, das Fernbedienungskissen. Es ist eine amüsante Spielerei, ein originelles Geschenk für Technik-Nerds. Die Idee hat wirklich Charme.

Die Umsetzung bei den günstigen Standardmodellen ist aus meiner Sicht aber mangelhaft. Die fehlende Waschbarkeit ist ein K.o.-Kriterium. Die mangelnde Robustheit und der absurde Batteriewechsel machen es im Alltag einfach unpraktisch. Es ist ein Produkt für den schnellen Wow-Effekt, nicht für eine lange Lebensdauer.

Als Raumausstatter, der für Qualität steht, kann ich es daher nur mit großen Bedenken empfehlen. Wer die Idee liebt, sollte über die „Pimp my Kissen“-Lösung nachdenken oder sich eine hochwertige Variante selbst bauen. Nur so wird aus dem Wegwerf-Gadget ein durchdachtes Wohnaccessoire, an dem man wirklich lange Freude hat.

Und jetzt seid ihr dran: Habt ihr auch so ein witziges, aber unpraktisches Technik-Gadget zu Hause? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt auf eure Geschichten!

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.