Küchen-Upgrade für Schlaue: Fronten tauschen statt alles neu kaufen
Kennt ihr das auch? Die Küche ist eigentlich noch top in Schuss, die Schränke stabil, die Aufteilung passt – aber der Look? Sagen wir mal so, er hat seine besten Tage hinter sich. Oft sind es die Fronten, die als Erstes aufgeben: Kratzer, verblichene Farben oder ein Stil, der einfach nicht mehr ins Heute passt. Viele denken dann sofort: „Okay, eine komplett neue Küche muss her.“ Aber halt, stopp!
Inhaltsverzeichnis
Das ist oft ein richtig teurer Irrtum. Aus langer Erfahrung kann ich euch sagen: Wenn das Fundament stimmt, also die Schrankkorpusse, dann ist der Austausch der Fronten eine der cleversten Investitionen überhaupt. Ihr spart nicht nur einen Haufen Geld (wir reden hier von tausenden Euros), sondern auch unfassbar viel Dreck, Staub und wochenlangen Baustellen-Stress. In diesem Guide zeige ich euch, worauf es wirklich ankommt – ehrlich, direkt und ohne Fachchinesisch. Wir gehen alles durch, vom Check der alten Schränke über die Materialwahl bis zur perfekten Montage. Das ist kein Hexenwerk, versprochen, aber ein bisschen Sorgfalt braucht es schon.

Bevor es losgeht: Hält deine Basis überhaupt? Der gnadenlose Check
Bevor du dich in schönen Farben und Materialien verlierst, müssen wir uns die Substanz deiner Küche ansehen. Denn mal ehrlich: Eine brandneue, schwere Massivholzfront an einen wackeligen Korpus zu hängen, ist wie ein Sportfahrwerk in ein rostiges Auto einzubauen. Macht man einfach nicht. Nimm dir eine Stunde Zeit und eine gute Taschenlampe.
Wackelt da was? Die Stabilitätsprüfung
Mach die Schränke auf und rüttle mal ordentlich an den Seitenwänden. Bewegt sich was? Gibt ein Einlegeboden nach? Ein guter Schrankkorpus ist fest und bewegt sich nicht. Check auch die Rückwände – die sollten fest in ihrer Nut sitzen. Oft sind es nur ein paar lockere Schrauben, die man mal nachziehen muss. Wenn sich aber schon ganze Verbindungen gelöst haben oder das Holz ausbricht, ist das kein gutes Zeichen.
Der schlimmste Feind: Wasserschäden
Der absolute Hotspot für Probleme ist die Gegend um die Spüle und den Geschirrspüler. Leuchte mal mit der Taschenlampe ganz genau in den Spülenschrank. Siehst du aufgequollene Stellen am Boden? Fühl mal mit der Hand drüber. Wenn es sich rau und bröselig anfühlt, hattest du mal Wasser zu Besuch. Eine leicht aufgequollene Stelle ist oft nur ein Schönheitsfehler. Ist der Boden aber richtig weich oder morsch, vergiss die Idee mit den neuen Fronten. Dann muss der ganze Schrank raus.

Kleiner Tipp: Vergiss auch nicht den Schrank direkt neben dem Geschirrspüler. Der heiße Dampf, der beim Öffnen entweicht, ist über die Jahre eine echte Belastungsprobe für das Material.
Alles im Lot? Winkel und Maße
Nimm einen einfachen Schreinerwinkel und prüfe, ob die Ecken deiner Schränke noch rechtwinklig sind. Wenn ein Schrank total verzogen ist, wird es fast unmöglich, eine neue Tür mit sauberen, geraden Fugen einzubauen. Kleinere Abweichungen sind okay, die kann man später ausgleichen, aber bei großen Verformungen wird’s schwierig.
Wenn deine Korpusse diesen Check bestehen: Herzlichen Glückwunsch! Du hast die perfekte Basis für eine krasse Verwandlung.
Material, das was aushält: Was du für dein Geld bekommst
Jetzt kommt der spaßige Teil! Aber aufgepasst, hinter dem Begriff „Küchenfront“ steckt mehr, als man denkt. Die Kombi aus Trägermaterial (das Skelett) und Oberfläche (das Gesicht) entscheidet über Langlebigkeit, Pflegeaufwand und natürlich den Preis.
Die Oberfläche: Look, Haptik und Putz-Faktor
Hier gibt es gewaltige Unterschiede, also lass uns das mal genauer anschauen:

- Lackfronten: Die edelste, aber auch teuerste Variante. Ob matt oder hochglänzend, eine gute Lackfront fühlt sich einfach super an. Sie ist widerstandsfähig, aber bei starken Stößen kann der Lack abplatzen. Preislich liegst du hier schnell bei 150 € bis 250 € pro Quadratmeter. Beim Putzen sind sie relativ pflegeleicht, aber auf Hochglanz sieht man jeden Fingerabdruck.
- Folienfronten: Die absolute Budget-Option und super vielseitig in den Designs. Hier wird eine Kunststofffolie auf eine Trägerplatte (meist MDF) aufgezogen. Der große Vorteil ist der Preis, oft schon für 50 € bis 90 € pro Quadratmeter zu haben. Der Haken? Hitze und Dampf sind der Todfeind der Folie. Besonders neben dem Backofen oder über dem Geschirrspüler kann sie sich nach einigen Jahren lösen. Reparieren kann man das kaum.
- Melaminharz/Schichtstoff (HPL): Das sind die robusten Alleskönner und mein persönlicher Tipp für Familien oder alle, die es unkompliziert mögen. Die Oberfläche ist extrem kratzfest, lichtecht und super einfach zu reinigen – einfach feucht abwischen, fertig. Melamin ist mit 80 € bis 150 € pro Quadratmeter ein super Kompromiss. HPL, der „Panzer“ unter den Oberflächen, ist noch robuster und etwas teurer, aber quasi unzerstörbar.
Ganz ehrlich? Die Kombi aus einer soliden MDF-Trägerplatte und einer guten Melaminharz- oder Lackoberfläche ist für die meisten Leute die beste Wahl für ein langes Küchenleben.

Messen wie ein Profi: Wo Millimeter über Glück oder Unglück entscheiden
Okay, jetzt wird’s ernst. Das ist der Punkt, an dem die meisten Fehler passieren. Es gilt die alte Handwerker-Regel: Dreimal messen, einmal bestellen. Denn bei maßgefertigten Fronten gibt es keine Rückgabe wegen „falsch gemessen“.
Ein häufiger Fehler ist, die Schranköffnung zu messen. Tu das bloß nicht! Du misst immer die alte, vorhandene Front von Kante zu Kante. Millimetergenau.
Hier mein bewährter Workflow, um Chaos zu vermeiden:
- Mach eine simple Skizze deiner Küche. Wirklich nur Kästchen für Schränke und Schubladen.
- Nummeriere jede einzelne Front auf deiner Skizze durch.
- Klebe ein Stück Kreppband auf jede alte Front in deiner Küche und schreib die passende Nummer drauf.
- Messe jetzt jede Front einzeln (Höhe links und rechts, Breite oben und unten) und trag die Maße in deiner Skizze ein. Benutze dafür einen Zollstock oder ein stabiles Maßband, keinen labberigen Streifen.
So kannst du später beim Montieren nichts verwechseln. Genial einfach, oder?

Der Teufel im Detail: Die Scharnier-Bohrungen
Damit du die neuen Türen auch befestigen kannst, brauchst du Bohrungen für die Topfscharniere. Hier musst du drei Dinge wissen:
- Den Durchmesser der Bohrung (fast immer 35 mm in Europa).
- Den Abstand der Bohrung von der Türkante (meist zwischen 3 und 6 mm).
- Den Abstand der Bohrungsmitte von der Ober- und Unterkante der Tür.
Mein Tipp aus der Praxis: Lass die Bohrungen direkt vom Hersteller machen! Das kostet vielleicht 5-10 € extra pro Front, aber sie machen das mit CNC-Maschinen. Diese Präzision erreichst du von Hand nie. Das erspart dir so viel Ärger, Staub und das Risiko, eine teure neue Front zu ruinieren.
Die Montage: Mit Geduld zum perfekten Ergebnis
Die neuen Fronten sind da! Jetzt geht’s ans Eingemachte. Leg dir vorher alles bereit, was du brauchst. Eine kleine Werkzeug-Checkliste:
- Akkuschrauber mit einstellbarem Drehmoment
- Passende Bits (meist Kreuzschlitz PZ2)
- Zollstock und Bleistift
- Wasserwaage
- Kreppband (falls noch nicht erledigt)
- Ein paar Bierdeckel oder dünne Holzkeile als Abstandshalter
Arbeite systematisch, eine Tür nach der anderen. Alte Front abschrauben, die Gelegenheit zum Putzen nutzen, neue Scharniere in die neue Front einsetzen und die Tür einhängen. Sie wird jetzt wahrscheinlich noch schief hängen – das ist völlig normal.

Die hohe Kunst der Justierung
Das perfekte, gleichmäßige Fugenbild ist das Ziel. Jedes moderne Scharnier hat dafür drei kleine Schrauben. Damit kannst du die Tür in der Höhe, in der Tiefe (also wie weit sie vom Korpus absteht) und seitlich (nach links und rechts) verstellen. Nimm dir Zeit, spiel mit den Schrauben, bis die Abstände zwischen den Türen überall gleichmäßig sind (meist 3-4 mm). Benutze die Bierdeckel als Abstandshalter, um ein gleichmäßiges Ergebnis zu erzielen.
Das ist ein Geduldsspiel, aber es lohnt sich. Das ist der Unterschied zwischen „selbst gemacht“ und „sieht aus wie selbst gemacht“.
Achtung: Nicht nur die Fronten! Das Drumherum zählt
Ein riesiger Fehler, den viele machen: Sie bestellen nur die Fronten. Aber was ist mit den Sockelblenden unten, den seitlichen Abschlusswangen und eventuellen Lichtleisten oben? Wenn du die nicht im selben Material mitbestellst, sieht das Gesamtbild am Ende unfertig und zusammengestückelt aus. Also, denk dran, diese Teile direkt mit auf die Bestellliste zu setzen!

Und noch was: die Griffe. Wenn deine neuen Griffe einen anderen Lochabstand haben, musst du neu bohren. Kleiner Profi-Trick: Bohre immer von der Innenseite nach außen und lege von außen ein Stück Restholz fest dagegen. So verhinderst du, dass der Lack auf der schönen neuen Front ausplatzt.
Was kostet der Spaß und woher bekomm ich das Zeug?
Okay, Butter bei die Fische: Was musst du einplanen? Das ist natürlich super individuell, aber hier mal eine Hausnummer:
Stell dir eine typische 90er-Jahre Eiche-Rustikal-Küche vor, deren Korpusse aber noch einwandfrei sind. Eine komplett neue Küche in ähnlicher Qualität würde dich locker 10.000 € bis 15.000 € kosten. Wenn du nur die Fronten in einer soliden Melaminharz-Qualität tauschst und selbst montierst, landest du am Ende vielleicht bei 1.500 € bis 3.000 €. Das ist doch mal eine Ansage, oder?
Und woher bekommt man die Fronten? Es gibt tolle Online-Konfiguratoren, bei denen du Material, Maße und Bohrungen exakt eingeben kannst. Eine andere super Option ist der „Tischler um die Ecke“. Der kommt vielleicht sogar zum Aufmaß vorbei, was dir die Sicherheit gibt, dass alles passt. Einfach mal anfragen!
Wann du lieber den Profi rufen solltest
Sei ehrlich zu dir selbst. Wenn deine Schränke schon beim Check durchgefallen sind, du eine super komplexe Küche mit Speziallösungen hast oder dir das genaue Messen einfach nicht zutraust, dann hol dir Hilfe. Ein guter Monteur tauscht die Fronten einer ganzen Küche an einem Tag. Deine Zeit und deine Nerven sind auch was wert.
Ein solches Projekt ist eine unfassbar befriedigende Sache. Es wertet den wichtigsten Raum im Haus auf und gibt dir das Gefühl, etwas wirklich Tolles geschaffen zu haben. Mit guter Vorbereitung und Sorgfalt schaffst du ein Ergebnis, auf das du jahrelang stolz sein wirst. Viel Spaß dabei!